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rheinische ART 01/2020

Archiv 2019

DESIGN
Traumwelten der DDR


Erstmals in Westdeutschland widmet das Hetjens – Deutsches Keramikmuseum in Düsseldorf dem berühmten „Meissener Porzellan“ eine umfassende Sonderausstellung unter dem Titel „Märchenhaftes Meissen - Traumwelten der DDR“.

 

Das Hetjens präsentiert eine Sonderausstellung zu Meissener Porzellan in der DDR. Foto © Landeshauptstadt Düsseldorf/David Young 


Mit rund 200 Exponaten zeigt die Präsentation ein wenig beachtetes Kapitel in der Geschichte der ältesten europäischen Porzellanmanufaktur auf. Entwickelt wurde die Porzellanschau in Kooperation mit dem Kunstpalast und ist ein Beitrag zur Erinnerung an 30 Jahre deutsche Einheit.

 

Meissener Porzellan findet sich nahezu in jedem deutschen Haushalt. Im Osten wie im Westen. Der Nimbus des Besonderen, des Kostbaren haftet diesem erlesenen Porzellan an. Allerdings: Das oft prunkvolle, ja opulente und mit zwei gekreuzten Schwertern als Markenzeichen gekennzeichnete Luxusgut aus dem sächsischen Meißen fand nach dem Zweiten Weltkrieg und in der sozialistischen DDR beheimatet nicht zu seiner früheren Popularität und Begehrtheit zurück.

     Die formal schlichten Produkte einer von der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Staatspartei der DDR, verordneten „proletarischen“ Porzellankunst, die in den Werkstätten der 1950 neu entstandenen „VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen“ produziert wurden, fand im Ausland wenig Anklang. Die Faszination des „Weißen Goldes“, wie das Porzellan gerne genannt wurde, hatte erheblich nachgelassen. Jedoch benötigte das kommunistische Regime mit seiner Planwirtschaft die Produkte dringend zur Devisenbeschaffung.


Porzellankünstler Erstmals seit Gründung der Porzellanmanufaktur Meissen durch den Kurfürsten August den Starken anno 1710 als „Königlich-Polnische und Kurfürstlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur“ geschah in der Produktionsstätte 1960 „etwas Revolutionäres“, wie das ausstellende Haus mitteilt.
     Fünf junge Künstler erhielten von der DDR-Führung als „Kollektiv Künstlerische Entwicklung“ die Aufgabe, dem „Weißen Gold“ aus Sachsen ein neues Aussehen zu geben. Viele Jahre lang konnten sie frei experimentieren und probieren. Das Künstlerkollektiv – Peter Strang, Heinz Werner, Ludwig Zepner, Rudi Stolle und Volkmar Bretschneider – entwickelte Dank seiner staatlich verordneten gestalterischen Freiheit gänzlich neue Formen und Malereien, die überraschend oft in der bunten Welt der Märchen und der Träume angesiedelt sind.

 

Schreib- und Rauchgarnitur Kästchenmosaik mit Dekor Sommernachtstraum, Form: Ludwig Zepner, 1966/67; Dekor: Prof. Heinz Werner, 1969; Ausformung: Meissen, 1969; Meissen Porzellan-Stiftung, Foto © Daniel Bahrmann


Märchen- und Fabelwelten
„Mit Sonder-Erlaubnis und sogar inspirierenden Asien-Reisen hatte das Künstlerkollektiv nun auf einmal die Möglichkeit, etwas zu entwerfen, was auf dem westlichen Markt bestehen konnte“, beschreibt Hetjens-Direktorin Daniela Antonin die Wende in der Meissener Porzellan-Produktion: „Die neuen Stücke entführen uns in ein farbensprühendes Märchenreich, in eine Welt der Freizügigkeit, des Glanzes und der Harmonie.“ Fasziniert lauscht so zum Beispiel in einem Tafelaufsatz als Szene aus „Tausendundeiner Nacht“ der Porzellan-Kalif Harun ar Raschid seiner Sherazade. Inspiriert von Shakespeares „Sommernachtstraum“ zeigt eine Plastik, die Elfenkönigin Titania, die ihren eselsköpfig verzauberten Zettel verliebt umgarnt.
     „Die Sujets sind - bewusst oder unbewusst - unpolitisch angelegt und stellen in deutlichem Gegensatz zur Realität gewissermaßen eine erlaubte Flucht aus dem sozialistischen Alltag dar“, so Ausstellungskurator Wilko Beckmann. In den Porzellanen von Heinz Werner und Peter Strang begegnet der Betrachter nicht nur den Helden orientalischer Märchen oder den Feen und Trollen Shakespeares, sondern etwa auch dem Lügenbaron Münchhausen, Waldnymphen und lüsternen Jägern, die ihnen nachstellen. Die Malereien vermitteln Leichtigkeit und Heiterkeit - ein besonders charakteristisches Merkmal der Arbeit Heinz Werners. Plastisch dargestellt wurden zum Beispiel die Figuren nach der Märchenparabel „Der Drache“ von Jewgeni Schwarz, dessen Bühnenfassung 1964 am Deutschen Theater in Ost-Berlin Premiere feierte.

 

Kaffeeservice Großer Ausschnitt mit Dekor Tausendundeine Nacht; Form: Ludwig Zepner, 1973; Dekor: Prof. Heinz Werner und Rudi Stolle, 1969; Ausformung: Meissen, 1977; Meissen Porzellan-Stiftung, Foto © Daniel Bahrmann


Großer Ausschnitt Die Formen des neuen DDR-Porzellans sind zwar noch durch den historischen Serviceklassiker „Neuer Ausschnitt“ aus den frühen Manufakturjahren um 1745 inspiriert, erhalten jedoch größere Proportionen, schwingende Konturen und gebogene Kanten. 1973 vollendeten die mittlerweile mit dem Kunstpreis der DDR geehrten Ludwig Zepner, Peter Strang und Heinz Werner die neue Form „Großer Ausschnitt“, deren Teller, Schalen und Platten auf der Grundform des Blütenkelches basieren.
ruwoi

 

Die Ausstellung „Märchenhaftes Meissen - Traumwelten der DDR“ kann bis zum 01. März 2020 besucht werden.
Hetjens-Museum
Deutsches Keramikmuseum
Schulstr. 4
40213 Düsseldorf
Tel. 0211 / 89 94210
Öffnungszeiten:
DI – SO 11 - 17 Uhr
MI 11 - 21 Uhr

 

 

 

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