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rheinische ART 01/2023

Archiv 2022

SUSANNA
Ein MeToo-Fall im Museum

 

Ziemlich genau vor fünf Jahren entstand im Rahmen des Weinstein-Skandals die MeToo-Debatte über männliche Gewalt, befördert durch Macht, Einfluss und Prominenz. Jetzt ist mit "Susanna im Bade" ein historischer Fall im Museum angelangt.

 

Massimo Stanzione Susanna und die beiden Alten, um 1630/35, 151,9 x 203,6 cm, Öl auf Leinwand, Städel Museum, Frankfurt am Main. Bildquelle © Wallraf-Richartz-Museum

 

Kennen Sie den ältesten Kriminalfall der Geschichte? Es ist die alttestamentarische Erzählung von der Nötigung der Susanna durch zwei alte Männer, die ihr im Bade auflauern und sie bedrängen. Die Story übt schon seit der Spätantike großen Einfluss auf die Kunst aus. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt, nach eigener Einschätzung, in einer Sonderausstellung die weltweit erste „Ausstellung zur biblischen Susanna“ vor dem Hintergrund der MeToo-Bewegung.

 

Anonymer Schreiber um 200 n. Chr.. Älteste existierende Schriftfassung der Susanna-Geschichte, Fragment des griechischsprachigen Kodex P 967 Rahlfs, Papyrus mit Tinte beschrieben, 178 x 126 mm (P.Theol. 37), Institut für Altertumskunde, Papyrussammlung, Köln. Bildquelle © Wallraf-Richartz-Museum

 

Den Auftakt zur Schau bildet die älteste noch existierende schriftliche Überlieferung der Erzählung aus dem Buch Daniel: Die gezeigten drei Papyrus-Fragmente stammen aus der Zeit um circa 200 n. Chr. Sie erzählen vom Machtmissbrauch und der sexuellen Nötigung der jungen Susanna durch die zwei Ältesten, die von ihrer Stellung her hoch angesehene Richter waren.

     In der Einheitsübersetzung der Bibel heißt es: „Wir sind voll Begierde nach dir: Sei uns zu Willen und gib dich uns hin! Weigerst du dich, dann bezeugen wir gegen dich, dass ein junger Mann bei dir war.“ (Buch Daniel 13,20 f.). Susanna weigert sich trotz dieser Drohung, wird angeklagt und wegen angeblichen Ehebruchs zum Tode verurteilt.

     Doch der Prophet Daniel kann die gedemütigte Frau retten, indem er die Ältesten getrennt voneinander als Zeugen befragt. Die beiden verwickeln sich in Widersprüche, womit die Unschuld der Susanna bewiesen ist. Die wahren Täter werden verurteilt und hingerichtet.

 

Hendrick Goltzius Susanna und die Alten, 1607, Öl auf Holz, 67 x 94 cm
Musée de la Chatreuse, Douai, Foto: Béatrice Hatala. Bildquelle © Wallraf-Richartz-Museum


Die Erzählung ist nicht nur eine der ältesten Kriminalgeschichten der Welt, sondern die schonungslose Schilderung einer mit brutalen Machtmitteln, psychischem Druck und Erpressung versuchten sexuellen Nötigung.

     Wie Künstler aus sieben Jahrhunderten diese Bibelgeschichte verarbeiteten, zeigt die Ausstellung mit dem Titel SUSANNA – Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo. Ausgestellt sind über 90 hochklassige Werke unter anderen von Artemisia Gentileschi, Anthonis van Dyck, Rembrandt, Eugène Delacroix, Édouard Manet und Lovis Corinth sowie Arbeiten von zeitgenössischen Künstlerinnen wie Kathleen Gilje, Heike Gallmeier und Zoe Leonard.

 

Francesco Hayez Susanna im Bade, 1850, Öl auf Leinwand, 138 x 122 cm, National Gallery, Leihgabe aus Privatbesitz, London. Bildquelle © Wallraf-Richartz-Museum

 

Vincenc Beneš Die badende Susanna, 137,5 x 84,4cm, Öl auf Leinwand, Nationalgalerie Prag. Bildquelle © Wallraf-Richartz-Museum

 

Auf beeindruckende Weise zeichnet die Ausstellung die unterschiedlichen Deutungen der Erzählung, die sich wandelnde Nachfrage am Kunstmarkt sowie den Wettstreit und die künstlerischen Diskurse nach, die sich am Susannen-Motiv im Laufe der Jahrhunderte entzündeten.

     Es ist keine rein üppige Körperschau, die den Besucher erwartet, wenn auch die vielfältigen Badeszenen den Verdacht aufkommen lassen könnten.

     Die Susannen-Darstellungen aus Malerei, Grafik und Kunsthandwerk werden nicht nur zusammengebracht, sondern im Licht unserer heutigen MeToo-Debatten miteinander konfrontiert und verglichen. 

     Die Kuratoren stellen die Fragen:

• Welche Geschlechterrollen spiegeln sich in den jeweiligen Exponaten wider?

• Wie zeigen sich dahinter liegende religiöse, politische und soziale Vorstellungen?

• Welche Vorurteile spielen eine Rolle?

 

Spannender Nebenschauplatz in einem eigenen Kabinett: „Hitchcocks Susanna“. Es ist ein interessanter Blick auf den Regisseur Alfred Hitchcock und seinen Filmthriller „Psycho“ von 1960.

     Der Voyeur und Mörder Norman Bates, gespielt von Anthony Perkins, hat sein heimliches Guckloch mit Blick auf das Mordopfer Marion Crane (Janet Leigh) mit dem Gemälde „Susanna und die Alten“ von Willem van Mieris aus dem Jahr 1731 verdeckt. Raffiniert! Typisch Hitchcock. Und eine bravouröse Kuratorenidee.
rART/K2M

 

Die Ausstellung SUSANNA Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo kann bis zum 26. Februar 2023 besucht werden.
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten 40 (Am Kölner Rathaus)
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 211 19
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
1. und 3. DO bis 10 – 22 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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