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rheinische ART 02/2024

250 JAHRE FRIEDRICH

Erfinder der Romantik

 

Viele schätzten und verehrten ihn, andere vergaßen ihn noch zu Lebzeiten. Auch sein Zeitgenosse Goethe hielt nicht viel von ihm. Ganz anders ist es heute. In diesem Jahr wird Caspar David Friedrichs 250. Geburtstag gefeiert.

 

Caspar David Friedrich Der einsame Baum, Öl auf Leinwand, 1822, 55 x 71 cm, Foto Jörg P. Anders; Bildquelle © Alte Nationalgalerie, Staatl. Museen zu Berlin.

 

Das gesamte Jahr steht im Zeichen des Malers. Bundesweit, so meldet Friedrichs Geburtsstadt Greifswald, werden 276 Veranstaltungen, die von 78 Organisatoren gesteuert werden, ausgerichtet. Also ein Jubiläumsjahr der Superlative für die „Lichtgestalt“ aus dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt drei große Ausstellungen mit dem Potential zu Blockbustern!
     Die aktuelle Präsentation der Hamburger Kunsthalle bildet den Auftakt. Sie titelt Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit und sie bietet die umfangreichste Werkschau des bedeutendsten Künstlers der deutschen Romantik seit vielen Jahren.

 

Caspar David Friedrich Das Eismeer, 1823/24, Öl auf Leinwand, 96,7 x 126,9 cm, Hamburger Kunsthalle, erworben 1905, Bildquelle © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford


Anlässlich des Festjahres widmen in der Folge auch die Alte Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dem Künstler eine jeweils thematisch eigenständige Schau. Die drei Häuser verfügen über die bedeutendsten Bestände an Werken Caspar David Friedrichs (1774–1840) weltweit. Mit umfangreichen gegenseitigen Leihgaben ermöglichen sie einzigartige Präsentationen zu unterschiedlichen Aspekten seines Schaffens.

 

Caspar David Friedrich Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817. Öl auf Leinwand, 94,8 x 74,8 cm, Dauerleihgabe Stiftung Hamburger Kunstsammlungen © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

 

Die Hamburger Ausstellung zeigt eine thematisch ausgerichtete Friedrich-Retrospektive mit über 60 Gemälden, darunter zahlreiche ikonische Schlüsselwerke, und rund 100 Zeichnungen sowie in Kombination ausgewählte Arbeiten seiner Künstlerfreunde. Zentrales Thema ist das neuartige Verhältnis von Mensch und Natur in Friedrichs Landschaftsdarstellungen.
     Hochkarätige und äußerst seltene Friedrich-Leihgaben wie die Gemälde Kreidefelsen auf Rügen (um 1818–1822), Mönch am Meer (1808–1810) und Zwei Männer in Betrachtung des Mondes (1819/20) sind in der Ausstellung unter anderem neben den Motiven Wanderer über dem Nebelmeer (um 1817) und Das Eismeer (1823/24) aus dem Bestand der Hamburger Kunsthalle zu erleben.

 

Caspar David Friedrich Selbstportrait um 1810 im Alter von 36 Jahren, Bleistiftzeichnung; aus Kippenberg: Goethe und seine Welt, Leipzig 1932. Gemeinfrei, Bildquelle Wikipedia

 

Blick in die Ausstellung Museum Caspar David Friedrich Zentrum Greifswald mit Exponaten zur Seifensiederei. Foto © rheinische ART 2024

 

Caspar David Friedrich wurde 1774 als eines von zehn Kindern eines  Kerzenmachers und Seifensieders in Greifswald geboren.
     Sein Elternhaus in der Innenstadt ist heute ein kleines Museum mit Rekonstruktionen der Seifensiede-Technik und einem ausgiebigen Blick auf die Familiengeschichte. Der protestantisch erzogene junge Friedrich erlernte schnell das künstlerische Handwerk, vor allem durch die Anleitung seines Zeichenlehrers Johann Gottfried Quistorp.
     Er verbrachte seine Studienjahre in Kopenhagen an der Kunstakademie und ließ sich 1798 in Dresden nieder. Es folgten künstlerisch produktive Jahre, in denen er sich seinen Landschaftsbildern widmete. Der Künstler aus der Ostseestadt wurde Mitglied der Berliner Akademie der Künste und später Professor an der Dresdner Kunstakademie.
     Seine Werke wurden unter anderen an Friedrich Wilhelm III. und den russischen Zaren Nikolaus I. verkauft und gelten als die beispielhaften Kunstwerke für die Epoche der Romantik überhaupt.
 
Neben sehnsüchtigen und einprägsamen Naturdarstellungen haftet seinen Gemälden vor allem eine melancholische Grundstimmung an. Friedrich galt als naturverbunden, introvertiert, religiös und weltscheu. Das waren offenbar Attribute, die Johann Wolfgang von Goethe nicht gefielen. Ihm waren Friedrichs Gemälde zu düster, zu trübsinnig und melancholisch, zu „neudeutsch, religiös-patriotisch“. Der Dichter mochte keines der Werke ankaufen und empfand die zunehmenden Anbiederungen des Naturmalers als nervend. Ein Werk des zur Skurrilität neigenden Malers soll er aus Zorn gar an einer Tischkante zertrümmert haben. Mit der Abneigung gegenüber Friedrich war Goethe nicht allein. Friedrichs Stern sank, sein Stil wurde von den lebensfroheren Düsseldorfer Romantikern übertroffen. Vereinsamt und so gut wie vergessen starb Friedrich in Dresden.
 

Caspar David Friedrich Frau vor der auf- oder untergehenden Sonne, um 1818, Öl auf Leinwand, 22 × 30,5 cm. Museum Folkwang Essen Bildquelle © Museum Folkwang Essen – ARTOTHEK, siehe auch Verweis unten.

 
Im Rheinland ist keine Jubiläumsausstellung oder eine spezielle Festivität geplant. Es sei daran erinnert, dass erst 2021 im Düsseldorfer Kunstpalast die große Exposition „Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“ gezeigt und darin die spannungsvolle wie interessante Beziehung zwischen Friedrich und den Düsseldorfer Landschaftsmalern aufgegriffen wurde (mehr). Wer sich in diesem Jahr für die großen Schauen interessiert und die möglicherweise weiten Wege nach Hamburg, Berlin oder Dresden scheut, dem bietet sich eine bemerkenswerte digitale Alternative.

 

Caspar David Friedrich Huttens Grab, um 1823/24, Malerei auf Gewebe 73,4 x 93,5 cm. Bildquelle © Klassik Stiftung Weimar

 

Denn eines ist klar: Alle Gemälde und Zeichnungen, die in Hamburg, Berlin und Dresden ausgestellt werden, an einem Ort zu versammeln, ist im realen Raum nicht möglich. Manche Gemälde, so heißt es zu Recht, sind zu fragil, um sie zu transportieren. Und die Zeichnungen Friedrichs, etwa von seinen mehrfachen Rügen-Reisen, die ihm später als Vorlagen für Gemälde dienten, werden selten ausgestellt, weil sie sehr lichtempfindlich sind. Nur das Digitale kann alle zusammenbringen!

Das installierte Webportal cdfriedrich.de ergänzt daher die drei Jubiläumsausstellungen. Unabhängig von den konservatorischen Fragen führt es Gemälde und Zeichnungen aus den Sammlungen zu einem digitalen Gesamterlebnis zusammen. Ergänzend werden weitergehende Informationen und multimediale Inhalte geboten.
     Neben Abbildungen der Gemälde gehören auch die sogenannten Metadaten dazu, also Informationen über den Zeitpunkt der Erstellung, die Maßangaben oder die jeweilige Technik, die der Künstler genutzt hat. Dem Interessierten bietet sich somit ein Panorama von Caspar David Friedrichs Werk, ergänzt um unterschiedliche Blickwinkel von Fachleuten auf seine Kunst (Link siehe unten).
rART/cpw

 

Andachtsvoll mit ausgebreiteten Armen betrachtet eine Frau das Naturschauspiel der auf- oder untergehenden Sonne. Das überflutende Licht ist in der Romantik Symbol für das göttliche Universum. Das Gemälde besticht durch den tieforangefarbigen Himmel und lässt den Maler auch als Chronisten seiner Zeit erscheinen. Die Kolorierung beruhte vermutlich auf dem Vulkanausbruch des Tambora (heute Indonesien) von 1815, dessen Ascheauswurf weltweit für Schauerwetter und Naturphänomene sorgte (mehr). Die Jahre ohne Sommer hatten Maler wie Literaten, Beispiel Mary Shelley, gleichermaßen inspiriert und ihre künstlerischen Prozesse beeinflusst (mehr).

 

Die Auftaktausstellung Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit wird bis zum 1. April 2024 gezeigt.
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall 5
20095 Hamburg
Tel. 040 428 131200
Öffnungszeiten
DI – SO 10.00 bis 18.00 Uhr
DO bis 21.00 Uhr

 

Weitere Ausstellungen:

 

Berlin
Caspar David Friedrich Unendliche Landschaften
19.04.2024 bis 04.08.2024
Alte Nationalgalerie
Bodestraße 1-3
10178 Berlin
Tel 030 266424242
Öffnungszeiten
DI – SO 10.00 bis 18.00 Uhr

 

 Dresden
Caspar David Friedrich. Wo alles begann – der Maler
Im Albertinum 24.08.2024 bis 05.01.2025 und im Kupferstich-Kabinett 24.08.2024 bis 17.11.2024
Albertinum – Staatl. Kunstsammlung Dresden
Tzschirmerplatz 2
01067 Dresden
Tel 0351 49142000
Öffnungszeiten
DI – SO 10.00 bis 18.00 Uhr

 

 Internet
Caspar David Friedrich zum Jubiläum hier 

 

 

Das könnte Sie auch interessieren:


► Museum Caspar David Friedrich Zentrum
Lange Straße 57
17489 Greifswald
Tel 03834 884568
Öffnungszeiten
DI – SO 11.00 bis 17.00 Uhr


► Literaturhinweis: Florian Illies: Zauber der Stille - Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten. 256 Seiten, S. Fischer Verlag 2023, gebundene Ausgabe 25 EUR; ISBN 978-3-10-397252-8

 

 

 

 

 

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