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rheinische ART 03/2018

Archiv 2018

SPITZENWERKE IN AACHEN
Gestatten, Suermondt!

 

Ob es ihn schmerzte, seine grandiose Sammlung nach Berlin verkaufen zu müssen, ist nicht überliefert. Barthold Suermondt, der große Sammler, Kunstkenner und Mäzen war eben auch kühler Kaufmann und Industrieller.

 

Frans Snyders Landschaft: Jan Wildens Käuzchen als Lockvogel, um 1620, Aachen, Suermondt-Ludwig-Museum © Aachen, Suermondt-Ludwig-Museum, Foto: Anne Gold

 

Als Unternehmer und als Mann ökonomischer Prinzipien wusste Suermondt nur zu gut, dass in Zeiten wirtschaftlicher Krisen – und die hatten seine Stahlwerke im belgischen Seraing getroffen – neben neuen Ideen auch schlicht Kapital benötigt wurde.

 

Frans Hals Singender Knabe mit Flöte, um 1627, Berlin, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz/ Christoph Schmidt

 

Rembrandt Harmensz. van Rijn Alter Mann mit Bart und Barett, 1645, Berlin, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz/Jörg P. Anders

 

Spektakulärer Handel Für 350.000 Taler veräußerte Barthold Suermondt im Jahre 1874 notgedrungen seine hochgelobte Kunstkollektion an das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin, heute Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz.

     Fast 400 Gemälde und ebenso viele Zeichnungen wechselten damals vom Rheinland an die Spree. Bis heute zählen viele dieser Stücke zu den herausragenden Werken der Berliner Museen, darunter Höhepunkte wie der „Singende Knabe mit Flöte“ von Frans Hals, das „Mädchen mit dem Perlenhalsband“ von Vermeer, Rembrandts „Porträt eines alten Mannes“ oder Jan van Eycks „Madonna in der Kirche“.

 

Zum 200. Geburtstag von Barthold Suermondt (1818 –1887) würdigt das Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen die Sammlertätigkeit des Industriellen, der aufgrund seiner großzügigen Stiftungen zu einem der Namensgeber des Hauses wurde, in einer umfassenden Ausstellung.

     Unter dem Titel „Gestatten, Suermondt! Sammler, Kenner, Kunstmäzen“ versammelt das Haus über 50 Gemälde und Handzeichnungen aus Berliner Besitz sowie eine Auswahl von Werken aus eigenem Bestand, die Suermondt einst der Stadt Aachen vermacht hatte.

 

Barthold Suermondt, der gebürtig aus Utrecht stammte, war eine überaus bemerkenswerte Person. Bereits mit Anfang Zwanzig wurde er mit der Leitung der Cockerillwerke, einem belgischen Stahl- Maschinenbaukonzern, betraut.

     Als der 32-Jährige gut zehn Jahre später mit dem Aufbau seiner Gemäldesammlung begann, war dies der Auftakt einer lebenslangen Leidenschaft. Und die hieß: Jagd auf qualitätsvolle Kunstwerke, wie die Kuratoren in Aachen betonen.

     Schon 1859, also nach wenigen Sammlerjahren, gab es einen Katalog über Suermondts Gemäldebestand, Verfasser war der Berliner Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen. Unter dem Titel „Raisonnierender Catalog der Gemälde-Sammlung des Herrn Barthold Suermondt zu Aachen“ erfasste er 131 Werke des Sammlers, die diesen über die Grenzen bekannt machte und bereits damals dokumentierte, auf welch hohe Qualitätsstandards der Wahl-Aachener Wert legte.

 

Jan Steen Streit beim Kartenspiel, um 1664/65, Berlin, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz/Jörg P. Anders

 

Geschäftsmann und Mäzen Suermondt galt als ein Mann von Welt, er war cleverer Verhandlungsführer, Unternehmer, baukundiger Akademiker und Bankier. In letzterer Funktion war er gut bekannt und geschäftlich verflochten mit dem Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim (mehr) und Friedrich Thyssen. Gemeinsam fungierten sie als Hauptkapitalgeber der Metallurgischen Gesellschaft zu Stolberg, aus der die Stolberger Zink AG entstand.

     Suermondt wusste seinerzeit genau, dass im Aachener Raum mit dem Schürfen von Galmei, besser bekannt als Zink, ein höchst profitables Geschäft betrieben werden konnte (mehr).

 

Judith Leyster Lustiger Zecher „Monsieur Peeckelhaeringh“ , Berlin, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz/Jörg P. Anders

 

Jan Gossart Bildnis eines Mannes (Charles de Bourgogne?), um 1528/30, Berlin, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz/Jörg P. Anders

 

Kunstkenner Vor allem aber war Barthold Suermondt ein Ästhet und Kunstliebhaber. Er reiste viel, um die Kunstwerke im Original zu sehen und erwarb Objekte auf Auktionen in Brüssel, Paris und Amsterdam sowie aus privater Hand. Er legte einen Schwerpunkt auf altdeutsche, holländische und flämische Malerei, kaufte jedoch gezielt auch spanische, italienische und französische Bilder.

     Heute heißt es, dass Bartholdt Suermondts frühe Öffnung seiner Privatgalerie für Aachener Bürger deren Bewusstsein für Kunst nachhaltig änderte. Und durch die Stiftung von Gemälden, mit denen er die Basis für die Gründung des Suermondt-Museums schuf, nahm er einen bedeutenden Platz in der Entwicklung der Museumslandschaft im heutigen Dreiländereck bei Aachen ein.

 

Suermondts Bestreben, seine Kunstsammlung zu veräußern um die Insolvenz seines Unternehmens ab dem krisengeschüttelten Jahr 1873 zu verhindern, war allerdings kein einfacher Vorgang. Die Kollektion galt als die größte Altmeistersammlung in deutschem Besitz und wurde international hoch bewertet. Eine Veräußerung des Bestandes an namhaften Auktionsplätzen kam nicht zustande. Es gab zwar Kaufinteressenten aus Übersee, doch auch das politische Berlin zeigte, womöglich aus staatstragenden Erwägungen, Interesse und signalisierte Kaufwillen.

     Kritisch äußerte sich hingegen der später berühmte Generaldirektor des Museums, Wilhelm von Bode. Der 29 Jahre alte Bode war Direktorial-Assistent des Kaiser-Friedrich-Museum und hielt die Suermondt-Sammlung in Gänze für überbewertet. Er hätte, so die Analen, lieber nur einzelne Spitzenwerke des Industriellen übernommen. Nach ausgiebigen Verhandlungen ging der gesamte Bestand schließlich von Aachen nach Berlin – und blieb damit innerhalb der nationalen Grenzen.

     Nach diesem Aufsehen erregenden Verkauf begann der prominente Kunstsammler Suermondt unmittelbar mit dem Aufbau einer neuen Sammlung. Diese Werke veräußerte er später nicht mehr, sondern übereignete sie seiner Wahlheimat Aachen. Die aktuelle Ausstellung präsentiert nun für ein Vierteljahr lang Gemälde und Zeichnungen aus dieser Zweitsammlung sowie höchst Brillantes aus dem einstigen Berlin-Verkauf.
Klaus M. Martinetz

 

Die Ausstellung "Gestatten, Suermondt! Sammler, Kenner, Kunstmäzen" endet am 17. Juni 2018.

Suermondt-Ludwig-Museum
Wilhelmstraße 18
52070 Aachen
Tel. 0241/ 4798 040
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 17 Uhr

 

 

 

 

 

 

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