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rheinische ART 02/2015

Archiv 2015

WestLB / PORTIGON
Der „Runde Tisch“

 

Außer Spesen nichts gewesen?

 

Am 5. Februar 2015 tagte zum ersten Mal der von Kulturministerin Ute Schäfer einberufene „Runde Tisch“ (mehr) und beriet sich in der kulturpolitisch drängenden Frage, wie mit Kunstwerken, die sich indirekt im landeseigenen Besitz befinden, umzugehen sei. Anlass ist die Diskussion um den Umgang mit der Kunstsammlung der ehemaligen WestLB und heutigen Portigon AG (mehr).

 

Viele wohlmeinende Worte prägten die abschließenden Pressestatements. Es mangelte nicht an der Beteuerung seitens des Finanzministers Norbert Walter-Borjahns und der Kulturministerin Ute Schäfer, gemeinsam die Kunst für das Land NRW erhalten zu wollen. Der Wille, so die Botschaft, ist da. Dass dem gleich das große „Aber“ folgte, ist bedauerlich. Walter-Borjahns bemühte seine haushaltspolitische Verantwortung und teilte mit, dass die Portigon AG die Kunstwerke zum Marktwert respektive zum „maximalen Preis“ veräußern müsse. Dass hier nicht allein der Weg über eine Auktion gangbar ist, wird vom Finanzminister berücksichtigt. Nun wollen die Verantwortlichen versuchen, private Geldgeber zu finden, die die betreffende Kunst kaufen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Mäzenatentum im besten Wortsinn ist also gefragt. Auch die Gründung einer Stiftung wird erwogen.
     Was wird, wenn es nicht gelingt, private Geldgeber zu finden, blieb offen. Bis zum Sommer will man sich Zeit lassen. Wie der politische Wille sich dann zeigt, bleibt abzuwarten.

 

Übrigens: Der anzunehmende monetäre Wert der Kunstsammlung hat sich drastisch nach unten korrigiert. Von den öffentlich vermuteten 150 Millionen Euro sind derzeit 28 Millionen Euro übrig geblieben. Das ist nämlich die Summe, zu der die Kunstwerke laut Walter-Borjahns versichert sind. Diese Zahlen stammen wohl noch aus WestLB-Zeiten – und die sind nun doch schon ein paar Jahre her. Mit einer korrekten Auflistung über die Werke der Portigon-Kunstsammlung, die allein Auskunft geben könnte über das, worüber man eigentlich redet, ist kurzfristig kaum zu rechnen. Spekulationen bleiben also Tür und Tor geöffnet.

     Schäfer hat allerdings schon mal Fakten geschaffen. Sie hat in einem ersten Schritt für zwölf Kunstwerke, die sich im Besitz der Portigon AG befinden, das Verfahren zur Prüfung national wertvollen Kulturguts eingeleitet.


Folgende Werke werden jetzt im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes (KultgSchG) vom zuständigen Sachverständigenausschuss, für den die Kulturministerin drei neue Mitglieder berufen hatte, geprüft:


1. Giovanni di Paolo: 2 Bildtafeln
2. Paul Signac: Constantinople - Yeni Djani
3. August Macke: Gartenbild (Der Macke’sche Garten)
4. Eduardo Chillida: Diàlogo - Tolerancia
5. Henry Moore: Working Model for Stone Memorial
6. Dieter Roth: Bananen unter Glas
7. Fritz König: Große Flora D
8. Max Ernst: C’st déjà la 22ème fois que Lohengrin
9. Fritz Winter: Nocturno
10. Violine „Lady Inchiquin“, Cremona 1711, von Antonio Stradivari
11. Violine „ExCroall“, Cremona 1684, von Antonio Stradivari
12. Violincello (Zertifikat von William E. Hill & Sons, 1939), Turin 1860, von Joseph Rocca

 

Schäfer: „Hier liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die Werke als national wertvoll im Sinne des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) gelten können. Die Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes erscheint daher wahrscheinlich. Die Einleitung des Verfahrens hat zur Folge, dass die Ausfuhr der oben genannten Kulturgüter untersagt ist, bis die Entscheidung über die Eintragung unanfechtbar geworden ist.“ Weitere 60 Kunstwerke werden nach Aussage der Ministerin ebenfalls diesbezüglich geprüft.

 

Widersprüchlich Aktuell erfährt die Violine „Lady Inchiquin“ viel Aufmerksamkeit. Sie wird vom Geiger Frank Peter Zimmermann gespielt, der als „künstlerischer Botschafter für NRW und Deutschland“, - so der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. - wahrgenommen wird. Formulierte Walter-Borjahns noch, dass „es nicht darum geht, Verkäufe zu stoppen, die haben noch gar nicht angefangen“ - was er auch glaubte, im Sinne der Portigon AG aussagen zu können -, teilte der Kulturkreis in einer Pressemeldung vom 06. Februar anderes mit:


„ ... der Geschäftsführer des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, Dr. Stephan Frucht: `Ich bin einigermaßen irritiert, dass beim Runden Tisch angekündigt wird, alle möglichen Optionen ohne Zeitdruck prüfen zu wollen. Denn vorher hat die Portigon AG Herrn Zimmermann bereits wissen lassen, dass er selbst die Geige nur vor dem Verkauf retten kann, wenn er sie noch im Februar selbst erwirbt, und zwar zu einem Preis, der deutlich über dem Gutachterwert liegt. Umso mehr begrüße ich, dass Ministerin Schäfer die Stradivari – neben zwei weiteren Streichinstrumenten und neun weiteren Kunstwerken – als national wertvoll im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes eingestuft hat. Somit sollte die Portigon AG die Stradivari nicht vorschnell aus ihren Bilanzen streichen, sondern dafür sorgen, dass Herr Zimmermann sie weiter spielen kann.´“
 
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

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