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rheinische ART 03/2015

Archiv 2015

ORSON WELLES FILMREIHE IN DÜSSELDORF

Ein Kino-Mythos


Ob Citizen Kane, das Wiener Nachkriegsdrama Der dritte Mann oder das berühmte Radio-Hörspiel Krieg der Welten, der US-Regisseur, Schauspieler und Drehbuchautor Orson Welles, zeitlebens in Hollywood nicht gut gelitten, gilt bis heute als eines der größten Genies in der Filmgeschichte.

 

Orson Welles: Schuf mit 24 Jahren einen der besten Spielfilme aller Zeiten. Citizen Kane von 1941 gilt als Meilenstein in der globalen Filmgeschichte. Welles war Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller. Foto © Rex features

 

Anlässlich seines 100. Geburtstages erinnert das Düsseldorfer Filmmuseum mit der Filmreihe „W for Welles“ an das Multitalent. Bis Ende April sind in der Black Box neun Filme zu sehen, die einen Einblick in das filmhistorisch einflussreiche Werk des experimentierfreudigen Regisseurs geben.

 

Bühne und Filmset Orson Welles (1915 - 1985) war ein künstlerischer Autodidakt par excellence: ein Meister der Verflechtung von Illusion und Realität, von Wahrhaftigkeit und Inszenierung. Er spielte auf der Bühne und vor der Kamera, schrieb und inszenierte Theaterstücke und Filme, adaptierte Shakespeare-Werke und wurde mit seiner Hörspiel-Umarbeitung von H.G Wells’ Krieg der Welten buchstäblich über Nacht berühmt. Sein erster Film Citizen Kane gilt bis heute als einer der wichtigsten und innovativsten Filme überhaupt. Orson Welles - ein Gigant und Mythos des Kinos.

 

Plakat des Filmmuseums Düsseldorf zur Filmreihe

 

Rotes Tuch Durch seinen Ruf als Künstler und Genie war Orson Welles für die Studiobosse so etwas wie ein rotes Tuch. In der Filmhochburg Hollywood galt er nach anfänglichen Erfolgen als finanzielles Risiko. Einige seiner dort gedrehten Streifen kamen gar nicht oder nur in stark veränderter Schnittfassung in die Kinos. Trotz oder gerade wegen der oft schwierigen Umstände, unter denen er seine Filme in den USA und Europa realisierte, besticht sein filmisches Schaffen durch eine Bildsprache, die ihrer Zeit voraus war. In seinen Filmen schuf er nicht nur komplexe, düstere Figuren, sondern auch neue Wege filmischen Erzählens, die bis heute nachwirken.

 

Halloween-Schocker  Orson Welles Karriere begann ein Tag vor Halloween, am 30. Oktober 1938, mit der legendären fiktiven Reportage einer Landung von Marsmenschen auf der Erde, die vom Radiosender CBS abends in der Kleinstadt Concrete ausgestrahlt wurde. Sie löste eine Massenpanik aus, da viele Zuhörer tatsächlich an eine Invasion außerirdischer Wesen in New Jersey glaubten.

     Das hyperrealistische Hörspiel, dass von Welles verfasst worden war und auf dem 1898 erschienenen Roman „War of the Worlds“ (Krieg der Welten) von H(erbert) G(eorge) Wells basierte, wird zu den spektakulärsten Ereignissen der US-amerikanischen Radio-Geschichte gerechnet. Der Halloween-Streich bedeutete den Durchbruch für den erst 23-Jährigen, der damit den Filmemachern in Hollywood auffiel.

 

Filmmotiv aus Citizen Kane mit Orson Welles in der Hauptrolle. Foto © Filmmuseum Düsseldorf

 

Filmplakat zu Die Lady von Shanghai (1946), In den Hauptrollen Rita Hayworth und Orson Welles. Bildquelle: © moviepilot GmbH, Berlin

 

Carte Blanche  Welles erhielt 1939 ein Filmangebot von den „Radio Keith Orpheum Pictures“ Filmstudios (RKO) in Hollywood unter geradezu unglaublichen Bedingungen: Für den Film Citizen Kane räumte das Studio ihm absolute gestalterische Freiheiten und ein riesiges Budget ein.

     Er konnte - von Kamera, Musik, Ton, Rollenbesetzung, Drehbuch bis Sujet – alles selbst bestimmen oder, einfacher ausgedrückt: er konnte machen was er wollte. Das war der Blankoscheck für einen Welterfolg und für einen Meilenstein in der Geschichte der Cineastik. Welles produzierte mit Citizen Kane einen legendären und meisterhaften Spielfilm, seinen ersten abendfüllenden Film überhaupt. Seine Inszenierungen von Filmmusik, Kameraführung und Überblendungen gelten bis heute als revolutionär. Welles war bei Beginn der Dreharbeiten gerade einmal 24 Jahre alt und gleichzeitig Produzent, Regisseur, Drehbuchautor (zusammen mit Hermann J. Mankiewicz) und Hauptdarsteller.

     Ein Jahr später folgte die Familiensaga Der Glanz des Hauses Amberson. Der junge Regisseur arbeitete in den Folgejahren immer wieder als Schauspieler, unter anderem in Die Waise von Lowood (1944) sowie in dem Drama Morgen ist die Ewigkeit (1945). Im ersten Nachkriegsjahr inszeniert er für die Columbia Filmstudios das brillante Kinowerk Die Lady von Shanghai.

 

In Europa  1948 ging der 33-Jährige nach Europa und agierte in dem grandiosen Wiener-Nachkriegsthriller Der dritte Mann (1949, Regie Carol Reed). Sein Auftritt darin als Schwarzhändler ´Harry Lime´ ist - wie auch die Zithermusik von Anton Karas - Legende und auch seine stilistische Handschrift ist in dem Film unverkennbar.
      Mehrfach inszenierte Welles Klassiker der Weltliteratur, so die Low-Budget-Produktion von Shakespeares Macbeth (1948) nach einer Bühneninszenierung von und mit ihm und 1952 Othello. Für die unkonventionelle Othello-Verfilmung erhielt Orson Welles in Cannes die Goldene Palme, in den USA kam diese Shakespeare-Verfilmung erst Jahre später in die Kinos und war ein Kassendesaster.

     1962 verfilmte Welles Franz Kafkas Der Prozeß, bis heute eine der eigenwilligsten und persönlichsten Interpretationen des Textes. Die Inszenierung mit Anthony Perkins in einer der Hauptrolle fasziniert durch optische Ideen.
cpw

 

 

 

Die Filme im Einzelnen:

 

Mi 1.4. 17:45 und Do 9.4. 17:45
CITIZEN KANE
USA 1941 · Deutsche Fassung · Regie: Orson Welles
„It comes close to being the most sensational film ever made in Hollywood.“ (The New York Times)
Die Legendenbildung um CITIZEN KANE ist sicherlich der Tatsache zu verdanken, dass Orson Welles bei seiner Entstehung erst 24 Jahre alt war. Ebenfalls maßgeblich: die Parallelen zwischen der Titelfigur und dem Zeitungsmagnaten William Randolph Hearst, der versuchte, den Verleih des Films zu stoppen.

 

Filmmotiv aus Der Glanz des Hauses Amberson mit Anne Baxter und Joseph Cotton. Foto  © Filmmuseum Düsseldorf

 

Mi 1.4. 20:00 und  Sa 4.4. 18:00

THE MAGNIFICENT AMBERSONS · DER GLANZ DES HAUSES AMBERSON
USA 1942 · Deutsche Fassung · Regie: Orson Welles
Die Geschichte zeigt den Glanz und Untergang einer reichen amerikanischen Bürgerfamilie zur Zeit der Industrialisierung Amerikas. Stilvollendet verweist die berühmte Ballsequenz auf Welles' künstlerische Qualitäten: Die entfesselte Kamera taumelt zwischen den Tanzenden, schnappt Gesprächsfetzen auf, behält die Figuren stets im Auge und schwelgt nahezu unsichtbar in Musik und Ambiente.

 

 Do 2.4. 18:00 und  Mi 15.4. 20:00
THE STRANGER · DIE SPUR DES FREMDEN
USA 1946 · Originalfassung · Regie: Orson Welles
Um den Beweis anzutreten, dass er ebenfalls einen „anständig-kommerziellen” Film drehen könne, übernahm Welles dieses Filmprojekt bei mittlerem Budget von Produzent Sam Spiegel. Angesiedelt in einer US-Kleinstadt, in der sich ein untergetauchter KZ-Wissenschaftler versteckt, steht der Thriller in einer Reihe mit anderen Nachkriegsfilmen über das Aufspüren von NS-Verbrechern.

 

Fr 3.4. 18:00 und Mi 8.4. 18:00
THE LADY FROM SHANGHAI · DIE LADY VON SHANGHAI
USA 1947 · Originalfassung mit Untertiteln · Regie: Orson Welles
Nach dem konventionellen THE STRANGER stellte Welles mit THE LADY FROM SHANGHAI ein weiteres Mal seine Unberechenbarkeit unter Beweis. Ganz zum Ärger des Produzenten, der sich mit Besetzung von Rita Hayworth eine sympathische Sexbombe auf die Leinwand wünschte. Welles hingegen verpasste dieser eine Kurzhaarfrisur und machte sie zu einer unmoralischen Film-Noir-Schurkin.

 

Filmmotiv aus Macbeth. Foto © Filmmuseum Düsseldorf

 

Fr 3.4. 20:00 und  Di 7.4. 18:00
MACBETH
USA 1948 · Originalfassung · Regie: Orson Welles
Den Mangel an produktionstechnischen Mitteln, die Welles für seinen MACBETH Verfilmung zu Verfügung hatte, kompensiert er durch seinen Ideenreichtum, die Reduktion des Stückes auf seine rohen Wurzeln und ein expressionistisches Setting, das so düster ist, wie seine tyrannische Titelfigur.

 

Sa 4.4. 20:00 und Mi 8.4. 20:00
THE TRAGEDY OF OTHELLO: THE MOOR OF VENICE · ORSON WELLES' OTHELLO
USA 1955 · Originalfassung mit Untertiteln · ab 16 · Regie: Orson Welles
Orson Welles' Umsetzung von Shakespeares Drama: Othello, stolzer Heerführer im Dienst der Republik Venedig, wird Opfer einer Intrige und tötet aus Eifersucht seine große Liebe. Durch schlechte Drehbedingungen landete Welles im organisatorischen Chaos: vier Jahre Drehzeit, da die Schauspieler nur zeitweilig zur Verfügung standen - infolgedessen mehrere zeitraubende Umbesetzungen.

 

„The best film I ever made.“ (Orson Welles). Filmmotiv aus Der Prozeß mit Anthony Perkins in einer Hauptrolle © Filmmuseum Düsseldorf

 

Orson Welles als reicher und despotischer Kaufmann Charles Clay aus Macao in Stunde der Wahrheit (1967), einem Spätwerk des Meisters. Die weibliche Hauptrolle spielte Jeanne Moreau. Foto © Filmmuseum Düsseldorf

 

Orson Welles in F wie Fälschung Foto © Filmmuseum Düsseldorf

 

So 5.4. 20:00 und So 12.4. 20:00
LE PROCÈS · DER PROZESS
F·D·I 1962 · Originalfassung mit Untertiteln · ab 16 · Regie: Orson Welles

Während Welles bei seinen letzten Filmen die Hauptrollen meist mit Freunden und sich selbst besetzen musste, um Geld zu sparen, konnte er für die Kafka- Verfilmung DER PROZESS aus einer Riege von Stars wählen: Anthony Perkins, Jeanne Moreau, Romy Schneider und Elsa Martinelli übernahmen die Hauptrollen.

 

Do 16.4. 18:45 und  So 26.4. 20:00
HISTOIRE IMMORTELLE · STUNDE DER WAHRHEIT
F 1968 · Deutsche Fassung · ab 16 · Regie: Orson Welles
Durch Probleme mit Produzenten seit den 50er-Jahren, die ihm nicht die nötige künstlerische Freiheit ließen, wendete sich Welles vermehrt dem Schauspiel und als Regisseur dem Fernsehen zu. Die TV-Produktion STUNDE DER WAHRHEIT erzählt die Geschichte eines kinderlosen despotischen Kaufmanns in Macao, der bei dem Versuch scheitert, kurz vor dem Tod einen Erben für seine sinnlos angehäuften Reichtümer zu finden.

 

Mi 22.4. 18:00 und Mi 29.4. 20:00
F FOR FAKE / VÉRITÉS ET MENSONGES · F WIE FÄLSCHUNG
F·IN·D 1972 · Originalfassung · Regie: Orson Welles
1975 erlangte Welles nochmals größere Aufmerksamkeit mit dem verschachtelten Film-Essay F FOR FAKE, in dem der umstrittene Kunstfälscher Elmyr de Hory sowie der nicht minder umstrittene Schriftsteller Clifford Irving porträtiert werden. Welles führt die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit vor Augen, sowohl in der Kunst als auch im Leben Wahrheit und Lüge, Original und Fälschung voneinander unterscheiden zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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