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rheinische ART 07/2014

Archiv 2014

KARLSJAHR 2014
Macht, Kunst, Schätze

 

Karl der Große ging als einer der größten Herrscher in die Weltgeschichte ein und als erster westeuropäischer Regent, der seit der Antike die Kaiserwürde erlangte. Das war am 25. Dezember des Jahres 800. Seine Bedeutung manifestiert sich noch heute im Aachener Dom (mehr). Aber mit entscheidend für seinen dauerhaften Nachruhm sind auch andere Aspekte, nämlich die wegweisenden Impulse, die der Frankenherrscher Wissenschaft, Kunst und Kultur verliehen hat.

 

Domschatzkammer – Verlorene Schätze
Lotharkreuz © Domkapitel Aachen
Foto: Ann Münchow

 

Krönungssaal – Orte der Macht

Bildnisdenar Karls des Großen (Vorderseite), Münzstätte Aachen?,
geprägt ab 11. September 813?, Staatliche Museen zu Berlin, Münzkabinett, Objektnr. 18202749

 

Karl verstarb am 28. Januar 814, also vor 1200 Jahren. Sein politisches Riesenreich erstreckte sich von der Elbe im Osten bis zu den Pyrenäen im Westen und von der Nordseeküste bis nach Mittelitalien. Karl, von dem es heißt, er sei des Lesens, aber nicht des Schreibens kundig gewesen, hatte sich um das Bildungswesen verdient gemacht. Unter seiner Federführung erlebten Architektur, Dichtung und Literatur eine immense Wertschätzung.
     Die Liste seiner Förderungen ist lang und wirkt für die damalige Zeit ungeheuer modern: Karl der Große gründete Klosterschulen, in denen Mönche sowie auswärtige Schüler unterrichtet wurden; er richtete Hofbibliotheken ein und ließ dort antike Handschriften und Bücher kopieren, woraus schließlich eine vereinfachte einheitliche Schriftart - die karolingische Minuskel – hervorging; Karl erwarb alte Codices und ließ an seinem Hof neue schreiben; er führte ein gemeinsames Zahlungsmittel ein, sorgte für eine einheitliche Liturgie und beharrte auf dem korrekten Gebrauch des Lateinischen. Ein beeindruckender Teil seines Lebenswerks in „dienstlicher“ Hinsicht. Privat stand der Kaiser, der auf 46 Herrscherjahre kam, dem nicht nach: Fünf Frauen, von Himiltrud bis Liutgard, ehelichte er, 18 legitime Nachkommen werden ihm nachgesagt.

 

Krönungssaal – Orte der Macht

Apostelkopf aus dem Triclinium-Mosaik Leos III., Vatikanstadt,
Musei Vaticani / Museo Sacro, © Animabit Multimedia Software GmbH

 

Krönungssaal – Orte der Macht

Kopie des Dagobert-Throns, Bronze mit Vergoldung, 82 x 104 cm, 7.-9. Jh., Paris,
Bibliothèque nationale de France, Inv.-Nr.: 55.651, Cabinet des Médailles

 

Geistige Erneuerung Karl habe sich schon während seiner Kriegszüge um Gelehrte aus fremden Völkern bemüht, sagte Rudolf Schieffer, Historiker und Spezialist für die Karolingerzeit, anlässlich der Eröffnung der Karls-Ausstellungen in der Kaiserstadt. Die Weisen aus der Ferne hätten den König in theologischen Streitfragen beraten, Lehrbücher zu Problemen der Philosophie oder Astronomie sowie Texte für seine Bildungserlasse verfasst, erklärte der Historiker weiter. Nachdem Karl Aachen, das ehemals römische „Aquae Granni“ zum Mittelpunkt seines Lebens und seines europäischen Reiches erkoren hatte, entwickelte sich die Pfalz zu einem einzigartigen geistigen Zentrum.

 

Karlsjahr 2014 In der Aachener Pfalz entstand auch die sogenannte „Hofschule Karls des Großen“, die zum Ausgangspunkt der karolingischen Buchmalerei werden sollte. Einige der wertvollen Handschriften und Elfenbeintafeln, die dort vor rund 1200 Jahren entstanden sind und nur selten verliehen werden, sind jetzt aus den großen Museen Europas für drei Monate nach Aachen zu Karls Todesjahr zurückgekehrt.
     Die Stadt bietet mit der Ausstellungs-Trias „Macht, Kunst, Schätze“ einen ungewöhnlichen Blick auf die Zeit und auf den Bildungsreformer und Frankenkönig. Sie realisiert diese an Orten, die den Themen entsprechen: dem neuen Stadtmuseum Centre Charlemagne, dem Rathaus und der Domschatzkammer.

Kunst Das Centre Charlemagne am Katschhof präsentiert mit „Karls Kunst“ nicht nur 31 erlesene Originale aus karolingischer Zeit, sondern macht die Epoche mit Hilfe von Modellen, 3D-Versionen und interaktiven Elementen auch erlebbar. Den Schwerpunkt der Schau bilden die kostbaren karolingischen Werke, von denen viele aus der Hofschule des Herrschers stammen. Allein die Handschriften sind eine Sensation: Zum Beispiel das Godescalc-Evangelistar, das als älteste erhaltene Handschrift der Hofschule gilt und dem Dedikationsgedicht zufolge 781 begonnen und 783 fertiggestellt wurde und für Karl den Großen und seine Frau Hildegard bestimmt war. Oder der Dagulf-Psalter, der zwischen 783 und 795 in der Hofschule entstanden ist und 161 Blatt umfasst. Wieder vereint sind auch die beiden Elfenbeindeckel des Lorscher Evangeliars, von denen der eine aus dem Londoner Victoria & Albert Museum und der andere aus den vatikanischen Sammlungen entliehen wurde.

 

 

DAS BILD WURDE AUS

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Centre Charlemagne – Karls Kunst

Fibel von Dorestad, Reichenau (?) oder Kanton Wallis, Schweiz (?), um 800, Durchmesser 8,4 cm, Leiden, Rijksmuseum van Oudheden / © Erik de Goederen

 

Centre Charlemagne – Karls Kunst

Symbol des Evangelisten Johannes, 1. Viertel 9. Jh. © London, Victoria and Albert Museum

 

Domschatzkammer – Verlorene Schätze

Die Emailplatte erinnert an die Heiligsprechung Karls des Großen 1165, anlässlich welcher das Armreliquiar entstand und dem Dom von Kaiser Friedrich Barbarossa und seiner Gemahlin gestiftet wurde. Maasländisch, um 1165,
Grubenemail, Kupfer, vergoldet,
H: 5,1 cm; B: 5,1 cm, Inv. Nr.: G691,
Köln, Museum Schnütgen

 

     Eingebettet in die Dauerausstellung zur Aachener Stadtgeschichte werden filigran geschnitzte Elfenbeintafeln und edle Silber- und Goldschmiedearbeiten gezeigt. Darunter der Tassilokelch (mehr), der bedeutendste erhaltene Goldkelch des Mittelalters; sowie ein erlesenes Elfenbeinrelief des Erzengels Michael (um 810), bei dem es sich um die älteste bekannte Version des Themas handelt. Sehenswert ist ferner die Fibel von Dorestad aus dem Rijksmuseum van Oudheden in Leiden, eine in Blattgold gefasste und mit Edelsteinen, Perlen, Glas und Emaille verzierte Mantelschließe. Die Preziose wurde einst vergraben, um sie vor raubenden Wikingern zu verstecken. Sie ruhte die Jahrhunderte in der Erde und gilt als der einzige archäologische Fund aus der elitären Gesellschaft des karolingischen Hoflebens.

 

Macht Die beiden anderen Ausstellungen ergänzen das Bild der karolingischen Zeit: Die Exposition „Orte der Macht“ im Krönungssaal des historischen Rathauses bezieht sich auf das Denken jener Epoche. Der Krönungssaal wurde mit Bedacht gewählt, denn er steht auf den Fundamenten der ehemaligen karolingischen Königshalle. Hier legten über Jahrhunderte die Könige des Heiligen Römischen Reiches mit großem Pomp ihren Eid ab. In der Schau werden die Gepflogenheiten zur Zeit Karls des Großen widergespiegelt und mit 320 Exponaten sein Leben, sein Werk und seine Einflüsse auf das Geistesleben beschrieben.

 

Schätze „Verlorene Schätze“ titelt die Ausstellung in der an sich schon überwältigenden Domschatzkammer. Es handelt ich um Exponate, die früher zum Domschatz gehörten, inzwischen aber in alle Welt verstreut sind; sei es, weil sie veräußert oder geraubt wurden. 61 Zeugnisse erlesener karolingischer Handwerkskunst sind für das Karlsjahr temporär nach Aachen zurückgekehrt.

 

 Aachen präsentiert mit seinen Ausstellungen kulturhistorisch Bedeutendes wie auch erlebbare Geschichte. Derart hochrangig bestückte Ausstellungen zu Karl dem Großen und seiner Epoche wird es voraussichtlich bis zu Karls nächstem „runden Todestag“ nicht mehr geben. Und der wird frühestens in 50 Jahren sein.

Marion Lisken-Pruss

 

Die Ausstellungs-Trias „Macht, Kunst, Schätze“ ist bis zum 21. September zu sehen.
Ausstellungen: im Aachener Rathaus (Markt), Centre Charlemagne (Katschhof) und in der Domschatzkammer (Johannes-Paul-II.-Straße).
Tel. 0241/ 432 4902
Öffnungszeiten
Tägl. 10 – 18
DO – SA bis 21 Uhr

 

 

 

 

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