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rheinische ART 03/2024

ARCHITEKTUR
Kengo Kuma und die Klänge


Der japanische Star-Architekt Kengo Kuma folgt gerne den aus der Natur hergeleiteten Formen und Regeln. Form follows nature!

 

National Stadium Tokyo, Innenbereich in Holzkonstruktion Bildquelle © Kengo Kuma & Associates/ KKAA 2021

 

Der altbekannte Designer-Leitsatz der Produktgestalter, dass die Form der Funktion eines Gegenstandes folgen solle (form follows function), gilt in abgewandelter Variante bereits seit langem auch für jene Entwicklungsprozesse, die sich der Natur als Formgeber bedienen.

     Namentlich auch bei Architekten. Ob Knochen oder hölzernes Strandgut, Wasserwirbel, Vogelnester oder Spinnennetze: ökonomisch, ökologisch und im Einklang mit der Natur bauen und aus ihr Formen ableiten (form follows nature), ist ein seit Jahrzehnten praktiziertes Prinzip. Aber können auch Klanglaute eine Inspirationsquelle für Formen, Techniken und Strukturen sein?

 

National Stadium Tokyo, Eingangsbereich Foto © JAPAN SPORT COUNCIL Bildquelle © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH


Kengo Kuma (*1954) ist einer der bekanntesten Gestalter und Baumeister dieser Richtung. Eine Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle titelt Onomatopeia Architecture und unterstreicht das Ungewöhnliche dieser Entwurfs- und Gestaltungsart. Onomatopoesie. 

     Dies dürfte den meisten nicht gleich etwas sagen. Das Wort steht für „Lautmalerei“ und der renommierte Architekt verwendet sie zur Kategorisierung seiner Projekte und als Gestaltungssprache. Und dies von der frühen Konzeption an, also von der Auswahl der Materialien, bis zur Konstruktion eines Gebäudes.

 

Nakabashi Fußgängerbrücke © Keishin Horikoshi - Kosuke Nakao SS Tokyo. Bildquelle © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

 

Asakusa Tourismus- und Informations-Zentrum Tokyo © Takeshi Yamagishi. Bildquelle © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Architekt Kengo Kuma Bildquelle © Kengo Kuma & Associates/KKAA

 

Dabei lässt er sich weniger von rationalen Entscheidungen leiten als vielmehr von der Substanz des Materials, wie es in Bonn heißt. Ausgehend von der Onomatopoesie, der Erfindung oder Verwendung von Wörtern, die Geräusche enthalten – man denke da an die Comicsprache – die mit dem Benannten assoziiert werden, gibt Kengo Kuma „einer physischen Empfindung eine Form, die seine Idee einer nachhaltigen Architektur zum Ausdruck bringt, in der Materialien wiederverwendet und Menschen und physische Dinge wieder miteinander verbunden werden.“

 

Was dabei herauskommt? Gebäude, die durch oft unerwartete Leichtigkeit oder eine Art von Bewegung bestechen. Vielfach aus Holz, Glas und Metall, nur verhalten mit Beton.

     Lautmalereien in Kengo Kumas Architektur werden in der Ausstellung mit 13 Beispielen aus der Onomatopoesie präsentiert. So etwa unter japanischen Laut-Klängen wie Giza Giza oder Zara Zara.

     Das ist nicht grundsätzlich neu und Kuma ist nicht ein neuer Interpret am Architektenhimmel. Strukturen, Formbildungen und Gestaltungsfindungen, die sich an die Natur anlehnen, aus ihr Inspirationen schöpfen und unter der Devise form follows nature bekannt wurden, finden sich unter anderen bei Baumeistern wie Frei Otto (mehr).

 

Ausstellungsansicht Foto: Simon Vogel, 2024 Bildquelle © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

 

Dennoch gilt der Japaner als ungewöhnlich und ist erstaunlicherweise hierzulande weniger populär als seine Landsleute Tadao Ando oder Shigeru Ban. Letzterer sorgte zum Beispiel mit seinen gläsernen Toiletten in Tokyo für Aufsehen (mehr).
     Kuma überzeugt nicht zuletzt, weil es ihm immer wieder gelingt, die geografische Einzigartigkeit eines Ortes in architektonische Elemente umzusetzen, wie immer wieder betont wird. Ein Beispiel für derartige Baukörper ist das V&A Design-Museum in Dundee/ Schottland.

 

Kunstmuseum Ningbo (China). Das „Hanling Museum of Art“ ruht wie ein schroffer Fels am Ufer des chinesischen Dongqian-Sees. Foto © Kengo Kuma & Associates/KKAA © CCTV Pioneer Media & Entertainment Co., Ltd 2024


Die Bonner Ausstellung zeigt die Vielfältigkeit des japanischen Architekten. Zu dessen aufsehenerregenden Konstruktionen der letzten Jahre gehören das National Stadium in Tokyo (s. Foto oben) anlässlich der Olympiade 2020 wie auch Projekte in China. So greift das in der ostchinesischen Hafenstadt Ningbo 2022 fertiggestellt Kunstmuseum mit Gärten im chinesischen Stil die Formensprache der umliegenden Berge auf. Aber Kuma kann auch „klein“! In Krün nahe Garmisch-Partenkirchen realisierte er im Forst ein Meditation House, ein stilles Refugium für die japanische Therapieform „Waldbaden“.
cpw

 

Die Ausstellung Onomatopeia Architecture kann bis zum 1. September 2024 besucht werden.
Kunst- und Ausstellungshalle
der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Museumsmeile Bonn
Helmut-Kohl-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171–0
Öffnungszeiten
DI + MI 10 – 21 Uhr
DO - SO 10 – 19 Uhr

 

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