rheinische ART
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rheinische ART 08/2017

Archiv 2017

SWINGING SIXTIES
Blumenkinder

Es waren wilde Zeiten. Vor 50 Jahren erreichte die Hippie-Bewegung mit dem Summer of Love in San Francisco ihren Höhepunkt. Die Jugendbewegung verstand sich als Gegenkultur, die nach neuen Wegen für die Gesellschaft und im Zusammenleben der Menschen suchte.

 

Gene Anthony Trips Festival, Crowd, 1966 Fotografie, 40,5 x 50,5 cm Sammlungen Lutz Hieber und Gisela Theising © Wolfgang’s Vault 2017

 

Wer damals dazugehörte, war im Jargon der seinerzeitigen Jugendsprache, „hip“, heute würde man wohl eher „trendy“, "cool" oder vornehmer „zeitgemäß“ sagen.

 

Victor Moscoso The Chamber Brothers “Glasses” San Francisco, 1967 51 x 36 cm Sammlungen Lutz Hieber

 

Bob Schnepf Velvet Underground  San Francisco, 1967, 43 x 33 cm, Sammlungen Lutz Hieber und Gisela Theising © Bob Schnepf 2017

 

Und zeitgemäß war ein neuer, eigener Lebensstil, der sich etwa in dem Slogan „Make love not war“ manifestierte und bei dem der zivile Ungehorsam Programm war. Rebelliert wurde in jugendlichen Kreisen gegen bürgerliche Zwänge und althergebrachte Tabus. Es galt, auszubrechen aus einer von Leistungsdruck, Stress und Konsum geprägten Gesellschaft.

     Flower Power war eines der Zauberworte. Angesagt waren bei den „Blumenkindern“ freie Liebe (mehr) und einfaches Leben in und mit der Natur, Magic-Mushrooms, LSD und andere halluzinogene Dinge und Drogen für die Erleuchtung und vor allem: es sollte Frieden herrschen. Hippie sein hieß sorglos sein. Das gab´s natürlich nicht nur im „Paradies Kalifornien“, manche trieb es ostwärts auf den Hippie-Trail von Athen nach Sehnsuchtzielen wie Kathmandu oder Kabul, Hauptsache keine bürgerliche Existenz, und wenn auch nur für vier Hippie-Wochen.


Ahne Thoreau Was sich so vermeintlich neu und radikal an der US-Westküste in den Sechzigerjahren Bahn brach und als Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg und andere Grausamkeiten stemmte, hatte genau betrachtet weit zurückreichende Wurzeln.

     Denn Naturverbundenheit und Konsumkritik praktizierte bereits mehr als hundert Jahre zuvor unter anderen der US-Schriftsteller, Philosoph, Eigenbrötler und Lehrer Henry David Thoreau (1817-1862), an dessen 200. Geburtstag derzeit gerne erinnert wird. Zurückgezogen in seiner Einöd-Blockhütte am Walden-See in den Wäldern von Massachusetts lebte der Lebensreformer, von nicht wenigen als schräger Vogel charakterisiert, seine Ideen vor und aus. Und zwar, nebenbei bemerkt, durchaus wirkungsvoll.

     Besonders angetan war offenbar der Berliner Kunsthändler und Avantgarde-Förderer Georg Lewin (1878-1941), besser bekannt unter dem Namen Herwarth Walden, der zeitweise mit der Wuppertaler Dichterin Else Lasker-Schüler verheiratet war. Er ließ sich - fasziniert von Thoreaus Gedankenwelt - gleich seinen Nachnamen umschreiben (mehr).


Zum 50. Jubiläum der Hippie-Kultur und der "Swinging Sixties" widmet ihr das Museum Folkwang eine umfangreiche Plakat-Ausstellung. Sie ermöglicht einen breiten Einblick in diese wichtige kulturelle Umbruchphase. Die Schau San Francisco 1967 ist, nach Angaben der Kuratoren, die bisher größte Plakatausstellung zum „Summer of Love“ in Europa.

     Vor dem Hintergrund schwerer Rassenunruhen, der Vietnam-Bombardierung und einer konsumorientierten Gesellschaft, konnte sich diese Gegenkultur rasant entwickeln. Ausdruck verlieh ihr neben dem Dresscode vor allem die Musik, die mit Namen wie Jefferson Airplaine, The Grateful Dead, The Doors oder Jimi Hendrix und Janis Joplin verbunden ist.

 

Gary Grimshaw Jimi Hendrix Experience, Soft Machine, The Paupers Toronto, 1968, 56 x 33 cm Sammlungen Lutz Hieber und Gisela Theising © Gary Grimshaw 2017

 

Geworben wurde vorrangig mit Plakaten, denen nunmehr die Essener Ausstellung gewidmet ist. 246 derartige richtungsweisende, visuelle Hinterlassenschaften aus der Zeit um 1967 präsentiert das Museum Folkwang. Ergänzend werden Theaterzettel, Konzerttickets, Schallplattencover, Soundeffekte und die Installation einer originalen Joshua Light Show von 1967 geboten.

     Die Themenfelder der Ausstellung rücken den Ost-West-Gegensatz, Musikkultur, afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, sexuelle Befreiung und Alltagskultur in den Fokus. Der interessante Rückblick macht deutlich, dass es den damaligen Künstlern in kürzester Zeit gelang, einen völlig neuen Stil zu kreieren: Europa diente unter anderem mit Elementen des Jugendstils und der Wiener Sezession (mehr) als Inspirationsquelle.

     Auch die zeitgenössische amerikanische Kunst und neue Strömungen wie etwa die Pop Art (mehr) griffen namhafte Plakatkünstler und Designer wie Victor Moscoso, Bonnie MacLean, Gary Grimshaw, Lee Conclin, Bob Schnepf und andere auf. Die Plakate belegen ferner, dass sich die Hippie-Kultur – jenseits aller verkürzenden Klischees – in vielen unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen engagierte. Sie dokumentieren in ihren Formen, Farben und Themen eine ungewöhnliche Zeit voller Ideale. Die Designs dieser psychedelischen Bildwerke gehören zu den kreativen Höhepunkten in der Plakatgeschichte.

cpw


Ermöglicht wurde die Ausstellung durch Leihgaben des Hannoveraner Sammlerpaares Lutz Hieber und Gisela Theising.


Die Ausstellung San Francisco 1967 – Plakate im Summer of Love ist bis zum 3. September 2017 zu sehen.
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
Tel. 0201 / 8845 444
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
DO, FR 10 – 20 Uhr

 

 

 

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