rheinische ART
Start | | Über uns | Anzeigen | Impressum | Kontakt | Datenschutz

rheinische ART 01/2011

 

Archiv 2011: aus "Gelesen"

Schule und Bildung in der rheinischen Geschichte

 

Vom Streben des Rheinländers nach Wissen und Bildung

 

Von Simon Hopf

 

Ausschnitt Titel Foto Verlag Böhlau Köln

Das Bild ist sattsam bekannt: Ein überforderter Schulmeister, die Rute schwingend, in einem überfüllten Klassenraum stehend, in dessen einer Ecke ein Schüler mit Eselsmaske seine Strafe absitzen muss. So oder so ähnlich stellt man sich gemeinhin den Alltag in einer Schule vergangener Jahrhunderte vor. Was auch immer dort „gelehrt“ beziehungsweise „gelernt“ wurde: Es wird wohl nicht viel gewesen sein …

 

KLISCHEES bestimmen allzu häufig unseren Blick zurück, wenn es bei dieser Retrospektive um die pädagogischen Möglichkeiten und Methoden geht, mit denen unsere Vorfahren den Begriff „Schule“ ausfüllten. Allzu schnell begibt man sich dabei auf das glatte Eis der Unwissenheit und lässt sich von Vorstellungen leiten, dass es vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht einfach drunter und drüber, jedenfalls nicht wirklich geordnet zugegangen sein muss.
    Wer sich der Thematik etwas differenzierter nähern möchte, dem sei die Neuerscheinung „Das Rheinland als Schul- und Bildungslandschaft (1250-1750)“ ans Herz gelegt. Schon der Klappentext deutet vielsagend an, wie sich im Rheinland schon in vormoderner Zeit ein vielfältiges Schul- und Bildungswesen herausbildete, dessen analytischer Betrachtung sich der von Andreas Rutz, Universität Bonn, herausgegebene Band verschrieben hat.

 

Es gab schon früh ein Bildungswesen

 

Zwar war Köln mit seiner 1388 gegründeten Universität über einen längeren Zeitraum hinweg das Zentrum dieser Bildungslandschaft, aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass spätestens mit dem Aufkommen reformatorischer Bestrebungen das Bildungswesen hier wie dort neue und kräftige Impulse erhielt. Schulisches Leben lässt sich beispielsweise für die Kölner Erzdiözese insgesamt schon um 1500 in fast jeder Stadt nachweisen. Dabei gingen die von der Bevölkerung gestellten Ansprüche deutlich über das Angebot der städtischen „Lateinschulen“ hinaus.
    Kurt Wesoly betont in seinem Aufsatz „Elementare Schulbildung im Rheinland“, er sei davon überzeugt, „dass die Rheinländer in alter Zeit nicht dümmer (…) waren“, als die Menschen in anderen Regionen stromaufwärts. Wesoly nennt den Mittelrhein als Referenzbeispiel (auch wenn er es letztlich nicht pauschal für übertragbar auf das Rheinland hält), da in den dortigen Archiven so viel Schriftgut „einfacher“ Handwerker, Lehrlinge und Gesellen überliefert sei, dass dies Fragen aufwerfe. Die immer wieder gehörte These, dass im 16. Jahrhundert deutschlandweit nur rund fünf Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben konnten, mag diesen neueren Erkenntnissen jedenfalls nicht standhalten.

 

Auch damals zählte er schon: Der Elternwille

 

Im Jülicher Land, einem der großen Territorien auf rheinischem Boden, waren um 1559/60 schon 65 Orte, davon 51 Dörfer, mit Schulen ausgestattet, wie aus Visitationsprotokollen hervorgeht. Auch darüber hinaus mag es Unterricht auch dort gegeben haben, wo keine Schule als solche vorhanden war. Bezeichnungen wie Winkel-, Neben- und Honnschaftsschule deuten an, wie vielgestaltig das Schulnetz gewesen sein muss.

   Was auch damals schon zählte war – der Elternwille. Im Bergischen bestimmten so die Schulinteressierten über die Einsetzung eines Lehrers. Apropos Berg: Die stark protestantisch geprägte Region bietet auch ein Beispiel für die unterschiedliche Gewichtung, die die einzelnen Konfessionen der Bildung beimaßen. Eine Erhebung zu Beginn der Franzosenzeit (1790er Jahre) ergab für das Großherzogtum Berg, dass nur 53,5 Prozent der katholischen Kinder regelmäßigen Schulunterricht genossen, wohingegen dies bei 84,6 Prozent der protestantischen Kinder der Fall war.
    Weitere Aufsätze des rund 380 Seiten umfassenden Bandes widmen sich unter anderem der Einflussnahme geistlicher Orden auf die Schulbildung, der Ausgestaltung von Lehren und Lernen innerhalb der jüdischen Gemeinschaften am Rhein sowie der Entwicklung von Schriftlichkeit und Publizistik (Kölner Verlagswesen). Unterm Strich bietet sich dem interessierten Leser mit Hilfe des Buches erstmals die Gelegenheit, in komprimierter Form Informationen zu Schule und Bildung als wichtige Aspekte rheinischer Geschichte und Kultur zu bekommen.

 

Andreas Rutz (Hg.): Das Rheinland als Schul- und Bildungslandschaft (1250-1750), erschienen im Böhlau Verlag Köln. Erhältlich ist das Buch zum Preis von 47,90 Euro. (Beträge zur Historischen Bildungsforschung, Band 39)

 

 

Die 
rheinische ART.
empfiehlt:

Mit GOOGLE ins Museum.


Das Google Arts & Culture Projekt zeigt Meisterwerke aus den Museen und Sammlungen dieser Welt.

► 
mehr

Und geht der Frage nach: Was ist Contemporary Art?

mehr