rheinische ART
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rheinische ART 09/2015

Archiv 2015

ZWIEGESPÄCH  
Kasimir Malewitsch und Imi Knoebel

 

Es muss nicht immer Venedig und die Biennale sein, um großartige Kunst zu sehen. Auch das Düsseldorfer Ständehaus mit dem K21 liegt am Wasser. Und hier wird nicht nur herausragende Kunst präsentiert, sondern gleich eine kleine Sensation: Kasimir Malewitschs Gemälde Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat.

 

! Mit einer Pressemitteilung vom 10.11.17 teilte die Kunstsammlung NRW mit, dass das Gemälde, dem russischen Avantgardekünstler Malewitsch zugerechnet, nicht echt ist. (mehr)

 

Leider nicht echt:

Kasimir Malewitsch Schwarzes Rechteck und rotes Quadrat, um 1915, Öl auf Leinwand, 82,7 x 58,3 cm (Bild), 101,0 x 77,0 x 6,5 cm (Rahmen), Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Foto: Wilfried Meyer © Kunstsammlung NRW

 

Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen hat das Gemälde zusammen mit 43 Zeichnungen Malewitschs von der Dr.-Harald-Hack-Stiftung erhalten. Es ist die bisher bedeutendste Schenkung in der Geschichte des Hauses.

     Entsprechend gebührend ist der Empfang, den die Kunstsammlung dem Neuzugang mit der Ausstellung „Imi Knoebel – Malewitsch zu Ehren“ bereitet. Im K21 zeigt Imi Knoebel, einer der international bedeutenden abstrakten Gegenwartskünstler, neue Wand- und Raumarbeiten in direkter Nachbarschaft zu seinem großen Vorbild Malewitsch.

 

Die kunsthistorische Geschichte „Alles, was wir geliebt haben, ist verloren gegangen: Wir sind in einer Wüste ... Vor uns steht ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund!“ So seufzten die Kunstkritiker, als Kasimir Malewitsch (1878-1935) sein legendäres Gemälde Schwarzes Quadrat (Moskau, Tretjakow Galerie) zusammen mit anderen gegenstandslosen Werken 1915 zum ersten Mal ausstellte.
     „Das Quadrat erschien Kritik und Gesellschaft unverständlich und gefährlich“, erinnerte sich Malewitsch 1927 (mehr) und setzte hinzu: „Das war ja auch nicht anders zu erwarten.“ Was damals auf Unverständnis und Ablehnung stieß, gilt heute als Inbegriff des Null-Zustands der Malerei, als Nullform der Gegenstandswelt. Malewitsch befreite die Kunst von allen Bezügen zur Gegenständlichkeit und reduzierte sie auf geometrische Grundformen. Mit dieser radikalen Formulierung protestierte er gegen den Akademismus und die naturalistische Malerei seiner Zeit.

 

Marion Ackermann mit einer Zeichnung von Kasimir Malewitsch in der Ausstellung "Imi Knoebel - Malewitsch zu Ehren" Foto: Wilfried Meyer © Kunstsammlung NRW

 

Kunst habe nur sich selbst zum Inhalt, und die ureigenste Idee von Kunst sei die Gegenstandslosigkeit, so hatte es Malewitsch formuliert. Er suchte danach, mit den Möglichkeiten der Bildsprache auch die dritte und sogar die vierte Dimension sichtbar zu machen – indem er Rechtecke und Quadrate schuf, die auf weißem Grund zu schweben scheinen. Den Raum jenseits der Nullform gestaltete er Weiß, und zwar mit den Fingern. Der Suprematismus war geboren. In diesem zeitlichen Umfeld ist auch das Ölbild Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat entstanden, das jetzt in der Kunstsammlung ein neues Zuhause gefunden hat.

 

Die Geschichte des Gemäldes Mehr noch: Es hat sofort einen wichtigen Platz erobert, denn es schließt eine empfindliche Lücke im Bestand von Meisterwerken der Klassischen Moderne, unter denen Malewitsch bislang gefehlt hat. Und anders als vor 100 Jahren wusste man es in Düsseldorf entsprechend zu würdigen. „Mit Malewitsch ist das Glück perfekt“, freute sich Kunstsammlungs-Direktorin Marion Ackermann.
     Im Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum hingegen ist die Enttäuschung groß. Dort hing das Gemälde Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat über Jahrzehnte hinweg als Dauerleihgabe und zierte sogar das Museums-Logo. Über den Hintergrund der Schenkung durch die Dr.-Harald-Hack-Stiftung und ihren Wert schweigt die Kunstsammlung. So viel ist aber doch bekannt: Der Kölner Kunstsammler Wilhelm Hack überschrieb seine bedeutende Kunstsammlung 1971 der Stadt Ludwigshafen, die im Gegenzug das nach dem Sammler benannte Museum baute. Einige der Gemälde verblieben aber im Besitz der Familie und standen dem Museum nur als Dauerleihgabe zur Verfügung. Als sein Vater starb, erbte Harald Hack das Gemälde Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat. Er verfügte schon 1988, dass es nach seinem Tod nicht in Ludwigshafen verbleiben solle. Das wurde aber erst im August 2014 bekannt.

     Unter dem Eindruck der Ausstellung „Der weiße Abgrund Unendlichkeit“ (mehr), die im vergangenen Jahr in der K20 zu sehen war, entschied sich seine Witwe Marlene Hack offensichtlich dazu, der Kunstsammlung das Gemälde und die Zeichnungen zu schenken. Gleichzeitig hat die Hack-Stiftung der NRW-Landesgalerie noch Wassily Kandinskys 1913 entstandenes Gemälde Bild mit weißen Linien als Dauerleihgabe überlassen.

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Installationsansicht im K21 mit Werken von Imi Knoebel und Kasimir Malewitsch, Imi Knoebel © VG Bild-Kunst, Bonn 2015, Foto © Kunstsammlung NRW

 

Das Zwiegespräch Der Null-Zustand der Malerei wurde auch für Imi Knoebel zum Ausgangspunkt für sein Kunstschaffen. Der 1940 in Dessau geborene Künstler studierte zunächst an der Werkkunstschule in Darmstadt, bevor er mit seinem Studienfreund Imi Giese 1964 an die Düsseldorfer Kunstakademie zu Joseph Beuys wechselte. Imi Knoebel, der sich durch die Radikalität von Beuys an Malewitsch erinnert fühlte, setzte sich in analytischen Werkfolgen zunehmend mit dem Zusammenspiel von Farben und Formen auseinander. In der konsequenten Reduzierung auf Farbe und Form und fern jeder Abbildfunktion von Kunst wird der Einfluss Malewitschs auf Imi Knoebels Kunst spürbar.

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Imi Knoebel Una’s Haus, 2014, Acryl, Aluminium, 137,5 x 102, 4,5 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Foto: Foto © Ivo Faber © Kunstsammlung NRW

 

Dabei stehen seine reduzierten wie analytisch angelegten Arbeiten in starkem Gegensatz zu der eher assoziativen Formensprache seines Lehrers Beuys. "Malewitsch zu Ehren" lautet denn auch der Titel seiner Ausstellung in der Bel Etage des K21, in der Imi Knoebel in ein Zwiegespräch mit den Werken des russischen Kunst-Revolutionärs tritt. Das zeigt sich deutlich in seiner Wandarbeit Unas Haus. Nicht nur, dass Malewitschs Tochter Una hieß und auch Knoebels Enkelin den gleichen, seltenen Namen trägt. Sondern er entlehnte auch den kastenartigen Quader und die karge Architektur in Rot und Weiß Malewitschs Motivwelt und verortete sie zwischen Raum und Fläche.
     Eine besondere Variante der stetigen Auseinandersetzung mit Fläche, Linie und Farbigkeit bietet Ort-Mennige von 2012. Der mehr als mannshohe, orangerote Farbwinkel ragt in den Raum hinein und wird von einer Alu-Platte am Boden gespiegelt. Die Bezeichnung "Mennige-Bilder", wovon es eine ganze Serie gibt, leitet sich aus der Verwendung der Rostschutzfarbe Mennige ab. Die Installationen der Serie bestehen aus unterschiedlichen, miteinander verbundenen Rechtecken, die ein raumöffnendes Spannungsfeld erzeugen. Für Imi Knoebel bleibt Ort-Mennige jedoch ein Bild, „da man in das Innere hineingucken kann“, wie er sagt. Somit entzieht er es jeder kunsttheoretischen Kategorisierung.

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Imi Knoebel Ort – Mennige, 2012, Acryl, Aluminium, 191,6 x 270 x 150 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015 Foto © Ivo Faber © Kunstsammlung NRW

 

Die Zeichnungen Höchst spannend, weil teils figurativ und gegenständlich, sind die Zeichnungen Malewitschs, die in einem eigenen Raum und in chronologischer Reihenfolge hängen. Mit einer Zeitspanne von 1911 bis 1930 decken sie nahezu alle wesentlichen Schaffensphasen des russischen Künstlers ab. Malewitsch hat sie nicht als eigenständige Kunstwerke empfunden, sondern als Notationen, in denen er Denkprozesse festhielt.
     In einem suchenden Prozess malte er von innen nach außen, um erst später einen Rahmen um die Binnenzeichnung zu ziehen. Seine frühen Zeichnungen zeigen, wie er die Einflüsse des Futurismus mit denen des analytischen Kubismus kombinierte. Bereits 1914 gelangte er zu einer zunehmend klaren Raumaufteilung und verzichtete auf bildnerische Elemente. Ein Jahr später, als die suprematistische Phase einsetzte, zeichnete er reine geometrische Formen, dann überlagerte er die Elemente, bis er Formen und Linien im dynamischen Suprematismus bündelte. Malewitsch kehrte ab 1930 zum Figurativen zurück.

Marion Lisken-Pruss

 

Die Ausstellung „Imi Knoebel – Malewitsch zu Ehren“ ist bis zum 30. August 2015 zu sehen.
Kunstsammlung NRW
K21 STÄNDEHAUS
Ständehausstraße 1
40217 Düsseldorf
Tel. 0211 / 83 81-204
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA + SO 11 – 18 Uhr

 

 

 

 

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