GELESEN
Bonner Straßengeschichten
Jede größere Stadt hat ihre attraktiven Plätze und Straßen, manche sind markante urbane Repräsentationsorte. Sie sind oft mit spannenden, amüsanten und unterhaltsamen Geschichten verbunden.
Bonn ist nicht nur Stadt, sondern auch ein Lebensgefühl (Eigenwerbung). Poppelsdorfer Allee, die Prachtstraße im Ortsteil Poppelsdorf. Sie orientiert sich an der französischen Gartenbautheorie und ist eine „allée double“: Ein Grünstreifen („tapis vert“) trennt beidseitige Kastanienbaumreihen. Blick von der Baumschulallee Richtung Schloss. Foto © rheinische ART |
So auch in Bonn. Das Besondere an der Ex-Bundeshauptstadt, an deren politische Nachkriegsrolle gerade publizistisch vielfach erinnert wird, ist nicht nur die Tatsache, dass die Stadt über 2000 Jahre alt ist (mehr). Sie hat auch einer ganzen Epoche ihren Namen gegeben (mehr).
Buchcover Bonner Straßengeschichten, Foto und Bildquelle © Wartberg Verlag 2024
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Da gibt es natürlich Hunderte von Anekdoten und Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden.
Als Bonner Straßengeschichten verpackt, hat der Wartberg Verlag nun eine abwechslungsreiche, kurzweilige und an vielen Stellen gar verblüffende Sammlung spannender Geschichten aus und über Bonn herausgebracht. Verfasserin ist die Lokalredakteurin Sofia Grillo.
Die Journalistin nimmt die Leser „mit auf einen Spaziergang durch die Stadt am Rhein, durch das Bonner Zentrum, die Alt- und Südstadt, durch Beuel, Endenich und Kessenich.“ Ob Münster-, Remigius- oder Friedensplatz, Kurt-Schumacher-Straße, Museumsmeile, Poppelsdorfer Allee oder Bonner Talweg, alle diese Lokalitäten sind die Bühne für erbauliche historische, aber auch jüngere Geschichten oder Berichte.
Sie waren nicht nur Catwalk für Kurfürsten, Kaiser, Künstler, Hochstapler, Denker, kleine und große Promis. Sondern sie sind bis heute Orte für Frauen und Männer, die als Bonner Händler, Gastronomen, Kneipiers und Caféhaus-Besitzer „in ihrer Stadt weiterhin Geschichte schreiben“, wie es im Verlag heißt.
Blick über Bonner Südstadt-Dächer zum Siebengebirge. Links die katholische St. Elisabeth-Kirche an der Bernard-Custodis-Straße. Im Hintergrund das ehemalige Abgeordnetenhochhaus, heute Sitz von UN-Organisationen. Mittig der Post Tower an der Charles-de-Gaulle-Straße, Konzernzentrale der Deutschen Post DHL. Foto © rheinische ART |
Die Autorin lädt mit ihrem Buch dazu ein, gemeinsam auf dem alltäglichen Weg durch die Stadt zu entschleunigen, mit ihr auf einem gemächlichen Spaziergang Geschichten zu lesen, die sich einst auf den Boulevards, Trottoirs und Plätzen, an symbolträchtigen Denkmälern oder hinter den repräsentativen Anwesen mit Fassaden aus Historismus, Klassizismus und Jugendstil abgespielt haben. Nur einige Beispiele.
Großer Sohn der Stadt: Ludwig van Beethoven (1770–1827). Idealisiertes Gemälde von Joseph Karl Stieler, „Beethoven mit dem Manuskript der Missa solemnis“ um 1820. Foto © Wikipedia gemeinfrei (mehr)
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Die Aufstellung der Statue Beethovens auf dem Münsterplatz wäre mangels Finanzierung schnell gescheitert. Wäre da nicht der Musikerkollege Franz Liszt gewesen, der zu Ehren des verstorbenen Musikgenies das Geld über ein Spendenkonzert organisierte.
Hochkarätige Gäste feierten danach am 12. August 1845 drei Tage lang die Einweihung. Mit dabei neben der Musikprominenz aus aller Welt: Alexander von Humboldt, König Friedrich Wilhelm IV., Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Erzherzog Friedrich von Österreich und die junge englische Königin Victoria.
Und dass der Hauptmann von Köpenick nahe des Universitätsschlosses einmal „Fanpost“ an die Bürger verteilte, hätten Sie´s gewußt? Oder dass 1804 Napoleon bei seinem Besuch in Bonn in der Vogtsgasse fast von seinem Schimmel fiel? Ein reaktionsschneller General rettete ihn vor dem peinlichen Malheur.
Abschließend noch ein Blick auf die Bonn und Beuel verbindende Kennedybrücke. Ein „Brückenmännchen“ in Bonn (linksrheinisch) reckt dem Nachbarort auf der „schäl Sick“ (rechtsrheinisch) den Allerwertesten entgegen. Was der historische Sinn dieses steinernen Hinterns sein mag, erfährt der/die Interessierte auf Seite 77. Und auch, wie sich die Beueler mit einem „Brückenweibchen“ revanchierten. Wer es dann noch zwei Seiten weiter schafft, ist mit Bonner Geschichten nunmehr gut vertraut und hat in der Tat entspannt, belehrt und erheitert Bonn (neu) entdeckt. Eine unterhaltsame und humorvolle kleine literarische Köstlichkeit.
rART/bra
Literaturhinweis:
Sofia Grillo Bonner Straßengeschichten, Geschichten und Anekdoten, 79 Seiten, 17 x 24,5 cm, Wartberg Verlag 2024. ISBN 978-3-8313-3593-0. Preis 15,90 €