rheinische ART
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rheinische ART 11/2010

Archiv 2010: aus "Kunst erleben"

Feuerländer - Regions of Vulcan

 

Im Schein und Widerschein der Flammen

 

Sujet und Ort hätte kaum treffender sein können – und gleichwohl sind sie ungewöhnlich. Unter dem Titel „Feuerländer“ wird Industriemalerei anhand von rund 200 Exponaten in Europas ehemals größtem Schwerindustrieraum präsentiert. Es ist eine Ausstellung mit eigenem Reiz. Zu sehen ist die in dieser Konzentration seltene Thematik, die einen interessanten Überblick über die Historie dieses Genres liefert, im Oberhausener LVR-Industriemuseum.

 

Joseph-Fortuné Layraud, Le marteau-pilon, Forges et aciérie de Saint-Chamond: sortie d'une pièce de marine, 1889, Öl auf Leinwand (c) Ècomusée de la Communauté le Creusot Montceau-Les-Mines, France; Foto: Daniel Busseuil

 

DEN Besucher erwartet ein Gang durch Raum und Zeit der Industriekultur. Arbeitswelt, aufkommende Technisierung, Industriegesellschaft, kapitalistische Wirtschaftsordnung und gesellschaftlicher Wandel - sie spiegeln sich in teilweise imposanten Werken, die den Zeitraum von 1780 bis heute umfassen. Es handelt sich dabei sowohl um Landschaftsmalereien als auch um die künstlerische, teilweise abstrakte Erfassung charakteristischer Hochofen-Szenerien, Stahlgüsse oder düsterer Fabrikareale.

 

- Spiegel der Industrialisierung –

 

Die Bildmotive entstammen jenen Regionen der Welt, jenen wahren Feuerländern, in denen „vulkanähnlich“ die Montanindustrie mit ihren gigantischen feurigen und glühenden Produktionsstätten das Geschehen bestimmte und die Welt veränderte. Es sind zehn Bergbau-, Eisen- und Stahlindustrieräume in Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Polen und den USA.

  Zahlreiche Künstler haben in ihren Werken das Leben und Arbeiten in diesen Montanindustriegebieten gefeiert, beschworen und verdammt. Schein und Widerschein der Feuer, Arbeitskampf und Streik, sozialer Aufstieg und Absturz oder erste Umweltzerstörung waren Themen, die eine große Faszination auch auf viele namhafte Künstler ausübten. Und so sind denn in der Ausstellung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) unter anderem Werke von Corinth, Kirchner, Birkle, Bonhommé, Calvelli, Felixmüller, Luyten, Ritterbach und Baluschek zu sehen.

 

- Funken, Flammen und Fabriken –

 

Hendrik Luyten, Der Streik, De Werkstaking (Triptychon), 1888-1893, Öl auf Leinwand, 355 x 1110, Leihgeber: Collectie Stedelijk Museum Roermond, Nederland, Foto: Peter Kessels, Collectie Stedelijk Museum Roermond

 

Eines der augenfälligsten Industriegemälde ist das riesige, 11 m breite und etwa 40 Quadratmeter umfassende Triptychon „Der Streik“ (De Werkstaking) des belgischen Malers Hendrik Luyten (1859-1945), das sich inhaltlich mit einem dramatischen Streik in der belgischen Borinage auseinandersetzt. Das traditionell sakral gedeutete Triptychon, zwischen 1888 und 1893 geschaffen, ist eine der eindrucksvollsten künstlerischen Gestaltungen des Themas Arbeitsniederlegung.

Brigitte Hayo-Rousché, Schlackenabguß, 2006, Mischtechnik auf Leinwand, 200 x 100, Leihgeber: Im Besitz der Künstlerin, Foto: Karsten Pech & Sapel, Saarbrücken

  Dem Spätexpressionismus zugeordnet werden die aus den 1920er Jahren stammenden Darstellungen von Conrad Felixmüller (1887-1977), „Kohlenarbeiter auf dem Zechenhof“ und „Alte Kohlenbergarbeiter“. Felixmüller verstand sich als sozialkritischer Expressionist und Maler der Neuen Sachlichkeit. Sein Hauptmotiv war stets der Mensch, den er in kraftvollen Szenen des täglichen Lebens wiedergab. Das Milieu der Industriearbeiter und die gesellschaftlichen Umbrüche kannte er aus eigener Anschauung als Zeitzeuge von Reisen und Arbeiten im Ruhrgebiet, das er nach dem Ersten Weltkrieg mehrfach aufsuchte.

  Im Kontrast zu den frühen Industriemalereien, die in Oberhausen den Schwerpunkt bilden, stehen rund 60 zeitgenössische Werke. Hierzu gehört etwa das Gemälde „Flowing Steel“ (1997) von Klaus Ritterbusch, das sowohl Schönheit wie Schrecken der Industrie anhand der in bestechenden Rot-Gelbtönen dargestellten Stahlproduktion vermittelt.

Klaus M. Martinetz

 


„Feuerländer“ ist die bislang größte internationale Ausstellung des LVR-Industriemuseums. Sie wird räumlich und thematisch an zwei unterschiedlichen Orten in Oberhausen präsentiert. Der historische Teil ist mit „Feuerkult“ tituliert und wird im Peter-Behrens-Bau, dem ehemaligen Hauptlagerhaus der Gutehoffnungshütte, ausgestellt. Er umfasst 140 Bilder, aufgeteilt in 13 Kapiteln, die aufzeigen, wie sich das Industriebild in seinen ersten zwei Jahrhunderten u.a. auch in künstlerischer Hinsicht entwickelte.

  Weitere 60 Werke der Gegenwartskunst ab etwa 1980 werden in der Präsentation „Brandherde“ im Rheinischen Industriemuseum im Kesselhaus der Zinkfabrik Altenberg gezeigt. Sie greifen als Kernthemen Fragen der modernen digitalisierten Arbeitswelt und der Umwelt auf.

 

 

 

 

Die Ausstellung ist bis zum 28. November 2010 zu sehen.

„Feuerkult im Behrens-Bau“
Peter-Behrens-Bau
Essener Straße 80
46119 Oberhausen


„Brandherde im Kesselhaus“
LVR-Industriemuseum
Hansastraße 20
46049 Oberhausen
Tel. 02234 – 992 15 55


Öffnungszeiten

DI - FR 10 - 17 Uhr
SA und SO 11 - 18 Uhr

 

 

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