rheinische ART
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rheinische ART 11/2025

RETROSPEKTIVE
Vallotton forever


Schweizer Kulturinstitutionen feiern die Aktualität des Künstlers Félix Vallotton (1865–1925) anlässlich des hundertsten Todestages. In der ganzen Schweiz ist Vallotton-Jahr mit zahlreichen Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen.

 

Félix Vallotton Nu à l’écharpe verte, 1914. Öl auf Leinwand, 112 × 145 cm, La Chaux-de-Fonds, Collection du Musée des beaux-arts. Foto © Pierre Bohrer, Le Locle. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

Es ist in der Tat eine einmalige Gelegenheit, diesem vielseitigen und außergewöhnlichen Maler, Grafiker, Illustrator und Schriftsteller zu begegnen. Von ihm sagen nicht wenige, man erkenne ihn sofort am Stil.

     In der Eidgenossenschaft hat man weder an Raum noch an Zeit gespart. Mehr als ein halbes Dutzend Ausstellungen landesweit, von Asonca bis Zürich, erinnern an den großen Schweizer Künstler. Dessen Sonnenauf- und untergänge in Gemälden sind ebenso berühmt wie seine Frauenakte.

 

Félix Vallotton Soleil couchant dans la brume, 1911. Öl auf Leinwand, 54 × 81 cm, Collection privee, Suisse Foto © Droits reserves. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

Bekannt von ihm ist, dass er nie bei seinen Akt-Malereien nach einem Modell, das vor ihm saß, arbeitete, sondern stets nur nach Skizzen. Seine lebenslangen Leitprinzipien waren Redlichkeit und Ehrlichkeit. Der Sohn eines Apothekers und späteren Chocolatiers war protestantisch aufgewachsen, was ihn ohne Zweifel prägte.

 

Félix Vallotton Baigneuse de face, fond gris, 1908. Öl auf Leinwand, 130,5 × 97 cm, Glaris, Kunsthaus Glarus, Collection Glarner Kunstverein Foto © Courtesy Sammlung Glarner Kunstverein. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

In Lausanne, seinem Geburtsort, ist die bisher größte Retrospektive des Künstlers aufgelegt worden. Die Ausstellung findet in der PLATEFORME 10 und im Musée cantonal des Beaux-Arts (MCBA) statt. Sie bietet eine neue Perspektive auf den Maler, Portraitisten und Holzschneider, der für seinen klaren und kritischen Verstand und seinen scharfsinnigen Humor bekannt war.
     Im MCBA werden auf rund 1400 Quadratmetern etwa 250 Werke von ihm ausgebreitet. Es ist eine chronologische und thematische Reise zu allen Facetten seines Schaffens. Die gewaltige Schau tritt, wie das Haus betont, in einen Dialog mit dem Künstler als Illustrator und Karikaturist.

     Die gezeigten Arbeiten, darunter zahlreiche Meisterwerke aus Schweizer und europäischen Sammlungen, „laden die Besucher ein, eine bedeutende Persönlichkeit der modernen Kunst neu zu entdecken.“

 

Félix Vallotton Derniers rayons, 1911. Öl auf Leinwand, 100 × 73 cm Quimper, Collection du musée des beaux-arts. Foto © mbaq. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

Wem der großartige Maler und Illustrator weniger vertraut ist, kann sich nicht nur an seinen flächigen, bunten Landschaftsgemälden erfreuen.

     Die hatten es ihm angetan, denn von den etwa 1700 Gemälden, so heißt es in Lausanne, zeigen rund 750 Landschaften in vereinfachter und unterschiedlicher Form mit markanten, stark geprägten Kontrasten.

     Diese auffällig kontrastreichen Darstellungen erinnern technisch an seine Holzschnitte, deren Starrheit in der Malerei sozusagen wieder auftaucht. Dieses Stilmittel behielt der Meister ein Leben lang bei.

 

Félix Vallotton La Paresse, 1896. Holzschnitt, 25 × 32,5 cm, Musée cantonal des Beaux-arts de Lausanne. Foto © MCBA, Lausanne. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

Die Schau bietet allerdings weit mehr als die Landschaftsszenerien. Sie ist ein begeisterndes Gesamtbild von Vallottons riesigem künstlerischen Spektrum: von den frühen Illustrationen aus der Pariser Zeit über die Holzschnitte, Akt- und Porträtmalereien bis hin zu Modezeichnungen, die bisher kaum öffentlich ausgestellt wurden. Félix Vallotton schrieb drei Romane, zahlreiche Essays und diverse Theaterstücke.

 

Félix Vallotton Autoportrait, 1897. Öl auf Karton, 58,9 × 47,9 cm, Paris, musee d’Orsay Foto © GrandPalaisRmn (musee d’Orsay) / Herve Lewandowski. Bildquelle © MCBA Lausanne

 

Félix Vallotton L’affichage moderne, Zeichnung für das Buch Les Rassemblements, 1896. Tusche und Aquarell auf Papier, 26 × 20,7 cm, Musee cantonal des Beaux-arts de Lausanne. Foto © und Bildquelle MCBA, Lausanne

 

Sein Leben wird in der Ausstellung in zwei Teilen künstlerisch reflektiert. Der erste Teil zeigt seine intensiven Bemühungen, sich zwischen 1880 und 1900 in der Pariser Kunstszene zu etablieren.

     Mit 16 Jahren nach Paris gekommen, arbeitete der junge Westschweizer in künstlerischen, literarischen und journalistischen Kreisen. Gemälde, Holzschnitte, Buchillustrationen und Pressezeichnungen dienten ihm als Mittel zur ästhetischen und politischen Positionierung sowie zur Sicherung seines Platzes im Kunstmarkt.

     In den 1890er Jahren schloss er sich den Nabis (mehr) an und fand Anschluss an das Umfeld der in Paris zweimonatlich herausgegebenen literarisch-künstlerischen Zeitschrift La Revue blanche. Mit Illustrationen und satirischen Zeichnungen mischte er sich in gesellschaftliche Debatten ein.

     Trotz seines Erfolgs blieb er ein unabhängiger Geist: Sein scharfer Blick, sein satirischer Ton und sein prägnanter Stil unterschieden ihn deutlich von seinen Zeitgenossen.

     Der zweite Teil der Ausstellung behandelt den Wandel um 1900. Durch seine Ehe mit Gabrielle Rodrigues-Henriques gewann er finanzielle Sicherheit und konzentrierte sich nun fast ausschließlich auf die Malerei. Er wandte sich, wie es in der Schau heißt, von der Hektik des modernen Lebens ab und fand zu einer melancholischeren Ausdrucksform. Bis zu seinem Tod arbeitete er völlig unabhängig, abseits der modernistischen Bewegungen. Dennoch blieb er in der zeitgenössischen Kunstszene präsent, und das bis heute.
rART/K2M

 

► Das Lausanner Musée cantonal des Beaux-Arts (MCBA) beherbergt die weltweit größte Sammlung von Werken Vallottons. Die 1998 ebenfalls in Lausanne gegründete Fondation Félix Vallotton ist das Dokumentations- und Forschungszentrum zu dem Künstler.


Die Ausstellung Vallotton Forever: Die Retrospektive kann bis zum 15. Februar 2026 besucht werden.
PLATEFORME 10 & Musée cantonal des Beaux-Arts (MCBA)
Place de la Gare 16
1003 Lausanne Schweiz
Tel +41 21 318 4400
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
DO 10 – 20 Uhr

 

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