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rheinische ART 08/2019

Archiv 2019

GELESEN

Napoleon – Ein Leben

 

Vor 250 Jahren, am 15. August 1769, wurde Napoleon, der spätere kleine, große Kaiser der Franzosen, geboren. Anlass genug, um sich an den faszinierenden und vielseitigen Korsen zu erinnern. Zumal im Rheinland, das ab 1794 für gut 20 Jahre unter Napoleons Herrschaft stand.

 

Bonaparte überquert den Großen St. Bernhard Kopie von Engelbert Willmes nach Jacques-Louis David, um 1810 Öl auf Leinwand Kölnisches Stadtmuseum © Rheinisches Bildarchiv Köln Foto © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

 

Von den zahlreichen Publikationen der letzten Monate sei auf Adam Zamoyskis Biografie über den berühmtesten Feldherrn und Herrscher in der Geschichte Europas verwiesen.

     „Was für ein Roman war mein Leben", hat Napoleon einmal gesagt. Der Sohn aus einer armen Familie wird mit 26 Jahren General, kaum zehn Jahre später ist er Herr über Europa. Monarchen zittern vor ihm, die Völker bejubeln ihn als Herold einer Zeitenwende. Doch der korsische Komet verglühte so rasch, wie er aufgestiegen ist.

 

Buchcover Foto © Verlag C.H.Beck München

 

Die napoleonische Ära: sie wird gedanklich verbunden mit dem Aufstieg eines kleinen Leutnants zum mächtigsten Mann der Welt, mit glanzvollen Präsentationen, Prachtentfaltung allerorten, „Code Civil“ und einheitlicher Rechtsprechung – aber auch mit unermesslichem Elend und Leid, Tod, Kriegstreiberei, Unterdrückung und menschenverachtendem Militarismus.

     Die schillernde Figur des Napoleon Bonaparte (1769-1821) bringt der einflussreiche deutsch-österreichische Schriftsteller und Politiker Friedrich von Gentz schon 1814 auf die Formel: „Die Quelle aller großen Irrtümer und folglich aller großen Leiden unserer Zeit war, dass man Napoleon entweder für einen Halbgott oder für ein Ungeheuer oder allenfalls für beides zugleich hielt.“

 

Der amerikanisch-polnische Historiker und Erzähler Adam Zamoyski, ausgestattet mit souveräner Sachkenntnis aufgrund seiner lebenslangen Beschäftigung mit der Napoleon-Thematik, entführt den Leser in eine Epoche, wie sie dramatischer nicht sein könnte.

     Er begreift Napoleon im Kontext der Aufklärung, schildert die Stationen dieses unglaublichen Lebens, illuminiert mit sicherer Hand Charaktere und Konstellationen. Aber zugleich versteht er es, den Leser zu unterhalten und die Geschichte mit Leben zu erfüllen.

     Sein „Napoleon – Ein Leben“, übrigens sein drittes Werk über den Politiker und Kriegsherrn, ist humor- wie prallvoll, mit – vielleicht ein wenig zu vielen – Anekdoten gespickt, gleichwohl ein überaus opulentes historisches Lesevergnügen voller Pointen und scharfsichtiger Beobachtungen. Wie keine andere historische Figur hat der Kaiser der Franzosen die europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts geprägt – sowohl im Positiven wie Negativen.

 

Napoleonisches Relikt im Rheinland: Historische Wasserkreuzung Epanchoir in Neuss, Nordkanalallee/ Ecke Selikumer Straße (mehr) Foto © rheinische ART 2019

 

Man könnte annehmen, über den Imperator, der die politische Landkarte Europas nachhaltig veränderte und die Modernisierung des Kontinents forcierte, sei alles bekannt und ausgiebig in Romanen und Dokumentationen beschrieben worden.

     Mag sein, es geht jedoch auch noch anders, wie diese Biografie verdeutlicht. Denn das Interessante an ihr ist, dass es sich hier zwar um ein monumentales, über 800 Seiten starkes Werk handelt, das gleichwohl in jedem Kapitel höchst Unterhaltsames bietet. Gut beraten ist dennoch jeder Leser, sich die großen historischen Zusammenhänge ins Gedächtnis zu rufen, denn die sind nicht immer deutlich. Alles in allem keine zahlenschwere Geschichtskost also, eher eine Art historische Kriminalgeschichte, was nicht jedem Rezensenten gefällt. Muss es auch nicht.

     Die Frankfurter Rundschau kommentierte treffend, dass das Herausragende an dieser umfangreichen wie fesselnd geschriebenen Napoleon-Sicht die Tatsache sei, dass der Verfasser die Persönlichkeit des Herrschers und „sein politisches Werk jenseits von jeglicher Anbetung oder Verteufelung sichtbar werden“ lasse. Der Kölner Stadtanzeiger sieht in jedem Kapitel „pure Unterhaltung“, für die Rheinische Post ist es „ein echtes Schwergewicht“ und „schöner Lesestoff“ und der SPIEGEL meint, es lohne sich, die Biographie zu lesen, „gerade in diesen Zeiten“.

 

Info-Center an der historischen Wasserkreuzung Epanchoir in Neuss Foto © rheinische ART 2019

 

Zur Erinnerung: Das Rheinland entstand als geschlossenes politisches Gebilde erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bis 1794 war es ein Flickenteppich aus Territorien und Fürstentümern. Im Herbst 1794 eroberte das revolutionäre Frankreich die linksrheinischen Gebiete. Ab 1797 begann der französische Generalkommissar mit der Bildung von Verwaltungsebenen nach französischem Vorbild, das heißt der Bildung von Départements, Arrondissements (Bezirke) und Munizipalitäten (Gemeinden).

     Napoleon, seit 1799 durch Staatsstreich Alleinherrscher in Frankreich, annektierte das linke Rheingebiet 1801, völkerrechtlich anerkannt durch den Frieden von Lunéville (09.02.1801) Der „Code Civil“, die französische Verfassung, wurde 1802 eingeführt. 1806 gründete Napoleon das Großherzogtum Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf.

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Die Bonner Bundeskunsthalle zeigte 2011 die große Ausstellung „Napoleon und Europa. Traum und Trauma“ (mehr). Die Idee, Napoleon angemessen zu gedenken, stieß nach Ansicht der seinerzeitigen Kuratorin Bénédicte Savoy auf ein gewisses Unbehagen – in Frankreich übrigens mehr als in anderen europäischen Ländern. Seit 1969 habe es in Paris keine großangelegte historische Ausstellung zum Empire mehr gegeben.

 

 Das Rheinland hat die historische Bedeutung der napoleonischen Herrschaft museal zwei Mal aufgegriffen. Neben der Bonner Schau zuvor 2007 im damaligen Weseler Preußenmuseum mit „Napoleon, Trikolore und Kaiseradler über Rhein und Weser“.

 

Literaturhinweis:
Adam Zamoyski, Napoleon – Ein Leben, aus dem Englischen übersetzt von Ruth Keen und Erhard Stölting, Verlag C.H.Beck. 863 Seiten, 39 Abbildungen und 28 Karten, ISBN 978-3-406-72496-1, München 2018. Preis 29,95 Euro

 

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