rheinische ART
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rheinische ART 01/2012


ARCHIV 2012

Rheinischer Auftakt der Friedrich-Feiern in Ratingen

 

 

Vivat Fridericus Magnus ...

 

 

Mythos und Legende: Friedrich der Große, auch der Alte Fritz genannt, im Alter von 69 Jahren
(Gemälde von Anton Graff, 1781).

Quelle: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Potsdam

 


jubelte das Volk im Dezember 1745 beim Einzug des Herrschers in Berlin, nachdem er den zweiten, ebenfalls von ihm begonnenen Schlesischen Krieg gegen die Habsburger Großmacht gewonnen hatte. Zum Gedenken an den 300. Geburtstag Friedrichs II. von Preußen, genannt der Große, finden zentrale Ausstellungen in Berlin und Potsdam statt. Im Rheinland bildet die Sonderschau „Preußens König und Schlesien“ den Auftakt des Jubiläumsjahres. Die Schau im Oberschlesischen Landesmuseum (OSLM) in Ratingen widmet sich den drei Schlesischen Kriegen Preußens unter Friedrich II.

 

 

Friedrich II. (1712-1786) ist ohne Zweifel eine der interessantesten Persönlichkeiten der preußisch-deutschen Geschichte. Die Urteile der Mit- und Nachwelt über diesen schillernden Regenten, der sich selbst als „erster Diener des Staates“ sah, fielen und fallen kontrovers aus. Den meisten Zeitgenossen war der kultivierte wie skrupellose, autoritäre wie tolerante Preußenherrscher, schon zu Lebzeiten ein Rätsel.

 

Philosoph und Kriegstreiber

 

Im Zweiten Schlesischen Krieg: Schlacht bei Hohenfriedeberg am 4. Juni 1745. Angriff des preußischen Grenadiergardebataillons. Nach einem Historiengemälde von Carl Röchling (1855-1920). Zeitgenössischer Volksreim über Preußens Feinde: „Und kommt der große Friedrich, und klopft nur auf die Hosen, dann läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen“

Keine Frage: Architektur, Musik, Dichtung, Literatur und Kunst - also schlichtweg die Kultur - stets gefördert vom schöngeistigen, philosophierenden und frankophonen Monarchen, bestimmen als wesentliche Elemente die Erinnerung an seine Herrscherjahre. Aber Militär, Kriege, Machtgier und Menschenverachtung bilden die andere Seite der Medaille. Eine zentrale Rolle nehmen die Kriege um das reiche Schlesien ein. Die Ratinger Ausstellung bietet einen geschlossenen und hochinteressanten Blick auf jene Phase Preußens, die seine Folgejahre und die Europas entscheidend bestimmten. Als Friedrich II. 1740 den Thron bestieg, gehörte das Herzogtum Schlesien zum Vielvölkerstaat des österreichischen Hauses Habsburg. Noch im Jahr seiner Krönung zum König in Preußen machte der junge Regent erstmals Erbansprüche militärisch geltend. Im zwei Jahre währenden Ersten Schlesischen Krieg (1740-1742) eroberte der Preuße - ohne Kriegserklärung - die prosperierende Region im Süden seines Territoriums. Im Zweiten Schlesischen Krieg (1744-1745) verstand er es, die erbeuteten Gebiete zu behaupten.

 

Durch Krieg zur Großmacht

 

Im Dritten Schlesischen Krieg: Die legendäre Schlacht von Zorndorf am 25. August 1758. Friedrich der Große führt mit der Fahne des Infanterieregiments Nr. 46 (von Bülow) seine fliehenden Soldaten wieder an den Feind. Nach einem Historiengemälde von Carl Röchling (1855-1920)
 

 

Mit einem Militäreinfall in Sachsen brach der nunmehr als „Friedrich der Große“ gefeierte Machtmensch 1756 den Dritten Schlesischen Krieg vom Zaun. Der besonders grauenvolle und zermürbende Waffengang ging als „Siebenjähriger Krieg“ in die Geschichtsbücher ein. Friedrich II. war mit diesem Krieg in die Machtkämpfe Englands und Frankreichs um die Vorherrschaft in Nordamerika verstrickt, und damit in eine Art frühen Weltkrieg. Das Gemetzel endete 1763 mit dem „Erschöpfungsfrieden“ von Hubertusburg, der größte Teil Schlesiens wurde darin vertraglich Preußen zugesprochen.

Im Dritten Schlesischen Krieg: Friedrich der Große vor der Schlacht von Torgau am 3. November 1760. Es war die letzte große Konfrontation im Siebenjährigen Krieg. Historienbild von Christian Bernhard Rode (1791), Standort Bode Museum Berlin

   Friedrichs Reich war allerdings, so wie die Provinz Schlesien, ruiniert, der 51-jährige Feldherr körperlich selbst auch. Preußen als territorialer Flickenteppich, vom Niederrhein um Kleve/Wesel über Brandenburg, Berlin, Stettin bis nach Memel reichend, vergrößerte sich durch die Gebietsgewinne kolossal. Es wurde die fünfte europäische Großmacht - und wahrte diesen Status bis zur formellen Auflösung im Jahre 1947. Der Herrscher aus dem Hause Hohenzollern regierte noch fast ein Vierteljahrhundert. Er reformierte und modernisierte seine Ländereien, auf dass ein jeder darin religiös gesehen „nach seiner Façon selig“ werden sollte. Friedrich einverleibte sich im Zuge der ersten polnischen Teilung auch noch Westpreußen und wandelte sich 1772 vom König in Preußen zum „König von Preußen“.

 

Wesel, Kleve und Moyland

 

Friedrich und die Pressefreiheit

Die ambivalente Natur des Preußenkönigs wird auch in Sachen Presse deutlich. Am 5. Juni 1740 erließ er Order, dass dem „hiesigen Berlinischen Zeitungsschreiber eine unbeschränkte Freiheit gelassen (werde) zu schreiben, was er will, ohne das solches zensiert werden soll“.
   Preußenfeindliche Blätter hatten es da schon schwerer. Dies bekam einer der bedeutendsten Journalisten des 18. Jahrhunderts, der Kölner Historiker und Publizist Jean Ignace Roderique (1696-1756) hautnah zu spüren. Seine katholische Zeitung „Gazette de Cologne“ vertrat während der Schlesischen Kriege publizistisch konsequent die österreichische Seite.
   Der König sah in dem rheinischen Blatt ein Machwerk mit fragwürdigen Nachrichten und forderte die Einstellung. Ein von Friedrich II. beauftragter Schlägertrupp verprügelte Roderique im April 1741 auf offener Straße im erzbischöflichen Köln. Die Gazette blieb jedoch stets ihrer Linie treu und in Konfrontation zu Preußen.

Friedrich war mehrfach in den preußischen Besitzungen am Niederrhein. Markantes Datum ist zunächst das Jahr 1730. Der 18-jährige Kronprinz wird nach einem gescheiterten Fluchtversuch nach England in der Festung Wesel festgehalten und von seinem Vater verhört. Zehn Jahre später, im September 1740, kommt es auf dem niederrheinischen Wasserschloss Moyland, einer preußischen Staatsdomäne und bevorzugter Landsitz der Königsfamilie, zu der ersten Begegnung zwischen ihm und dem französischen Philosophen und Schriftsteller Voltaire. Moyland und die Klever Schwanenburg spielen in den Folgejahren eine wichtige Rolle für Voltaire. Der literarische Superstar seiner Zeit verfolgte jahrelang die auch vom Preußenkönig gestützte Idee, in Kleve oder auf Schloss Moyland eine Philosophen-Kolonie zu gründen. Die Pläne für diese revolutionäre Akademie, einer „Wahrheitsmanufaktur“, gab Voltaire allerdings 1769 mangels Interesse renommierter Philosophen auf.

Claus P. Woitschützke


Die Ausstellung "300xFriedrich. Preußens König und Schlesien" ist vom 29. Januar bis zum 16. September 2012 zu sehen.

Oberschlesisches Landesmuseum
Bahnhofstr. 62
40883 Ratingen
Tel. 02102-9650
Fax 02102-965240

Öffnungszeiten:
Täglich 11.00 bis 17.00 Uhr
MO geschlossen

 

Die Ausstellung in Ratingen stellt die Persönlichkeit und das Wirken des Königs in Zeitzeugnissen und seine spätere Inszenierung heraus. Beleuchtet werden das Kriegsgeschehen, die neue Regierung für Schlesien, Gutswirtschaft und Adel, Gewerbepolitik, auch die Entwicklung des Bergbaus. Schließlich wird auf die mehr als 250-jährige Friedrich-Rezeption eingegangen. Begleitend zur Ausstellung werden Filmvorführungen und Fachvorträge geboten. Schirmherrin der Ausstellung ist NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

 

„Friederisiko“ und andere Ausstellungen

Unter dem Titel „Friederisiko“ wird im April die Zentralausstellung zum Geburtstag des Preußenkönigs im Neuen Palais in Potsdam eröffnet. Die Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten“ (SPSG) bietet auf 6.000 Quadratmetern die teuerste je von ihr arrangierte Schau. Der Titel trifft wie kein anderer das Wesen des Regenten, der als unzuverlässiger Bündnispartner galt. Zusammengesetzt aus „Friedrich“ und „Risiko“ spielt er auf die Neigung des Monarchen an, im Militärischen die radikale  Strategie des „Alles oder Nichts“ zu verfolgen. Das Neue Palais wird in einem seit 200 Jahren nicht erreichten Umfang für das Publikum zugänglich sein und gleichzeitig selbst das Hauptexponat der Ausstellung bilden.


28. April – 28. Oktober 2012: FRIEDERISIKO: Friedrich der Große.
Neues Palais und Park Sanssouci, Potsdam
22. März – 29. Juli 2012: Friedrich der Große – verehrt, verklärt, verdammt…
Deutsches Historisches Museum Berlin
20. August – 4. Dezember 2012: Friedrich und Potsdam. Die Erfindung einer Stadt. 
Potsdam Museum, Altes Rathaus
20. Juli – 28. Oktober 2012: Die neue Geschichte vom Alten Fritz und der Knolle fürs Volk.
Haus der Brandenburg-Preußischen Geschichte, Potsdam
25. Januar – 3 März 2012: Der Falsche Fritz, Friedrich II. im Film. Filmmuseum Potsdam
23. März – 24. Juni 2012:  „…den alten Fritz, der im Volke lebt.“  Das Bild Friedrichs des Großen bei Adolph Menzel. Alte Nationalgalerie, Berlin

©rheinische-art.de

 

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