Im Silberrausch!
Europäische Industriekultur ist bereits seit Langem ein hochinteressantes museologisches Thema. Eine Ausstellung im deutsch-polnischen Kontext unterstreicht die aktuelle Tendenz!
Animation eines historischen Bergwerkstollens in Tarnowitz. Bildquelle © Tarnowskie Góry – Bergwerk. 2025 PodrozePoEuropie.pl |
Silberfieber titelt die Sonderschau im Oberschlesischen Landesmuseum (OSLM) in Ratingen. Es geht nicht um irgendeine Silbererzmine in den rohstoffreichen Regionen Osteuropas. Die Rede ist hier vom Tarnowitzer Bergbau, seit 2017 ein UNESCO-Welterbe in Oberschlesien.
Es sei daran erinnert, dass sich in Oberschlesien nach dem Ruhrgebiet die zweitgrößte Montanindustrieregion Europas befand. Und ähnlich wie etwa beim Zinkspat-Abbau nahe Aachen im Landstrich Neutral-Moresnet (siehe Verweis unten) war die Gewinnung von Rohstoffen wie Zink, ferner Blei und Silbererz, aufgrund der gewaltigen Nachfrage im 19. Jahrhundert von ökonomisch überragender Bedeutung.
Silberbergwerk und Museum in Tarnowitz Oberschlesien. Foto: Ronald Urbanczyk Bildquelle ©-SHOS-OSLM Ratingen 2025 |
Der quasi fieberhafte Abbau des gut verformbaren Schwermetalls Silber, das traditionell für Bestecke, Münzen und zahlreiche andere, auch technische, Anwendungen Konjunktur hatte, spiegelt sich in dem Ratinger Ausstellungstitel.
Als Förderstätte in Oberschlesien ganz vorne: Die Silber-, Blei- und Zinkbergwerke der heutigen südpolnischen Stadt Tarnowskie Góry, zu Deutsch Tarnowitz. Der Bergbauort ist etwa 30 Kilometer von der Großstadt Kattowitz entfernt.
Innenansicht des Oberschlesischen Landesmuseums Ratingen mit Blick auf die Dauerausstellung. Bildquelle und Foto © OSLM Ratingen 2025
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Die breit angelegte Ausstellung in Ratingen zeigt die Historie des Bergbaus in Tarnowitz, von seiner Entstehung ab 1490, dem boomhaften Mittelalter, über den Niedergang der Schürfungen bis zur Aufnahme in die Liste des UNESCO-Welterbes. Und dies ausführlich im Wechsel der deutsch-polnischen Grenzverschiebungen und politischen Veränderungen.
Die Ausstellung bietet nicht nur hochinteressante Exponate aus der regionalen Wirtschaft und Politik, sie ist auch ein Blick auf die Pflege und Vertiefung der multikulturellen schlesischen Industriegeschichte.
Das Welterbe selbst erstreckt sich über eine Fläche von rund 1673 Hektar und umfasst das gesamte unterirdische Bergwerk mit Stollen, Schächten, Galerien und der Wasserhaltung.
Das Historische Silberbergwerk (Zabytkowa Kopalnia Srebra) von Tarnowitz gilt als eines der wichtigsten Kulturdenkmäler Oberschlesiens. Es ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH) und gehört zu den Industriedenkmalen der Route der Technischen Denkmäler in der Woiwodschaft Schlesien (Szlak Zabytków Techniki Województwa Śląskiego).
Exponate in der Sonderausstellung Silberfieber. Bildquelle und Foto © SHOS-OSLM Ratingen 2025 |
Die Stadt Tarnowitz bildete über Jahrhunderte eines der Zentren der oberschlesischen Industrie. Seit Beginn der Neuzeit bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts war das Gebiet eine der bedeutendsten Blei-, Silber- und Zinkerzlagerstätten Europas. Von Tarnowitz aus vollzog sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auch die industrielle Revolution in Oberschlesien, wie die Ausstellungsmacher in Ratingen betonen.
Blick in die Ausstellung Silberfieber, Plakatwand (Ausschnitt), Bildquelle © OSLM Ratingen 2025
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Das Gebiet entwickelte sich im 19. Jahrhundert rasant zur zweitgrößten Montanindustrieregion auf dem Kontinent. Die Ausstellung unterstreicht diese Entwicklung beeindruckend. Mit Dutzenden Objekten, Illustrationen und Fotografien sowie Texten und multimedialen Installationen wird die Geschichte dieser bedeutenden Industriekulturstätte lebendig verdeutlich, gleichzeitig wird dem Besucher die heutige Entwicklung in Tarnowitz präsentiert.
Wie hochtechnologisch bereits vor Jahrhunderten die Tarnowitzer Blei-, Silber- und Zinkerzbergwerke arbeiteten, wird anhand des unterirdischen Wassermanagementsystem deutlich. Einer seinerzeit zukunftsweisenden Bergbautechnologie, die ausschlaggebend für die Titulierung als UNESCO-Welterbe war.
rART/K2M
► Die Sonderausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Verein der Heimatfreunde des Tarnowitzer Landes (Stowarzyszenie Miłośników Ziemi Tarnogórskiej), dem Trägerverein der UNESCO-Welterbestätte Oberschlesiens.
► Das 1983 gegründete Oberschlesische Landesmuseum pflegt seit vielen Jahren intensive Partnerschaften mit polnischen Kultureinrichtungen, Museen und Universitäten, aus denen zahlreiche gemeinsame Projekte hervorgegangen sind.
► Das Silber-, Blei- und Zinkbergwerk von Tarnowitz liegt rund 140 Kilometer nordwestlich des berühmten labyrinthartigen Salzbergwerks von Wieliczka entfernt. Diese Anlage ist bereits seit 1978 UNESCO-Welterbe und eine der berühmtesten Touristenattraktionen in Polen. Die jährliche Besucherzahl liegt bei rund einer Million.
Die Sonderausstellung Silberfieber. Der Tarnowitzer Bergbau – das UNESCO-Welterbe in Oberschlesien ist bis zum 25.12. 2025 verlängert worden.
Oberschlesisches Landesmuseum
Bahnhofstraße 62
40883 Ratingen (Hösel)
Telefon: +49(0)2102-965
Öffnungszeiten:
MI – SO 11 – 18 Uhr
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