rheinische ART
Start | | Über uns | Anzeigen | Impressum | Kontakt | Datenschutz

rheinische ART 08/2022

Archiv 2022

FOTOGRAFIE
Eine Stadt im Sucher


Die westbengalische Metropole Kolkata, bis 2001 Kalkutta genannt und mit seinem Umland drittgrößter Ballungsraum Indiens, ist ein kultureller wie ethnischer Schmelztiegel. Ihre Anziehungskraft ist ungebrochen.

 

Raghubir Singh Innenhof eines alten Hauses, Kalkutta,1971-1972 Farbfotografie 40,6 x 59,7 cm © Succession Raghubir Singh Museum Ludwig, Köln Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

 

Der indische Fotograf Raghubir Singh (1942–1999) konnte sich der ungeheuren Wirkung dieser Großstadt und ehemaligen Kapitale Britisch-Indiens nicht entziehen.

 

Raghubir Singh Ein Bräutigam und seine Begleiter aus der Gemeinschaft der Marwari an der Howrah-Bridge, Kalkutta, 1968. Farbfotografie 36 x 24 cm © Succession Raghubir Singh Museum Ludwig, Köln Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

 

Aufgewachsen in Jaipur (Bundesstaat Rajasthan) kehrte Singh immer wieder nach Kolkata zurück und erstellte über die Jahre ein komplexes und vielschichtiges Fotoporträt der Millionenstadt.

     Im Fotoraum des Kölner Museum Ludwig werden aktuell Fotografien aus der „Kalkutta“-Serie von Singh gezeigt, die sich seit 2017 in der hauseigenen Sammlung befinden.


Im Alter von 33 Jahren kam Singh 1975 das erste Mal nach Kolkata, bevor er seinen Arbeitsbereich nach Hongkong und Paris verlegte; später wohnte er in London und New York.

     Vor allem in seinen Straßenansichten verdichtet er die Eindrücke der quirligen Stadt in farblich und kompositorisch beeindruckenden Fotografien. Die Farbigkeit ist für Singh kennzeichnend für Geografie und Kultur Indiens.

     In vielen Fotografien bringt der Inder Alt und Neu, Geschichte und Jetztzeit in ein spannungsvolles Verhältnis, so zum Beispiel in der Aufnahme des Innenhofs eines ehemaligen Herrschaftshauses, in der die alte koloniale Welt korinthischer Säulen und einer neoklassizistischen Venusdarstellung mit Rindern, Hühnern und Katze belebt ist (siehe Foto oben).

 

Raghubir Singh Shitala (indische Pockengöttin) und Lingams aus Stein, zu Zwecken der Andacht, Kalkutta, 1988 Farbfotografie 24,5 x 36,6 cm © Succession Raghubir Singh Museum Ludwig, Köln Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln


In seinen Fotografien verteile er mit Hilfe der Farbigkeit die Aufmerksamkeit über das ganze Foto, sodass Vorder- und Hintergrund häufig wie auf einer Ebene erscheinen, betont das Museum Die historischen Zeitschichten seien auf diese Weise in der Fotografie gleichermaßen gegenwärtig. Treffend ist die Aussage: Singhs Fotografien sind die Hommage eines Kosmopoliten an eine kosmopolitische Stadt. 

 

Raghubir Singh Marwaris (Mitglieder der hinduistischen Kaste der Maheshvari) bei einer Auktion vor der Börse, Kalkutta, 1988 Farbfotografie 24,6 x 36,7 cm © Succession Raghubir Singh Museum Ludwig, Köln Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

 

Singhs Bestreben war es, die Fotografie aus indischer Perspektive zu prägen. Der Fotograf stellte fest: „Die westliche Moderne in der Fotografie wird mit der Zeit von nicht-westlichen Künstlern durch eine feine Missachtung der philosophischen Haltung des Westens und der damit verbundenen Spielregeln erweitert.“

     In diesem Sinne entwickelte er ab 1980 einen Fotostil, der die Merkmale der Street photography, wie Schnappschussästhetik und ungewöhnliche Bildausschnitte, aufwies, ohne sich jedoch von den gewählten Sujets etwa als „entfremdet“ zu distanzieren. Die Intensität seiner Farbfotografien beruht vor allem auf seiner Fähigkeit, der modernistischen Fotografie in diesem Sinne eine neue Wendung zu geben.
     Die „Kalkutta“- Fotoserie vermittelt Singhs genaue Kenntnis der Metropole und ihrer langen Historie, die von der sogenannten bengalischen Renaissance geprägt war – einer Reformbewegung Intellektueller Anfang des 19. Jahrhunderts, die kulturellen, sozialen und politischen Wandel initiierten. Zu ihnen gehörte der Dichter, Musiker und Philosoph Rabindranath Tagore, dem Singh in seinen Fotografien Tribut zollt.
rART/cpw


Mehr zur aktuellen kulturellen Situation in Kolkata in „City of Joy“ hier


► Die Schau ist um Fotos von Henri Cartier-Bresson (mehr) ergänzt worden, die der Franzose bei einer Indien-Reise 1947 aufnahm. Zitate aus Singhs Schriften kommentieren seine sowie Cartier-Bressons Arbeiten und verdeutlichen die fotografische Haltung des Inders.

 

► Original Zitat Singh: „Western modernism in photography will in time be broadened, by non-Western artists through a fine disregard of the philosophical stance of the West and of the related rules of the game”

 

Die Ausstellung "Raghubir Singh. Kolkata" ist bis zum 6. November 2022 zu sehen.

Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 26165
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
Jeden ersten Donnerstag im Monat 10 – 22 Uhr

 
Das könnte Sie auch interessieren:
► Kunst im kolonialen Indien: Die vergessenen Meister  hier
 
 

 

Die 
rheinische ART.
empfiehlt:

Mit GOOGLE ins Museum.


Das Google Arts & Culture Projekt zeigt Meisterwerke aus den Museen und Sammlungen dieser Welt.

► 
mehr

Und geht der Frage nach: Was ist Contemporary Art?

mehr