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rheinische ART 03/2010

Kultur und Wirtschaft

Von armen und reichen Städten

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Schere zwischen finanziell schwachen und starken Kommunen im Land zwischen Rhein und Weser weiter auseinander geht. Für viele hochverschuldete Städte gibt es keine Chance, ihr kulturelles Angebot für die Bürger zu sichern oder gar auszuweiten. Eher ist eine „Kultur des Sparens“ gefragt

 

A
ch, wäre ich doch in Düsseldorf geblieben, wird sich mancher ins benachbarte Grün gezogene, in Abwandlung des alten musikalischen Gassenhauers sagen, blickt er auf die finanzielle Situation der nordrhein-westfälischen Kapitale am Rhein. Vor allem, wenn er Familie hat. Seit drei Jahren schuldenfrei, seit über zehn Jahren ein ausgeglichener Haushalt – das macht die Stadt höchst attraktiv, da sind Investitionen zum Wohl der Bürger möglich, sicht- und spürbar. Allein im laufenden Jahr 2010 hat die Kommune fast 300 Millionen Euro für familiäre und kinderfreundliche Einrichtungen eingeplant: für öffentliche Kindergärten und -feste, Musikschulen, Jugendbüchereien und Spielplätze. Düsseldorf ist neben Dresden seit wenigen Jahren die zweite deutsche Großstadt, deren Verbindlichkeiten gleich Null sind. Es ist Geld vorhanden für interessante Kulturangebote und Kunst, flanieranregende Straßen, funktionierende Bürgereinrichtungen und eine gepflegte, intakte Infrastruktur.

Szene-Ort in Düsseldorf: der Medienhafen

Der Landtag NRW

 

Der jetzt herausgekommene „Kommunale Finanz- und Schuldenreport Nordrhein-Westfalen“, eine Bestandsaufnahme der Gütersloher Bertelsmann Stiftung, attestiert Düsseldorf eine Spitzenstellung im Land. Gleich viermal hat die Stadt zur Freude der ansässigen Unternehmen seit 2001 die Gewerbesteuer senken können und damit gleichzeitig Signale für Neuansiedlungen gegeben. Zahlreiche Unternehmen sind seither in diverse neue Gewerbegebiete eingezogen und profitieren von den finanziellen Geschenken. Die Folge: Düsseldorf ist nicht nur eine vermögende und schuldenfreie Kommune, sondern auch eine der wenigen deutschen Großstädte, deren Bevölkerung - wenn auch langsam - wächst und sich gar verjüngt.


-Schuldenfrei hat Zukunft-


Auslöser für diese bemerkenswerte Entwicklung war die Anfang der neunziger Jahre auch in Düsseldorf eingetretene Verschuldung, die in einen Nothaushalt und bitteren Finanzauflagen des Landes mündete. Ein radikaler Sparkurs des seinerzeitigen Oberbürgermeisters Joachim Erwin und des versierten Städtkämmerers Helmut Rattenhuber sowie der gegen große Bürgerwiderstände durchgesetzte Verkauf von städtischem Eigentum, im Düsseldorfer Fall u.a. die Stadtwerke und Aktienanteile am Stromriesen RWE, brachten über eine Milliarde Euro in den Stadtsäckel. Die Akteure im Rathaus verwendeten die Erlöse zielstrebig und vollständig zur Rückzahlung ihrer Verbindlichkeiten und sicherten sich alsbald den Status der Schuldenfreiheit.
  Die Bertelsmann-Studie zeigt auf der anderen Seite schonungslos nüchtern das Bild vieler fast vor dem finanziellen Zusammenbruch stehender Kommunen im Bindestrich-Land. Gut die Hälfte aller Städte in NRW wirtschaftet derzeit  mit einem Nothaushalt. Ihre Kämmerer habe damit die finanzielle Autonomie verloren und müssen ihren Kampf gegen Defizite und Minuszahlen der Landeskontrolle unterstellen.

Lebensgroße Bronzefigur von Landesvater Johannes Rau vor der ehemaligen Staatskanzlei Villa Horion. Die Skulptur wurde von der Künstlerin Ann Weers Lacey geschaffen

  Rund 60 Städte gelten besonders von der Wirtschaftskrise getroffen. Im Umfeld der Landeshauptstadt Düsseldorf sind es vor allem die Ruhrgebietsstädte und zahlreiche Kommunen im Bergischen Land. Namentlich nennt die Studie Städte wie Essen, Bochum und Duisburg, Moers und Oberhausen; ferner Hagen, Siegburg und das bergische Nümbrecht, deren Haushalte entweder als hochbelastet oder gar als in einer dramatischen Schieflage befindlich definiert werden. Tendenziell gehe die Schere „zwischen armen und reichen Kommunen … weiter auseinander“, heißt es im Report. Zahlreiche Kommunen können die unheilige Allianz von sinkenden Steuereinnahmen und steigenden Sozialausgaben nicht sprengen, können ihre Ausgaben nicht durch Einnahmen abdecken, trotz Gebührenerhöhungen, Ausgabenkürzungen und schmerzlicher Einstellung wichtiger kommunaler Einrichtungen wie beispielsweise Schwimmbäder und Freizeiteinrichtungen. Das kulturelle Angebot steht zur Disposition und das ist traurig genug, denn die wirklich großen Befreiungsschläge finanzieller Art sind damit bekanntlich nicht zu erreichen.


-Hoffnung auf Imagegewinn durch

Ruhr 2010-


Da kommt gerade dem Ruhrrevier und einigen Niederrheinstädten die international herausragende Initiative der Kulturhauptstadt Europa mit der „Ruhr 2010“ entgegen. Allerdings gilt auch hier die Devise: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber immerhin ist es eine vielversprechende Möglichkeit, wenigsten die vom Strukturwandel gebeutelten Städte an der Ruhr wirksam und nachhaltig in Szene zu setzen.
Klaus M. Martinetz

 

Fotos Martinetz

©rheinische-art.de


 

 

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