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rheinische ART 12/2024

GESCHICHTE
Fluxus - eine Provokation

 

Eine der emotionalsten, spektakulärsten (Mitmach)-Kunstbewegungen der 1960er Jahre war sicherlich der Fluxus. Doch was ist von dieser - dem Happening verwandten und dem Dadaismus nahestehenden – Richtung geblieben?

 

Installationsansicht Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson, Museum Ludwig, Köln 2024, Foto: Rheinisches Bildarchiv/Marc Weber © The Estate of Benjamin Patterson

 

Das Potential von Kunst zur politischen und gesellschaftlichen Veränderung ist groß, keine Frage. Doch das Erreichte ist schwer messbar. Mit der Ausstellung Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson möchte das Museum Ludwig die Kunstbewegung der 1960er Jahre nach eigenen Angaben neu betrachten.
     Nicht Joseph Beuys (mehr), nicht Nam June Paik, die im Rheinland fast synonymhaft für den Fluxus stehen, sind der Mittelpunkt, sondern es sind die Arbeiten von Ursula Burghardt (1928–2008) und Benjamin Patterson (1934–2016), die vorgestellt werden.


Beide Künstler waren mit der revolutionären Fluxus-Bewegung, die heute als Avantgarde-Bewegung verstanden wird, weniger – wie Burghardt - oder eng – wie Patterson - verbunden. Doch Fluxus ist schwer einzugrenzen.
     Die allwissende KI ChatGPT informiert hierzu: „Fluxus ist eine faszinierende Kunstbewegung, die in den 1960er Jahren entstand und sich durch eine interdisziplinäre Herangehensweise an Kunst auszeichnete. Sie vereinte verschiedene Kunstformen wie Musik, Theater, bildende Kunst und Performance … Fluxus kann durchaus als ein Angriff auf den bestehenden Kunstbegriff verstanden werden. Die Bewegung stellte die traditionellen Vorstellungen von Kunst in Frage, indem sie die Grenzen zwischen Kunst und Alltag verwischte. Fluxus-Künstler forderten die konventionellen Definitionen von Kunst heraus, die oft mit dem Status von Kunstwerken, dem Kunstmarkt und der Rolle des Künstlers verbunden waren.

 

Installationsansicht Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson, Museum Ludwig, Köln 2024, Foto: Rheinisches Bildarchiv/Marc Weber © Nachlass Ursula Burghardt

 

Durch die Betonung von Interaktivität, Partizipation und dem ‚Do-it-yourself‘-Ansatz wollte Fluxus die Idee vermitteln, dass Kunst nicht nur in Museen oder Galerien existiert, sondern überall im Leben zu finden ist. Die Bewegung propagierte die Idee, dass jeder Mensch kreativ sein kann und dass Kunst nicht immer ernst oder elitär sein muss. In diesem Sinne war Fluxus eine radikale Neuinterpretation dessen, was Kunst sein kann und sollte. Fluxus-Künstler strebten danach, die Grenzen zwischen Kunst und Alltag aufzulösen und die Kunst für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen...“

 

Ursula Burghardt Kleid, 1968, Aluminiumblech, Kleiderbügel, 90 x 40 cm, Museum Ludwig, Köln, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln/Sabrina Walz © Nachlass Ursula Burghardt

 

In den 1960er Jahren ging in Köln eine große Anziehungskraft vom Studio für Elektronische Musik des WDR (mehr) aus. Der Name Karlheinz Stockhausen hat heute noch eine elektrisierende Wirkung. Das ausstellende Haus vermeldet dazu: „Die Fluxus-Bewegung knüpfte an die Neue Musik an. Ausgehend von musikalischen Konzepten, die besonders von John Cage beeinflusst waren, entfaltete sich Fluxus in Aktionen und Aufführungen, die Kunst und Leben sowie unterschiedlichste Medien miteinander verschmolzen. Im Atelier der Künstlerin Mary Bauermeister (mehr) in Köln fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, bei denen Musik, Literatur, Kunst und Architektur zusammengebracht wurden. 1960 kam es hier zur persönlichen Begegnung von Burghardt und Patterson.“

 

Installationsansicht Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson, Museum Ludwig, Köln 2024, Foto: Rheinisches Bildarchiv/Marc Weber © The Estate of Benjamin Patterson


Der Amerikaner Benjamin Patterson, Mitbegründer und feste Größe der Fluxus-Bewegung, wurde in Pittsburgh geboren und war studierter Musiker. Er hatte um 1960 ein umfangreiches Konvolut von Partituren geschaffen und organisierte zusammen mit George Maciunas 1962 in Wiesbaden den Fluxus. Der Wiesbadener Kunstverein war es auch, der 2012 eine Retrospektive von Patterson vorstellte (mehr).

 

Ursula Burghardt Matratzenbild, 1969, Goldener Kunststoffrahmen, Matratzendrell, Füllmaterial, 42 x 36,5 x 6 cm © Künstler:innenarchiv der Stiftung Kunstfonds, Nachlass Ursula Burghardt
 

Weniger bekannt ist Ursula Burghardt. Die Künstlerin, in Halle an der Saale geboren, floh 1936 mit ihren Eltern vor der Verfolgung jüdischer Menschen durch die Nationalsozialisten nach Buenos Aires. Dort studierte sie später Malerei und Grafik sowie Anfang der 1950er Jahre Bildhauerei in Paris. Burghardt hatte bereits an vielen Ausstellungen in Südamerika teilgenommen, als sie 1957 mit ihrem Mann, dem Komponisten Mauricio Kagel, nach Köln übersiedelte.

 

An die Fluxus-Bewegung zu erinnern, ist eine attraktive Idee. Fluxus ist nicht zeitlos, er ist vergangen. Burghardt war Jüdin, Patterson farbig. Beide hatten also einen persönlichen Grund, mit der Schöpfungskraft ihres künstlerischen Wesens gesellschaftliche Vorurteile und Klischees „aufzubrechen“. Ob das Museum mit der Schau eine Neubewertung erreicht, möge der Besucher für sich selbst entscheiden.
ruwoi

 

Die Ausstellung „Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson“ ist bis zum 09.02.2025 zu sehen.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel.: 0221 221 26165
Öffnungszeiten:
DI – SO 10 – 18 Uhr