rheinische ART
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rheinische ART 04/2018

Archiv 2018

NEUES MUSEUM LVR
Die Niederrheinlande


Das Preußenmuseum in Wesel stellte 2015 den Betrieb ein. Veränderung war gefragt und was entstand, ist ein kulturelles Kleinod. Das neue Niederrheinmuseum widmet sich in seiner ersten Schau einer ganz besonderen Landesgeschichte: die der „Niederrheinlande“.

 

Der Marktplatz, das Herz der Stadt Wesel, Mitte des 16. Jahrhunderts mit der mächtigen Willibrordkirche, dem Rathaus und verschiedenen Gewerken. Die Ansicht ist Teil eines großzügigen Panoramabildes, das die Besucher am Beginn der Ausstellung über die Zeit, Sitten und Gebräuche informiert. Bild © LVR Niederrheinmuseum

 

Für einen Rheinländer mag diese Bezeichnung etwas irritierend sein. Der Niederrhein ist hinlänglich bekannt, die Niederlande als Nachbarstaat ebenso. Doch die Wortschöpfung „Niederrheinlande“ klingt neu.   

     „Das Museum hat seinen Blick auf den gesamten Niederrhein geweitet und wird künftig die Bedeutung der Region unter allen relevanten kunst-, architektur-, kultur- und landesgeschichtlichen Facetten darstellen. Dabei werden der niederländische Raum und Europa eine wichtige Rolle spielen“, sagte Milena Karabaic, Dezernentin im LVR für Kultur und Landschaftliche Kulturpflege, anlässlich der Eröffnung. Damit trägt der Landschaftsverband Rheinland der Tatsache Rechnung, dass der Niederrhein traditionell und nicht erst mit der Gründung Europas ein grenzüberschreitender Kulturraum ist.

 

Sanierung und Umbau Verantwortlich für die Baumaßnahmen im damaligen Preußenmuseum NRW war das Land Nordrhein-Westfalen. Das Land trug daher auch die Bau- und Planungskosten von etwa 5,24 Mio Euro. Foto © rheinische ART 2018


Es ist, auch das sei erwähnt, bereits das 20. Museum, das der Landschaftsverband Rheinland betreibt. Der langgestreckte Bau, der das Niederrheinmuseum beherbergt, duckt sich etwas im Schatten der Kulturstätte Zitadelle, die als Teil der damaligen Festung Wesel die Besucher von der Rheinquerung kommend als immer noch mächtigen Bau begrüßt. Die alten Mauern zeugen von einer frühmaligen großen militärischen Bedeutung, besonders für Preußen, als Wesel aus Berliner Sicht im westlichst gelegenen Zipfel des Landes lag. Übrigens saß hier auch Kronprinz Friedrich, der spätere Monarch Friedrich II., genannt „Friedrich der Große“, nach seiner Flucht und Festnahme, wie sein Freund und Mitflüchtling „Katte“, ein … (mehr)

 

Wesel nach 1567 Installation: Verkaufsstand mit wallonischen Tuchen am Marktplatz. Foto © rheinische ART. 2018


Doch die jetzige Schau richtet ihren Blick nicht nach Osten, sondern nach Westen. Es geht um die Geschichte Wesels und der Niederrheinlande vom Frühmittelalter bis zur napoleonischen Ära. „Mit seinen Hauptverkehrsachsen von Rhein und Maas, den Kreuzungspunkten bedeutender Handelswege, rückte diese wirtschaftlich reiche Region schon früh in den Fokus regionaler Herrschaftsexpansion und der großen europäischen Machtpolitik. Ohne die grundlegende Konkurrenz verschiedener Herrschaften, so beispielsweise Kurköln auf der einen und Kleve, Burgund auf der anderen Seite oder später Habsburg mit seinen verbleibenden Erbländern Flandern und Brabant sowie den vereinigten Niederlanden, Frankreich und Preußen als weitere Teilnehmer im Mächtespiel, ist die niederrheinische Geschichte nicht zu verstehen“, schreibt das ausstellende Haus in seinem Vorwort im Katalog.

 

Installationsansicht der Ausstellung "Wesel und die Niederrheinlande" Foto © rheinische ART. 2018

 

Die große Politik – sie spielte am Niederrhein schon immer eine herausragende Rolle und die Geschehnisse damals haben sicherlich auch mit dazu beigetragen, dass das Rheinland und Nordrhein-Westfalen generell heute gerne mit „im Herzen Europas“ liegend bezeichnet werden. Die Ausstellung gibt einen Überblick über die Veränderungen jener Epochen, die gesellschaftliche wie wirtschaftliche Folgen hatten. Erzählt wird die Historie in Form von „Geschichten“ anhand von Biografien, Objekten und Ereignissen. Da ist zum einen die Bedeutung der Religion und in ihrem Schluss auch die der Migration. Wesel, so erfährt der Besucher, nimmt mit der Aufnahme eines besonders starken Flüchtlingsstroms eine Sonderstellung ein, die der Stadt den Ehrennamen „Vesalia hospitalis“ (Gastliches Wesel) einbrachte.

 

Installationsansicht der Ausstellung "Wesel und die Niederrheinlande" Foto © rheinische ART. 2018


Im Begleitbuch ist dann detailliert nachzulesen, was in der Ausstellung aufgezeigt wird: Mit Martin Luthers Reformation und dem entstehen protestantischer Strömungen ist auch am Unteren Niederrhein der Katholizismus gefordert, der sich hier als reformorientierte katholische Frömmigkeitsbewegung zeigt. Die Asylpolitik wurde vielfach von den herrschenden Herzögen gestaltet, die damit auch die Hoffnung verknüpften, mit den Glaubensmigranten ebenfalls die Migration von „Ideen, Techniken und Waren“ für eine prosperierende Wirtschaft zu gewinnen. Viele dieser Hoffnungen erfüllten sich. Innovative Techniken im Tuchgewerbe wurden eingeführt wie auch der Holzhandel in großem Stil betrieben wurde. Die reiche Hansestadt Wesel und andere Orte wie beispielsweise Emmerich und Kleve florierten. Interessant hierbei ist: nicht nur Protestanten fanden am Niederrhein eine neue Heimat, auch die aus den reformierten Niederlanden und Nachbarprovinzen flüchtenden Katholiken.


Religiöse Vielfalt und eine kluge Politik prägten also schon damals die Gesellschaft, veränderten den Kultur- und Wirtschaftsraum und damit das grenzüberschreitende Potential. Eine Stärke, deren Spuren immer noch sichtbar sind. Der Direktor des Museums und Kurator der Ausstellung, Veit Veltzke, gibt mit dieser Schau einen ersten Einblick, wie sich das landeskundliche Museum versteht und in der Zukunft inhaltlich aufstellen wird.
Irmgard Ruhs-Woitschützke


Die Ausstellung „Wesel und die Niederrheinlande. Schätze, die Geschichte(n) erzählen“ ist bis zum 14. Oktober 2018 zu sehen.
LVR-Niederrheinmuseum Wesel
An der Zitadelle 14 – 20
46483 Wesel
Tel. 0281 / 339960
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 17 Uhr

 

 

 

 

 

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