rheinische ART
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rheinische ART 12/2010

 

Archiv 2010

Das Rheinische Landesmuseum in Bonn lässt das Zeitalter der Renaissance wieder aufleben – im Fokus steht dabei das Rheinland

 

Historische Betrachtung

 

Die Liste der Leihgeber für die aktuelle Ausstellung des Rheinischen Landesmuseums mutet exquisit an und schürt Erwartungen: Der Louvre, die Albertina, das Kunsthistorische Museum in Wien, das Victoria & Albert Museum in London und andere. Anhand vieler Zeugnisse aus der Zeit zwischen 1450 und 1600 erläutern die Kuratoren dabei ein ereignisreiches und zugleich wenig beachtetes Kapitel, dem bisher keine Einzelausstellung gewidmet wurde: Die Renaissance am Rhein.

Astrolab: Gerhard Mercator, Messing. Das Astrolab ist ein astronomisches Universalinstrument zur Bestimmung von Zeit, Winkeln und Sternpositionen. Das gezeigte Exemplar ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele dafür, dass Mercator auch als Hersteller von astronomischen Instrumenten seinen Unterhalt verdiente / Städtische Kunstsammlungen–Maximilianmuseum, Augsburg. (Foto: Andreas Brücklmaier)

 

DEM selbsterklärten Ziel, den kulturhistorischen Dauerbrenner Renaissance aus der mediterranen Ecke herauszuholen und seine große Bedeutung für das Rheinland darzustellen, kommt die Ausstellung mit großem Eifer nach. Im Fokus stehen dabei die Regionen des heutigen nordrhein-westfälischen Rheinlandes, auch wenn gelegentliche Seitenblicke, wie etwa nach Trier, das Panaroma der Zeit vervollständigen.
   Zahlreiche kunsthandwerkliche Gegenstände, Karten, Zeichnungen und Gemälde bilden den Grundstock der viergeteilten Präsentation. Im Blickpunkt stehen dabei als thematische Blöcke die Möglichkeiten der graphischen Darstellung des Raumes, einschneidende historische Ereignisse wie die Belagerung des Rheinlandes durch Karl dem Kühnen, die Auswirkungen kultureller Innovationsprozesse wie die Erfindung der Perspektive und des Buchdruckes sowie das Leben der Bewohner der Rheinregion in diesen Zeiten des Umbruchs.
 


Umkreis Joos van Cleve, Triptychon mit thronender Madonna und Heiligen, um 1525/30, Detail des rechten Seitenflügels mit heiliger Barbara, LVR-LandesMuseum Bonn. (Foto: Hans-Theo-Gerhards, LVR-Museumsverbund)

 

 

 

Handtuchhalter mit Liebespaar, Arnt van Tricht, um 1535, Eichenholz, farbig gefasst

Der Handtuchhalter zeigt eine verheiratete Frau, die von einem Mann in eindeutiger Absicht umworben wird. In die Rolle des Narren geschlüpft, verkörpert er die fleischliche Liebe. Beide vollführen ein mehrstufiges, musikalisch begleitetes Liebesspiel. Verbunden mit der Aufforderung, seine Hände rein zu halten, warnt das Relief vor dem Ehebruch. / Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung. (Foto: Hans-Theo-Gerhards, LVR-Museumsverbund)

   Als wichtige kulturelle Zentren werden die Höfe dargestellt, so etwa am Beispiel Wilhelms V., des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg. Bemerkenswert sind dabei die sorgfältig herausgearbeiteten Parallelen in der Stiftungstätigkeit und Kunstpatronage zwischen den verschiedenen Kurfürstentümern.

   Die Hauptstärke der Ausstellung liegt mit Sicherheit in der Sichtbarmachung und Erläuterung historischer Zusammenhänge. Ganz bewusst hat man sich für einen kulturhistorischen Ansatz entschieden, der ein umfassendes Bild der Zeit der „Wiedergeburt“ am Rhein zeichnen soll.

   Die Absicht der Ausstellugsmacher, dem Besucher ein „Eintauchen in das 16. Jahrhundert“ zu ermöglichen, kann in der mehrere Etagen umfassenden und überlegt gestalteten Ausstellung durchaus als gelungen bezeichnet werden. Nicht das einzelne Objekt und sein Kunstwert stehen dabei im Vordergrund der Präsentation, sondern die Schaffung eines breitgefächerten Überblicks. Der geschichtlich interessierte Kunstfreund kann im Landesmuseum somit eine historische Lehrstunde mit einer Augenweide kombinieren, zumindest bei der Betrachtung der Highlights der Ausstellung. 

   Unter diesen befindet sich etwa der sog. Mercatorplan, eine frühe Grundrissansicht der Stadt Köln und bedeutendste Stadtvedute der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Bemerkenswert ist auch der Prunkharnisch Kaiser Karls V., eine Leihgabe aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien und mit seinen Ziselierungen ein wahrer „Rolls Royce“ unter den Rüstungen. Für höfisch-zeremoniale Pracht steht das einzige noch erhaltene goldene Tafelschiff rheinischer Herkunft aus dem Besitz des Trierer Kurfürsten und Erzbischofs Jakob III. von Eltz. Und neben hoher, offizieller Kirchenkunst wie dem beeindruckenden Lettner der Pfarrkapelle aus Aldenhoven-Siersdorf, der speziell für die Ausstellung restauriert und ins architektonische Umfeld geschickt integriert wurde, findet sich auch säkulare „Gebrauchskunst“ von hoher und höchster Qualität, etwa der exzentrische Handtuchhalter mit Liebespaar von Arnt van Tricht.

 

Robert Woitschützke

 

Die Ausstellung ist bis Februar 2011 zu sehen.
LVR-LandesMuseum Bonn
Rheinisches Landesmuseum für
Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte
Colmantstraße 14 – 16
53115 Bonn
Tel. 0228 / 2070-351

Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
MI 10 – 21 Uhr

 

Fotos: LVR


©rheinische-art.de

 

 

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