rheinische ART
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rheinische ART 12/2012

ARCHIV 2012

Gustave Moreau und seine Schüler

 

Unorthodoxe Freiheit

 

 

Gustave Moreau, Der Abend, 1887, Aquarell auf Papier, 39 x 24 cm, Clemens-Sels-Museum Neuss, Foto: Walter Klein

 

Henri Manguin, Jeanne mit Sonnenschirm, Cavalière, 1906 , Öl auf Leinwand, 61 x 50 cm, Kunsthalle Bielefeld, Foto: Marcus Schneider ©VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 

 

 

Er wird als "Vater des Symbolismus" bezeichnet, gilt als Vorbild der Surrealisten und war pedantisch genau wie fast zügellos phantasievoll: der französische Maler Gustave Moreau (1826 - 1898). Als Künstler sah er sich der Historienmalerei zugehörig und widmete sich den Mythologien Griechenlands und des Orients. Seine Arbeiten weisen eine hohe Eigenständigkeit im Malstil aus und sind – wie der Kunsthistoriker Mathias T. Engels bereits 1964 schrieb – von "visionärer Eigenart" geprägt. Als Künstlerpersönlichkeit, die er war, ist er zu den ganz großen Impulsgebern des 19. Jahrhunderts zu zählen.

 

MOREAUS Werke sind aus kunsthistorischer Sicht einzigartig, doch die Nachhaltigkeit seines künstlerischen Wesens bezeugen noch mehr seine Schüler. Von diesen wurde die Künstlergruppe der "Fauves" gegründet, die als "Wilde" die Malerei mit Farbe revolutionierten und damit die "Moderne" des beginnenden 20. Jahrhunderts maßgeblich mitprägten.
   Das Clemens-Sels-Museum in Neuss, das als einziges Museum in Deutschland vier Werke dieses Malers besitzt, widmet ihm und dem Schaffen seiner Studenten eine eigene Schau. Bereits 1964 hatte das Haus unter der Leitung von Irmgard Feldhaus (mehr) eine vielbeachtete erste Gustave Moreau-Einzelausstellung in Deutschland – nach 1961 im Louvre - ausgerichtet. Die jetzige Präsentation unter dem Titel "Sehnsucht nach Farbe" zeigt Moreau nicht allein als Maler sondern vor allem als wegweisenden Lehrer an der Ècole des Beaux-Arts in Paris, an die er 1892 mit 66 Lebensjahren berufen wurde. Zu seinen Schülern zählten neben den späteren "Fauves" wie Henri Matisse, Albert Marquet, Henri Manguin und Charles Camoin auch Georges Rouault und Henri Evenepoel sowie die - Moreaus eigenem Werk thematisch wie stilistisch nachfolgenden - Maler Raoul du Gardier, Fernand Sabatté, Jules-Gustave Besson und Edgar Maxence.

 

Wiedergabe des Gefühls

 

Henri Matisse, Lesende in violettem Kleid, 1898, Öl auf Leinwand, 38 x 46 cm, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Reims, Foto: C. Devleeschauwer, © Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Moreau war für seine unkonventionellen Lehrmethoden und liberale Haltung bekannt. Stets ermutigte er seine Schüler, eine individuelle Bildsprache zu entwickeln. Er empfahl ihnen, auf ihr Innerstes zu hören und weniger dem Sehen, sondern einzig dem Gefühl zu folgen. So äußerte er sich (Rouault gegenüber): „Ich glaube weder an das, was ich anfasse, noch an das, was ich sehe. Ich glaube nur an das, was ich nicht sehe und allein an das, was ich fühle; mein Gehirn und meine Vernunft scheinen mir vergänglich und von einer zweifelhaften Wirklichkeit zu sein; allein mein inneres Gefühl halte ich für ewig und unanzweifelbar zuverlässig.“

 

"Ich bin die Brücke, über die einige von Ihnen gehen werden." Gustave Moreau zu seinen Schülern

 

Georges Rouault, Aktstudie in Moreaus Atelier, ca. 1895/ Wiederaufnahme ca. 1950, Öl, Tinte, Gouache auf Leinwand, 81,1 x 65 cm, Fondation Georges Rouault, Paris, Foto: Fondation Georges Rouault, Paris, ©VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Als Lehrer legte er großen Wert auf das Studium der Alten Meister und der Natur. Der Besuch des Louvre war selbstverständlich. Das Aktzeichnen nahm bei ihm einen breiten Raum ein, denn er wollte, dass sich seine Schüler mit den Proportionen des menschlichen Körpers auseinander setzen. Und er hatte zur Verwunderung seiner Kollegen nichts dagegen, wenn die Schüler dabei schon mal zum Pinsel statt zum Stift griffen. Matisse, der einmal der räumlichen Enge des Ateliers entfliehen wollte, zog es auf die Pariser Straßen und wurde von seinem Lehrer dazu ermuntert: „Tun Sie das.“
   Moreau wusste ebenso um die kreative Kraft von Mußestunden und empfahl seinen Studenten abseits jeder gültigen akademischen Lehre: „Gewöhnen Sie sich an, ein wenig zu denken, setzen Sie sich von Zeit zu Zeit abends auf einen Stuhl und überlassen Sie sich den Gedanken.“

 

"Man muss die Farbe denken." Gustave Moreau zu seinen Schülern


In seinem Atelier versammelten sich nicht die folgsam akademisch orientierten Nachwuchsmaler, sondern vielmehr die innovativen Künstlerpersönlichkeiten. Vor allem sein überlieferter Appell – „Eines merken Sie sich gut: man muss die Farbe denken, eine Vorstellung von ihr haben! Wenn Sie keine Vorstellungskraft haben, werden Sie niemals eine schöne Farbe erzielen. … Die Farbe muss gedacht, geträumt, imaginiert werden.“ – verdeutlicht seine extraordinäre Vorstellung vom Umgang mit der Farbe. Diese gab Gustave Moreau an seine Schüler weiter und nahm damit die Möglichkeiten und Auffassungen von Farbe im 20. Jahrhundert vorweg.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung "Sehnsucht nach Farbe - Moreau, Matisse & Co." ist bis zum 13. Januar 2013 zu sehen.

Clemens-Sels-Museum Neuss
Am Obertor
41469 Neuss
Tel. 02131 / 904141

Öffnungszeiten
DI – SA 11 – 17 Uhr
SO und feiertags 11 – 18 Uhr

 

 

Anhand von Gemälden, Aquarellen, Handzeichnungen und Druckgrafiken stellt die Ausstellung das Schaffen Gustave Moreaus einigen seiner berühmtesten Schüler gegenüber. Die zahlreichen Leihgaben wurden von dem Musée d’Orsay, dem Centre Pompidou, dem Musée Gustave Moreau und der Fondation Georges Rouault in Paris sowie dem Musée départemental Matisse in Le Cateau Cambrésis und weiteren renommierten Museen in Deutschland und Belgien zur Verfügung gestellt.

 

Begleitet wird die Ausstellung vom Katalog „Sehnsucht nach Farbe – Moreau, Matisse & Co.“, der sich auch den Biografien einiger Schüler Moreaus widmet. - Mit Beiträgen von Uta Husmeier-Schirlitz, Emmanuel Schwartz und Bettina Zeman.
200 Seiten, ca. 100 farbige Abbildungen, zum Preis von 24,90 €,
ISBN 978-3-936542-65-3

 

 

 

 

 

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