Archiv 2022
GERHARD RICHTER
Gemalte Illusion
Der Maler Gerhard Richter wird 90 Jahre alt! Der Künstler geht heute noch seiner Berufung nach. Wer also sein Œuvre betrachtet, muss in sehr vielen Dekaden denken.
Gerhard Richter Krieg (Abstrakt Nr. 484) , 1981, Museum Ludwig, Köln © Gerhard Richter, 484, Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln |
Doch Gerhard Richter, am 9. Februar 1932 in Dresden geboren, macht es dem Interessierten leicht, denn er selbst markiert den Startpunkt seiner künstlerischen Karriere mit dem Gemälde „Tisch“ von 1963, das er als erste Arbeit in sein Werkverzeichnis aufnimmt.
Somit sind es 60 Jahre eines aktiven Künstlerlebens, die es zu beachten gilt. Superlativen inbegriffen. Im Rheinland sind es zwei Ausstellungen, die ihn zu seinem runden Geburtstag ehren.
Da ist zum einen die Präsentation seines Zyklus „Birkenau“ im k21 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Dem Werk liegen vier Fotografien zugrunde, die von Häftlingen des KZ Auschwitz-Birkenau heimlich und unter Lebensgefahr aufgenommen wurden. In seinem Schaffen hat sich Richter wiederholt mit dem Thema Holocaust und der (Nicht-)Darstellbarkeit der Verbrechen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Erst in seinem „Birkenau“-Zyklus 2014 fand der Künstler, wie das Haus berichtet, einen Umgang mit und eine Form für das Thema.
Gerhard Richter Birkenau-Zyklus, Zeichnungen, Übermalte Fotos | Gerhard Richter: Zyklus „Birkenau“ (2014) © Gerhard Richter 2021, Installationsansicht K21, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 2021, Foto: Achim Kukulies |
Richter selbst hatte sich für das Zustandekommen der Schau eingesetzt und die Direktorin der Kunstsammlung NRW, Susanne Gaensheimer, kontaktiert. „Es freut mich sehr, wieder einmal in Düsseldorf auszustellen, und besonders die Birkenau-Bilder. Außerdem sind diese 22 Jahre, die ich in Düsseldorf lebte, eine sehr wichtige Zeit für mich - eine Zeit, in der sich alles entwickelt hat“, so der Künstler über diese Ausstellung.
Mindestens eines der Fotos, so informiert das ausstellende Haus, kannte Richter seit dem Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Er begann jedoch erst nach seiner Flucht in den Westen 1961, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen, visuelle Zeugnisse zu sammeln und diese als Vorlagen für seine Malerei zu verwenden. Erste Versuche führten allerdings zu keiner für ihn befriedigenden Lösung. Anfang der 1960er Jahre entstandene Bilder wie „Erschießung“ und „Tagebu(ch)“ zerstörte er.
Gerhard Richter Ema (Akt auf einer Treppe), 1966, Museum Ludwig, Köln, © Gerhard Richter, 134, Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln |
Das Museum, das Gerhard Richter selbst einmal scherzhaft als sein „Heimatmuseum“ bezeichnete, beherbergt einige der bedeutendsten Werke des Künstlers. Immer wieder erweiterte es seinen Bestand. Richters Gemälde „Ema (Akt auf einer Treppe)“ von 1966 und „Fünf Türen“ von 1967 gehörten zur Gründungsschenkung des Sammlerehepaares Peter und Irene Ludwig an das Museum 1976.
Während „Ema (Akt auf einer Treppe)“, das erste farbige sogenannte Fotobild in Richters Œuvre, eine großformatige, verschwommene Abmalung der Fotografie eines privaten Sujets (seiner ersten Frau!) bildet, gehören die „Fünf Türen“ zur Gruppe seiner »Konstruktionen«.
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Gerhard Richter 11 Scheiben, 2003, Museum Ludwig, Köln, © Gerhard Richter, 886-2, Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln |
Wie sehr sich solche verstörenden, die eigene Wahrnehmung und den künstlerischen Illusionismus hinterfragenden Elemente durch Richters gesamtes Schaffen ziehen, zeigen nicht zuletzt auch die „Neun Objekte“ von 1969, Offsetdrucke nach Fotografien, die Richter von selbst gebauten Holzobjekten gemacht hatte. Die damals professionell nach Angaben des Künstlers irritierend retuschierten Aufnahmen verbildlichen Richters Auseinandersetzung mit Illusion und Wirklichkeit. So notierte er: „Illusion — besser Anschein, Schein ist mein Lebensthema.“
rART/ruwoi
Die Ausstellung „Gerhard Richter Birkenau-Zyklus“ ist bis zum 24.04.2022 zu sehen.
K21 Ständehaus Kunstsammlung NRW
Ständehausstraße 1
40217 Düsseldorf
Tel. 0211 / 83 81-204
DI-FR 10-18 Uhr
SA-SO 11-18 Uhr
Die Ausstellung „Das Museum Ludwig gratuliert Gerhard Richter mit einer Sammlungspräsentation zum 90. Geburtstag“ ist bis zum 01.05.2022 zu sehen.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 26165
Öffnungszeiten
DI-SO 10-18 Uhr
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