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rheinische ART 07/2022

Archiv 2022

BAHNHOF ROLANDSECK
Tausche Monet gegen

Modersohn-Becker

 

Es ist eine Begegnung auf hohem Niveau: Gemälde, Grafiken und Skulpturen der Sammlung Roselius aus den Museen Böttcherstrasse in Bremen und Werke der Paula-Modersohn-Becker-Stiftung treffen auf Glanzlichter der Sammlung Rau für UNICEF.

 

Frauenporträts von Renoir, Cranach und Modersohn-Becker in der Ausstellung „Das sind meine modernen Frauen“ © Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Foto: Thomas Köster

 

Ort dieses außergewöhnlichen Treffens ist das Arp-Museum Bahnhof Rolandseck. Im Mittelpunkt der Schau steht ohne Frage die Malerin Paula Modersohn-Becker (1876-1907). Von ihren Werken aus wird ein ganz besonderes Beziehungsgeflecht zu den anderen Meisterwerken der Schau - mal direkt, mal subtil - gesponnen. 

 

Paula Modersohn-Becker Bildnis Lee Hoetger vor Blumengrund, 1906, © Museen Böttcherstraße, Bremen

 

Paula Modersohn-Becker Stehender männlicher Akt nach links, 1899, © Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen

 

Die hohe Zahl ihrer Arbeiten in dieser Präsentation ist wenig verwunderlich, denn der Sammler Ludwig Roselius (1874-1943), der sich wie Gustav Rau (1922-2002) neben den Alten Meistern auch für die moderne Kunst Anfang des 20. Jahrhunderts begeisterte, widmete der jung verstorbenen Malerin Modersohn-Becker bereits 1927 ein eigenes Haus in Bremen.

 

Auch aufgrund ihrer steigenden Bedeutung ist die Schau mit der Malerin Paula Modersohn-Becker eine Klasse für sich. Heute wird sie als eine „starke“ Frau begriffen, die mit Blick auf die gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche ihrer Zeit es verstanden hat, ihre Sehnsüchte und Wissensbegier mit Tatkraft zu erfüllen.

     Ihr Œuvre und ihr privates Leben sind kaum voneinander zu trennen, was ihre zahlreichen Selbstportraits auch gar nicht verbergen wollen. Verheiratet mit dem Maler Otto Modersohn lebte sie im Künstlerdorf Worpswede und studierte Kunst und Malerei während diverser Aufenthalte in Paris.


Als eine der wichtigsten Malerinnen der klassischen Moderne kennt man die Künstlerin heute. Diesen Stellenwert hatte sie bei Lebzeiten nicht. Inspiriert wurde sie von anderen Künstlern ihrer Zeit, wie Maurice Denis und Paul Cézanne, aber auch, so zeigt es die Forschung auf, von den Alten Meistern wie Lucas Cranach. In Paris, so heißt es, war sie eine begeisterte Besucherin von Galerien und Museen. Ihre Triebfeder war ihre Überzeugung, dass der Impressionismus überwunden werden müsse. Tatsächlich war sie nichts weniger als auf der Suche nach einem neuen Stil – und fand dabei ihren eigenen. Es war die Einfachheit hinter den Dingen, die sie faszinierte.

 

Paula Modersohn-Becker Stillleben mit Milchsatte, 1905, © Museen Böttcherstraße, Bremen


»Modersohn-Becker strebte nach der großen Einfachheit der Form. Kritik und Unverständnis an ihrem Werk hinderten sie nicht, ihren eingeschlagenen Weg unbeirrt weiterzuverfolgen.«, stellt die Kuratorin Susanne Blöcker fest. »Sie nahm sich die Natur als Vorbild und erkundete in ihrer Malerei lebenslang die natürlichen Landschaften des Körpers. Sie waren für sie Teil der Natur wie die Birken von Worpswede, mit denen sie sie verglich, mal kraftvoll zeichnerisch, mal in satten Farben festgehalten.«

 

Paula Modersohn-Becker Graue Landschaft mit Moorkanal, 1899, © Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen

 

Petra Spielmann vom ausstellenden Haus bemerkt: „Am Wendepunkt zur Moderne schulte Modersohn-Becker ihr Auge an den Altmeistern von Gotik bis Barock, besonders aber durch das Aktstudium…“

 

Frédéric Bazille Fischer mit Netz, 1868, © Arp Museum Bahnhof Rolandseck / Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Mick Vinzenz

 

Lucas Cranach d. Ä. Bildnis der Katharina von Bora, 1529, © Museen Böttcherstraße, Bremen


In der Ausstellung stehen sie sich nicht nur gegenüber, die Meisterwerke der anderen präsentierten Künstler und die Gemälde und Zeichnungen von Paula Modersohn-Becker. Sie allein als Begleitung für die Malerin abzutun, wäre angesichts ihrer klangvollen Namen völlig unangebracht.

     Die Begegnung auf Augenhöhe darf eher als Kompliment für die Künstlerin der Moderne gewertet werden, denn Namen wie Joos van Cleve, Gustave Courbet, Lucas Cranach d.Ä., Edgar Degas, Maurice Denis, Andre Derain, Auguste Renoir, Alfred Sisley, Berthe Morisot, Bernhard Hoetger oder Tilman Riemenschneider sprechen für sich.

     Vielmehr sind sie ein ausgesucht kluger Spiegel von Kunst ihrer Zeit, vom Mittelalter bis Ende des 19. Jahrhunderts und beginnendem 20. Jahrhundert.

 

In diesem Kontext bemerkt das Haus: „Wie unter einem Brennglas lassen sich am Beispiel Paula Modersohn-Beckers bahnbrechende Veränderungen in der Gesellschaft und Kunst um 1900 beobachten. Entschlossen »geradeaus malend« verfolgte sie ihre künstlerische und menschliche Entwicklung.“

 

 

Maurice Denis Juli, 1892, © Arp Museum Bahnhof Rolandseck / Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Peter Schälchli, Zürich

 

Zurück noch einmal zu den Birken von Worpswede. Auch ihnen kommt eine besondere Bedeutung zu. In der Künstlerkolonie war das Leben mit der Natur gesetzt. So verfasste die Malerin über die Birken in der Landschaft, die immer wieder von ihr gemalt wurden und ein unendliches Sujet in ihrem Œuvre darstellen, einige poetische Zeilen. Niedergeschrieben sind sie in ihrem Tagebuch von 1897, in denen sie die Birken mit Jungfrauen vergleicht und ihre träumerische Metapher mit dem Bekenntnis abschließt: „Das sind meine modernen Frauen.“
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

 Die Schau ist der zweite Teil einer Ausstellungskooperation des Arp Museum Bahnhof Rolandseck mit den Museen Böttcherstraße, Bremen. Dort fand zuvor die Ausstellung „Tausche Cranach gegen Monet“ statt.

 

Die Ausstellung „Das sind meine modernen Frauen. Tausche Monet gegen Modersohn-Becker“ ist bis zum 4. September 2022 zu sehen.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
53424 Remagen
Tel. 02228 / 9425-0
Öffnungszeiten:
DI – SO 11 – 18 Uhr


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