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rheinische ART 03/2022

Archiv 2022

MAX LIEBERMANN
Von Barbizon bis Noordwijk


In deutschen Museen ist er omnipräsent, bei Auktionen erreicht er Spitzenpreise. Derzeit präsentiert der Düsseldorfer Kunstpalast eine Seite von Max Liebermann, die bislang kaum Beachtung fand: die europäische Dimension des Berliner Impressionisten und seine internationale Vernetzung.

 

Max Liebermann Strandbild bei Noordwijk, 1911, Öl auf Leinwand, 65,3 x 71 cm, Privatsammlung. Bildquelle © Kunstpalast Düsseldorf 2022

 

Ein Blick auf Liebermanns Vita zeigt, dass sein Start ins Berufsleben alles andere als erfolgreich war.

     Der Industriellensohn jüdischen Bekenntnisses nahm in seiner Geburtsstadt das Studium der Chemie auf, wohl um seinem Vater zu gefallen. Aber die Sache mit den Reagenzgläsern, Formeln und Versuchen nahm er nicht wirklich ernst, seine Passion waren eher Farben. Im Berliner Tiergarten, so ist es verbürgt, malte der Talentierte, statt Vorlesungen zu hören. 1868 schließlich exmatrikulierte die Berliner Universität den 21-Jährigen wegen „Studienunfleiß“.

 

Max Liebermann Selbstbildnis mit Pinsel und Palette, 1913, Öl auf Leinwand, 89 × 72,3 cm, Foto: Horst Kolberg. Bildquelle © Kunstpalast, Düsseldorf 2022

 

Jean-François Millet Die Reisigträgerinnen, 1867, Pastell auf Papier, 73 x 92,5 cm, Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert. Bildquelle © Kunstpalast Düsseldorf 2022

 

Nach einem heftigen Vater-Sohn-Konflikt schickten ihn die Eltern an die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule in Weimar. Dort beeinflusste vor allem die Begegnung mit der Kunst von Rembrandt den jungen Adepten Liebermann nachhaltig.

     Zwei Jahre nach dem Ende des deutsch-französischen Kriegs 1870/1871, den er als Sanitäter in Metz erlebte, ging er nach Frankreich. Insbesondere zog es ihn zum damaligen Maler-Zentrum Barbizon.

     Die avantgardistische Künstlerkolonie, oft als Schule tituliert und gelegen im Waldgebiet von Fontainebleau rund 60 Kilometer südlich von Paris, war bereits seit gut drei Jahrzehnten ein Eldorado für Freiluftmaler (Pleinair).

     Man reiste mit der Bahn an, im Gepäck Staffelei und Farben in den neuen, patentierten und verschließbaren Zinntuben des amerikanischen Malers und Erfinders John Goffe Rand.

 

Liebermann begab sich im Sommer 1874 nach Barbizon und bewunderte die realistischen Darstellungen von Künstlern wie Jean-François Millet. Sein Stand als deutscher Künstler war allerdings so kurz nach dem Krieg nicht einfach, seine französischen Kollegen ignorierten ihn gelinde gesagt. Dennoch blieb der kosmopolitisch denkende Liebermann fünf Jahre im Land des „Erbfeindes“.

     Es war sein Weg zum Impressionismus, zu dessen Protagonist er in Deutschland werden sollte. Liebermanns Malerei war zunächst naturalistisch, schnörkellos und unprätentiös und kam nicht überall gut an. Landfrauen auf Äckern beim Klauben von Kartoffeln oder Gänserupfen waren eine künstlerische Provokation. Liebermann galt als „Schmutzmaler“ und „Apostel der Hässlichkeit“ (mehr).

     Sein zentrales Frühwerk „Kartoffelernte“ von 1875 sowie das spätere Gemälde „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ trugen ihm harsche antisemitische Beschimpfungen in der Presse ein. Das blieb über Jahre so. Als er 1883 auf der Kunstausstellung „Pariser Salon“ sein großformatiges Ölbild "Die Rasenbleiche" (1882) präsentierte, hagelte es verheerende Kommentare. Liebermann passte sich an und übermalte Teile des Werkes und änderte das Format. Zu sehen war das erst jüngst mittels Röntgenaufnahmen, die das Kölner Wallraf-Richartz-Museum in einer Schau mit hauseigenen Forschungsergebnissen belegte (mehr).

 

Max Liebermann Polospieler im Jenischs Park, 1903, Öl auf Leinwand, 71 x 102 cm, Privatsammlung, Foto: Martin Adam. Bildquelle © Kunstpalast, Düsseldorf 2022


Den konfliktreichen Lebensweg des Malers Liebermann zu dem angesehenen und gefeierten Künstler, wie er heute weltweit bekannt ist und ausgestellt wird, zeichnet die große und sehenswerte Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf in neun Kapiteln nach. Unter dem Titel „Ich. Max Liebermann - Ein europäischer Künstler" werden rund 120 Gemälde gezeigt – neben Werken des deutschen Impressionisten auch Gemälde von Künstlern, die ihn beeinflusst haben. Dies waren der genannte Jean-François Millet, die niederländischen Vorbilder Rembrandt van Rijn und Frans Hals sowie Zeitgenossen wie Claude Monet und Vincent van Gogh.
     Als der 87-jährige Liebermann am 8. Februar 1935 in Berlin verstarb, war er allerding nicht mehr in der deutschen Öffentlichkeit präsent. Die Nationalsozialisten waren an der Macht und hatten den ehemaligen Präsidenten der Künstlergruppe „Berliner Secession“ und späteren Leiter der Preußischen Akademie der Künste verdrängt. Der Tod des bedeutenden deutschen Impressionisten und Wegbereiters der Moderne in Deutschland war dem NS-Staat keine Nachricht wert.

 

Max Liebermann Schweinemarkt in Haarlem (2. Fassung), 1894, Öl auf Leinwand, 113,5 x 151,5 cm, Hessisches Landesmuseum Darmstadt. Foto: Wolfgang Fuhrmannek, Bildquelle © Kunstpalast, Düsseldorf 2022

 

Max Liebermann Badende Knaben, 1900, Öl auf Leinwand,113 x 152 cm, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Reproduktion Michael Setzpfand, Berlin. Bildquelle © Kunstpalast, Düsseldorf 2022

 

Im Übrigen spielte Düsseldorf im Leben von Max Liebermann eine markante Rolle. „Ein Besuch in Düsseldorf Anfang der 1870er Jahre wird zum Wendepunkt für Liebermanns künstlerische Karriere“, resümierte Maria Zinser, Co-Kuratorin der Kunstpalast-Ausstellung. „Die Malerei des damals umjubelten ungarisch-stämmigen Künstlers Mihály Munkácsy, die er dort kennenlernt, inspirierte ihn zu einem Werk, mit dem ihm wenig später der Durchbruch gelingt.“

     Gesehen hatte er Munkácsys „Die Charpiezupferinnen“, das Frauen beim Rupfen des damals üblichen Wundverbandsmaterial aus Baumwoll- und Leinenfasern zeigte. Liebermann malte daraufhin in Weimar sein erstes großes Gemälde, die „Gänserupferinnen“. Wegen dunkler Farbtöne und unschönen Figuren erregte das Werk großes Aufsehen.

 

1871 unternahm Liebermann von Düsseldorf aus seine erste Reise in die Niederlande und besuchte Amsterdam und Scheveningen, finanziert von seinem Bruder Georg.

     Er blieb dem Land sein Leben lang verbunden. Es folgten monatelange Aufenthalte in Zandvoort und Haarlem, wo er sich den Gemälden von Frans Hals widmete, später arbeitete er in Orten wie Dongen, Laren bei Hilversum, Noordwijk und Zweeloo. Er nutzte, wie es gelegentlich heißt, die Niederlande als sein eigenes Barbizon. Sie wurden ihm sozusagen zur "Malheimat".

     Max Liebermann stellte in jenen niederländisch geprägten Phasen vor allem einfache Menschen bei der Arbeit dar. Bauern und Handwerker, Weber, Näherinnen und Schuster sowie den Alltag in Waisen- und Altmännerhäusern. Später schuf er seine berühmten Strand- und Badegemälde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wandte er sich den populär werdenden bildlichen Darstellungen von Sportszenen etwa mit Reiterm zu.
cpw


Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt. 


Die Ausstellung „Ich. Max Liebermann – Ein europäischer Künstler“ kann bis zum 8. Mai 2022 besucht werden.
KUNSTPALAST
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Tel. 0211 / 56642100
Öffnungszeiten
DI, MI, FR – SO 11 – 18 Uhr
DO 11 – 21 Uhr

 

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