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rheinische ART 04/2015

Archiv 2015

HIRST-GALLERY IN LONDON
Zum Geburtstag ein Museum

 

Dass der britische Künstler Damien Hirst seine Kunst nicht nur in Formaldehyd tauchen sondern auch kuratieren kann, ist nicht grundsätzlich neu. Dass er sich dazu jetzt ein passendes eigenes Museum baut, dagegen schon. Rechtzeitig zu seinem 50. Geburtstag in Juni soll seine Privatgalerie in London eröffnet werden.

 

Denkmalgeschützte Theater-Lagerhallen, vorne mit lichtgünstigem Sheddach, werden zur Privatgalerie (Animation). Damien Hirsts neues Museum in der Newport Street in London Vauxhall. Foto © Caruso St. John Architects London

 

 

Dort will Damien Hirst (*1965) sein Faible, eigene Ausstellungen zu machen, endlich ausleben können.

Der populärste britische Gegenwartskünstler ist seit Jahren nicht nur wegen seiner Kunst, die eingelegte Tiere aller Art (bekannt ist vor allem sein Hai), mit Diamanten besetzte Totenschädel, riesige Bronzestatuen mit transparenten Körperpartien und anderes Skurriles umfasst, umstritten, sondern ferner wegen seiner Geschäftstüchtigkeit. Böse Zungen behaupten immer wieder, seine größte Kunst bestehe darin, Geld zu machen.
 
Newport Street Gallery Bestes Beispiel für seine hochkommerzielle Denkweise ist das Museum im Londoner Stadtbezirk Borough of Lambeth. In drei denkmalgeschützten viktorianischen Lagerhäusern, die einst Theaterzwecken dienten, und zwei angrenzenden Bauten, die gemeinsam eine ganze Seite der Newport Street einnehmen und ordentlich Eindruck machen, hat sich der Herr des „eingelegten Haifisch“ das eigene Museum bauen lassen.
 
 

 

Drei alte und zwei neue Gebäude mit Erd- und Obergeschossen bilden das künftige Galerie- Ensembles. Sie sind so miteinander verbunden, dass sie flexible Raumkombinationen für große Kunst-Installationen oder Kleinausstellungen ermöglichen. Foto © Caruso St. John Architects London

 
Newport Street Gallery heißt die Schauhalle, die natürlich auch einen Museumsshop und ein Restaurant einschließt. Die Pläne dafür entstanden auf den Reißbrettern des Architekturbüros Caruso St. John, dass auch der Tate Britain einen neuen und ansprechenden Look verpasste.
 

Innenansicht eines geplanten Raumes. Foto © Caruso St. John Architects London

 

Die Ziele, die Damien Hirst mit seinem Kunst-Showroom verfolgt, sind durchaus hehre. Er wolle, so erklärte er britischen Medien, seine eigene Kunstsammlung mit dem Publikum teilen. Denn es sei für ihn beschämend, eine in Jahren zusammengetragene Kollektion nur in Körben und Kisten gelagert zu sehen. Und zwar nicht nur die eigenen Werke, sondern auch die von anderen.

     Dazu gehören durchaus schwergewichtige Namen. Exponate der „contemporary art“ des Graffiti-Akteurs Bansky, Tracey Emin, Sarah Lucas oder Gavin Turk sind dabei sowie auch moderne Klassiker, etwa Francis Bacon, Jeff Koons und Picasso. Alles in allem soll es sich um 2.000 Exponate handeln, die Hirsts private Kunstsammlung bilden.

 

Businessman Hirst, dessen geschätztes Vermögen nach der „Sunday Times Rich List“ bei rund 280 Millionen Euro liegt, hatte immer einen ausgesprochen guten Riecher für Geschäftliches. Der Museumsneubau dürfte daher kein Engagement der Nächstenliebe sein und Hirst kein Wohltäter.

     Die Immobilienkette in der Newport Street ist längst nicht das einzige Investment in Grund und Boden. Nahe seiner Farm an der Nordwestküste Devons ist Hirst unter anderem Besitzer eines weiteren kompletten Straßenzuges im idyllischen Küstenbad Ilfracombe. Dort beabsichtigt der rührige Ex-Young British Artist (YBA), eine Öko-Siedlung mit 750 Häusern zu errichten, ausreichend für 3.000 Bewohner. Bei voller Auslastung würden die neuen Mitbürger die Einwohnerzahl der Kommune gleich um 25 Prozent erhöhen.

 

Innenansicht eines geplanten Raumes. Foto © Caruso St. John Architects London

 

Museumsboom Mit seinem privaten Museum in London liegt Damien Hirst auch geschäftlich derzeit wohl voll im Trend.

     Während viele Kunsthäuser auf dem Kontinent über mangelnde Besucherzahlen klagen, boomen die großen nationalen Museen und Galerien auf der Insel. 2014 verzeichnete das British Museum über sechs Millionen Gäste, die Tate Modern über fünf Millionen und für das Victoria & Albert-Museum (VAM) meldete Martin Roth, deutscher Direktor des Hauses, mit über drei Millionen Eintritten einen neuen Rekordbesuch. Alle renommierten Museen bauen ihre Ausstellungsflächen aus, die Tate Modern gar um 60 Prozent.

     Der Grund für diese erstaunlichen Zahlen ist vermutlich ein ganz einfacher: Für die permanenten Sammlungen in den großen Häusern gilt seit 2001 freier Eintritt, lediglich Sonderschauen sind eintrittspflichtig. Die Regelung ist hochattraktiv für Privatspender und Kunstsponsoren, Kunstshops, Cafés und Restaurants, garantieren sie doch - wie nicht zu bezweifeln ist - beständig hohe Besucherfrequenzen. Das weiß auch der Geschäftsmann Damien Hirst. Seine Kunstgalerie soll ebenfalls eintrittsfrei sein. Kleine Haie, schicke Drucke und anderes der Kategorie „Kunstsouvenir“ erhält der Besucher natürlich im „Newport Street Gallery Shop“.

Klaus M. Martinetz


 

 

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