rheinische ART
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rheinische ART 12/2012

Archiv 2012

THEATERMUSEUM DÜSSELDORF
Bühnenkunst: das immaterielle Kulturerbe


Im rheinischen Kulturspektrum nimmt das Theater seit jeher einen herausragenden Platz ein. Unvergessliche, klangvolle Namen von Schauspielern, Regisseuren und Intendanten und sensationelle, legendäre Inszenierungen sind mit ihm verbunden. 

 

Theatermuseum Düsseldorf im Hofgärtnerhaus. Das zerstörte Gebäude wurde 1802 nach ursprünglichen Plänen des französischen Baumeisters Nicolas de Pigage, von dem auch Schloß Benrath stammt, neu errichtet. Das Theatermuseum zog 1988 ein. Foto © Theatermuseum Düsseldorf/Stadt Düsseldorf

 

Hauptschauplatz dieser Kunst: Düsseldorf. Die Theatertradition der heutigen Landeshauptstadt ist keine lokale oder regionale Tradition, vielmehr weist sie bemerkenswerte Phasen auf, die nationale und internationale Bedeutung haben. Es sei hier an das Wirken großer Theaterprinzipale und Intendanten wie Louise Dumont, Gustav Lindemann, Gustaf Gründgens, Karl Leberecht Immermann oder Karl Heinz Stroux erinnert. 

 

 

Louise Dumont (1862-1932), geborene Louise Maria Hubertine Heynen, war wichtige Theaterreformerin des 20. Jahrhunderts. Ihr Künstlername ist der Geburtsname ihrer Mutter. Die Bühnenlaufbahn der Kölnerin begann 1882 in Berlin. 1903 lernte sie den Schauspieler und Regisseur Gustav Lindemann kennen, mit dem sie ein Jahr später die "Schauspielhaus Düsseldorf GmbH" gründete. Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Glanz und Ruhm Die großen Bühnenepochen in Düsseldorf reichten etwa von der Kurfürstlichen Oper im 17. Jahrhundert bis aktuell zum Schauspielhaus und zur Deutschen Oper am Rhein. Eine Erinnerung an diesen Glanz und Ruhm bewahrt als eine besondere Institution der Kulturinfrastruktur das Düsseldorfer Theatermuseum. Es dokumentiert und hält lebendig, was an künstlerischen Qualitäten nicht nur in den großen rheinischen Bühnenpalästen, sondern auch in der Theater- und Orchesterprovinz (mehr) geboten wurde und wird.

     In diesem Kontext bekommt ein Theatermuseum, und davon gibt es bundesweit nur wenige, seine Funktion und Bedeutung. Es dokumentiert deutsche und internationale Theaterentwicklungen über Epochen hinweg, bewahrt die Erinnerung an Bühnen-Leistungen, im Düsseldorfer Fall insbesondere der städtischen Theater wie auch der des Landes Nordrhein-Westfalen insgesamt, und präsentiert sie angemessen (mehr).

     Aktuell rückt das Museum mit der Wanderausstellung "Schauplätze - Theater in der Stadt. 1585 bis heute"  die Jahrhunderte Düsseldorfer Theater-Baugeschichte ins Blickfeld. Keine Spielstätte, so die Kuratoren, steht nämlich zufällig dort, wo sie steht: Standorte und Architektur der Theater sind typisch für unterschiedliche Epochen und ihrer Entwicklung.

 

Gustaf Gründgens (1899-1963) Schauspieler, Regisseur und Intendant aus Düsseldorf, als Mephisto und Elisabeth Flickenschildt, die "Grande Dame" des deutschen Sprechtheaters, als Martha in Faust (1959).  Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

An Rhein und Ruhr bilden derzeit etwa 130 Theaterinstitutionen und über 700 Theatergruppen eine überaus kreative und lebendige Szene. Ein Phänomen? Nirgendwo sind die Opern- und Schauspielhäuser dichter gestaffelt als in Deutschland. Dies hat immer wieder, und das ist die Kehrseite der Medaille, zu Diskussionen um Sparen und Theaterkahlschlag geführt. Auch die heutige Situation ist keine Ausnahme.

     Auch wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters das Theater als stabilste „Kulturinstitutionen in unserer Kulturnation Deutschland“ feiert, die Häuser haben es nicht leicht. Ohne Zweifel: die deutsche Theaterlandschaft - zumindest in der Fläche - leidet. Sie leidet unter oft dürftigen Arbeitsbedingungen, Ensembles werden verkleinert oder müssen fusionieren, wie etwa das Beispiel Wuppertal zeigt. Einzelne Sparten wie Ballett, Musik- oder Puppentheater werden von finanzschwachen Kommunen zwangsweise geschlossen.

   

Charles Wilp Werbeplakat  Komm ins Theater! Für den Spielzeitauftakt 1970/1971 holte der Fotograf und Werbeexperte das Ensemble des Düsseldorfer Schauspiels ins Parkett. Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Erwin W. Zimmer Kostümentwurf zur Oper ‚Simplicius Simplicissimus’ von Karl Amadeus Hartmann, Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier, 7.1.1990, Gouache, 50 x 70 cm Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Medium Theater Die Dokumentation von Theaterarbeit ist daher notwendig, aber auch schwierig. Unterliegt doch das Medium Theater im Gegensatz zu anderen Künsten ganz besonderen Bedingungen.

     Bühnenkunst ist die vergänglichste aller Kunstformen. Eine „flüchtige Kunst“ - oder wie es der Direktor des Instituts, Winrich Meiszies, formulierte: „Theater ist ein ´transitorisches´ Medium, das Medium des Hier und Jetzt. Im Augenblick seiner Entstehung vergeht es auch wieder.“

     Weitere Spezifika: Theater ist weniger eine Solokunst als vielmehr eine Leistung im Ensemble, mit vielen Persönlichkeiten, was die Bewertung einzelner Akteure oft erschwert. Und ihr Wirkungsort heißt Bühne! Nicht Atelier wie beim Maler oder Schreibzimmer wie beim Schriftsteller. Somit fehlt der Blick ins Private, in den Lebensraum der Darsteller, und Rückschlüsse auf ihre Arbeit lassen sich aus diesem intimen Umfeld nicht gewinnen.


Alles Theater
Heute besteht kein Zweifel mehr: Bühnenprofis wie Theaterfreunde profitieren vom Archivieren und fachgerechten Erschließen und Vermitteln von Theatralia. So werden in Düsseldorf zum Beispiel Bühnenbild- und Kostümentwürfe gesammelt, auch freie Arbeiten mit Bezug zum Theater. Andere Arbeitsbereiche sind der Nachlass des Schauspielhauses Düsseldorf und eine Vielzahl von Vor- und Nachlässen einzelner Bühnenkünstler.

     Und damit wird dieses Museum zu einem Gedächtnis der Bühnenkunst. Es trägt die Verantwortung dafür, dass die künstlerischen Leistungen des Theaters als „immaterielles Kulturerbe“ dokumentiert und überliefert werden, wie es die Unesco-Kommission für kulturelle Fragen fordert.

 

Louise Dumont und Gustav Lindemann in ihrem Hochzeitsjahr 1907 Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Gustaf Gründgens 1947 auf der Baustelle des Düsseldorfer Opernhauses. Gründgens war von 1947 bis 1951 Generalintendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf, danach bis 1955 Geschäftsführer des Düsseldorfer Schauspielhauses.  Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Aus deutscher Sicht ist übrigens die heimische Theaterlandschaft längst für einen Unesco-Titel als Kulturerbe fällig. Derartige Bewertungen sind nicht selbstverständlich. Es ist kaum zwanzig Jahre her, da spielten Düsseldorfer Kulturverantwortliche noch mit dem Gedanken, Teile dieses einzigartigen Gedächtnisses, des Theatermuseums also, zu schließen. Heute, so bedauerlich dies auch ist, wird erneut über die Zukunft dieser Institution nachgedacht.

     Das Museum als Gedächtnis der Theaterkultur wird sich alsbald verändern, das ist sicher. In welcher Form es im Kulturetat der Stadt Düsseldorf noch auftauchen wird, bleibt abzuwarten.

 

Dumont-Lindemann-Archiv  Das heutige Spezialmuseum wurde 1947 als erstes neues Kulturinstitut der Stadt unter dem Namen Dumont-Lindemann-Archiv gegründet.

     Es geht auf das ursprünglich private Archiv des Schauspielhauses Düsseldorf zurück, das von 1904 bis 1932 von Louise Dumont und ihrem Ehemann Gustav Lindemann betrieben wurde. Der Tod Louise Dumonts 1932 und das Arbeitsverbot für Lindemann wegen seiner jüdischen Herkunft beendeten ab 1933 die Dumont/Lindemann-Theaterära. Lindemann überlebte das NS-Regime mit Hilfe von Freuden, unter anderen auch Gustaf Gründgens, in Oberbayern. Das Archiv überstand die Kriegszeit weitgehend unbeschadet.

 

Schauspielhaus Düsseldorf  1904 gründeten Dumont und Lindemann mit 600.000 Mark Startkapital die "Deutsche Schauspielhaus GmbH". Am 28. Oktober 1905 wurde das private, hochmoderne Gebäude an der Kasernenstraße mit  Hebbels Drama "Judith" eröffnet. Das Haus hatte 950 Zuschauerplätze und beherbergte mit der "Theaterakademie" auch eine Schauspielschule. Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Um die Erinnerung an diese Zeit wach zu halten, hatte Gustav Lindemann (1872-1960) das Archiv 1947 der Stadt gestiftet. In den Folgejahren wurde die der Düsseldorfer Theaterhistorie verpflichtete Sammlung erweitert. 1981 benannte die Stadt das Archiv um in „Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf“. Es ist heute die einzige selbständige Institution in Deutschland für die Dokumentation der darstellenden Künste in kommunaler Trägerschaft, es besteht aus Archiv, Museum und Bibliothek.

 

Theatermuseum Düsseldorf Eigene und fremde Forschungsergebnisse werden in Dauer- und Wechselausstellungen präsentiert und in der hauseigenen Reihe „Dokumente zur Theatergeschichte“ aufbereitet . Foto © Theatermuseum Düsseldorf

 

Kom(m)ödchen  Seit 2010 gehört das Produktionsarchiv der Kabarettbühne zum festen Bestand des Theatermuseums. Es enthält Fotos, Programmtexte und -hefte, Kritiken, Plakate und Korrespondenz aus 50 Jahren. Foto ©rART

 

Neuere Entwicklung Seit 1988 realisiert das Haus ein umfangreiches Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm im Hofgärtnerhaus, in Sichtweite der beiden Düsseldorfer Theater, dem Schauspiel- und dem Opernhaus. Die Nähe ermöglicht es dem Museum, den direkten Kontakt permanent aufrecht zu erhalten und auf Spielpläne zu reagieren.

     Seit 2001 bespielt das Museum mit der „Studiobühne im Theatermuseum“ (SiT) auch einen eigenen Theaterbetrieb. "Das Medium Theater kann man nur reflektieren, wenn man die Geschichte mit Seherfahrungen vergleicht", so Meiszies, der seine Studiobühne dahingehend verstanden wissen will. Mit „Parkparaden“, Lesungen und Führungen im Hofgarten - übrigens einer der seltenen theaterhistorischen Skulpturenparks - bietet das Museum ungewöhnliche Veranstaltungen in einem ebenso ungewöhnlichen Ambiente.
      Unter dem Titel „SchauPlätze - Theater in der Stadt“ gibt eine Dauerausstellung einen Überblick über deutsche Theatergeschichte am Beispiel Düsseldorfs. In Archiv und Bibliothek werden die theaterhistorischen Materialien gesammelt und der Forschung zugänglich gemacht. 

 

Die aktuelle Ausstellung "Schauplätze - Theater in der Stadt 1585 bis heute" ist eine Zeitreise von den frühesten Orten höfischen Theaters im 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Sie ist bis zum 11. Juni im "Central" am Hauptbahnhof zu sehen. Danach wird sie innerhalb Düsseldorfs an verschiedenen theater- und stadtgeschichtlich bedeutenden Lokalitäten gezeigt.

 

Das Archiv des Düsseldorfer Theatermuseums umfasst 250.000 Fotos, 1.200 Theaterplakate, 36.000 Theaterzettel, 19.000 Programmhefte, rund 500 audiovisuelle Bild- und Tonträger, eine Handschriftensammlung mit 160.000 Objekten, die Pressesammlung zählt 350.000 Veröffentlichungen. Ferner dienen 120 Bühnenbild- und Projektionsmodelle, 150 Bühnenkostüme, 2.300 Bühnenbild- und Kostümentwürfe, 30 Marionetten, 40 spielfertige Papiertheater und 1.200 Papiertheaterbögen Forschungszwecken. Die Bibliothek enthält 25.000 Monographien und Periodika.


K2M/bra


Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf

Jägerhofstr. 1
40479 Düsseldorf

Tel. 0211 / 899 61 30

Öffnungszeiten

DI – SO 13 – 20.30 Uhr

 

 

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