KONZEPTKUNST
Ruthenbeck und die Stille
Reiner Ruthenbeck zählt zu den Künstlern der Generation, die in den 1960er Jahren die traditionellen Formen der Skulptur hinterfragten und nach neuen Ansätzen in der Kunst suchten. Die Skulpturenhalle der Thomas Schütte-Stiftung in Neuss stellt diesen rheinischen Künstler wieder vor, wobei der Name Reiner Ruthenbeck titelgebend ist.
Reiner Ruthenbeck in der Skulpturenhalle der Thomas Schütte Stiftung in Neuss. Ausstellungsansicht. Foto © rheinische ART 2025 |
Während in Italien die Arte Povera aufkam und in den USA der Postminimalismus entstand, prägten in Deutschland neben der Pop-Art, Op-Art und Fluxus auch der Minimalismus sowie die Konzeptkunst die künstlerische Szene. Zu den prominenten Persönlichkeiten dieser Zeit zählen Künstler wie Gerhard Richter, Blinky Palermo, Ulrich Rückriem, Günther Uecker oder Joseph Beuys. Ruthenbeck (geboren 1937 in Velbert, gestorben 2016 in Ratingen) etablierte sich als eine wegweisende Figur in den beiden letztgenannten Bewegungen, dem Minimalismus und der Konzeptkunst, und trug bedeutend zur Entwicklung dieser Strömungen bei.
Reiner Ruthenbeck in der Skulpturenhalle der Thomas Schütte Stiftung in Neuss. Ausstellungsansicht. Foto © rheinische ART 2025 |
Ruthenbecks Wirken war kein lautes. Er war ausgebildeter Fotograf und reiste in den 1950er Jahren oft nach Paris, wo er mit dem Surrealismus in Berührung kam, der ihn tief berührte. Doch sein Blick durch das Objektiv der Kamera fokussierte sich auf die gewöhnlichen Dinge des Alltags, die in der Stille ihr eigenes Leben entfalten.
Stille – dieser Zustand spielt im Œuvre Ruthenbecks eine ganz besondere Rolle. Im Begleitbuch zur Ausstellung zitiert der Kurator Dieter Schwarz den Künstler: „Während meiner bildhauerischen Arbeit wurde es mir allmählich bewusst, daß mich die Stille, die manche Dinge umgibt, besonders interessiert. Diese Stille kann von unterschiedlichem Charakter sein: dunkel, schwer, lastend – hell, schwebend – spannungsgeladen oder entspannt, manchmal voll geheimer Bedeutung, magisch, suggestiv und auch leer, tot: Totenstille.“
Reiner Ruthenbeck in der Skulpturenhalle der Thomas Schütte Stiftung in Neuss. Ausstellungsansicht. Foto © rheinische ART 2025 |
Diese Magie spiegelt sich auch in Ruthenbecks Objekten wider, in denen das Vertraute auf das Fremde trifft. Seine Werke zeichnen sich durch Materialvielfalt wie Metall, Glas, Holz, Stoff und anderes aus und thematisieren Gegensätze wie Balance, Schweben und Stabilität.
Stärke und Fragilität von Werkstoffen gingen bei ihm Hand in Hand, ergänzten sich. Sein Umgang mit Materialien war einfach und zugleich raffiniert. Das Gegensätzliche an Eigenschaften und Situationen, das harmonisch zur Einheit findet, ließ unter seinen Händen selbst einen aus zerknülltem Papier aufgeschichteten Haufen seine Größe zelebrieren. Ein Tisch, dessen eines Bein auf einem Ball ruht, droht der Schwerkraft folgend zu stürzen, doch er balanciert sich perfekt aus.
Eingriffe wurden vom Künstler auf das Wesentliche beschränkt, und Formen sowie Spannung entstanden oft durch das Gewicht der Materialien sowie deren Positionierung. Dadurch, zum Beispiel durch eine Aufhängung oder Kippung, veränderten sich Erscheinung, Anmutung und Ausstrahlung der Werke. Plastische Formen wurden dem Material nicht aufgezwungen, sondern ergaben sich organisch. Die Titel seiner Werke beschreiben, was zu sehen ist.
► In der Schau zu sehen sind einige der Fotografien Ruthenbecks. Dem rheinischen Kunstinteressierten werden sie bekannt vorkommen. Als da sind beispielsweise „Hommage à Schmela“, „Klasse Joseph Beuys“ oder „Der Mann auf dem Balkon“.
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Die Ausstellung „Reiner Ruthenbeck“ ist noch bis zum 07.12.2025 zu sehen.
Skulpturenhalle der Thomas Schütte Stiftung
Berger Weg 16
41472 Neuss/Holzheim
Tel. 02182 / 8298520
Öffnungszeiten
FR – SO 10 – 18 Uhr