rheinische ART
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rheinische ART 01/2019

Archiv 2018

MALERFÜRSTEN
Herrenrunde

 

Sie waren meisterhafte Maler, angesehen, vermögend, gefragt und verehrt. Sie stiegen kometenhaft auf und bewegten sich auf Augenhöhe mit den Mächtigen und Reichen ihrer Zeit. Die sogenannten Malerfürsten der Gründerzeit prägten über Jahrzehnte das Bild in der Kunst.

 

Friedrich August von Kaulbach Garten in Ohlstadt 1913 Öl auf Leinwand 61,5 x 85,5 cm Ohlstadt, Villa Kaulbach / Würzburg, Deutsche Rentenversicherung Nordbayern © Würzburg, Deutsche Rentenversicherung Nordbayern

 

Die Bonner Bundeskunsthalle widmet sich in einer großen Ausstellung diesem internationalen kunst- und kulturgeschichtlichen Phänomen. Ihre Hochphase hatten diese Salonmaler, die wie die Fürsten lebten, um 1870 und 1880, ihr Ende setzte mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 ein.

 

Franz von Stuck Tochter Mary im roten Stuhl 1916 Öl auf Holz 107 x 93,5 cm Nachlass Franz von Stuck

 

Franz von Lenbach Lolo von Lenbach 1898 Öl auf Leinwand Münchner Künstlerhaus-Stiftung © Münchner Künstlerhaus-Stiftung Rentenversicherung Nordbayern © Würzburg, Deutsche Rentenversicherung Nordbayern

 

Bis dahin allerdings war die Selbstinszenierung und Stilisierung dieser Kunstvertreter und der Kult, der sich um sie rankte, ohne Beispiel.

     Erfolgreicher und konsequenter als andere Künstler nutzten sie ihre Verbindungen, heute würde man sagen „Netzwerke“. Sie waren in gewisser Weise zukunftsgewandt, mit Sicherheit aber geschäftstüchtig. Sie eigneten sich neue Reproduktionsmethoden wie die Fotografie an, schufen teils Gemälde wie am Fließband und präsentierten sich auf Ausstellungen, Festen oder Atelierbesuchen ihrem wohlhabenden Publikum.

     Geschickt nutzten sie das Pressewesen für Public Relations und ließen im Übrigen die gesamte Klaviatur des Verkaufswesens abspielen. Würde der betriebswirtschaftliche Begriff des Marketing-Mix nicht erst Mitte der 1930er Jahre aus den USA in den Fachwörterkatalog eingeflossen sein, er könnte aus der Zeit der Malerfürsten stammen!


Wer waren die Protagonisten mit dem sagenhaften Sonderstatus? Aus der illustren „Herrenrunde“ europäischer Meister, die in den damals führenden Kunstzentren wie zum Beispiel München, Wien, Düsseldorf oder Krakau residierten, stellt die Bundeskunsthalle sieben Persönlichkeiten vor. Um dem heutigen Gender-Mainstream mit * und -innen gleich gerecht zu werden: Damen als bildende Meister-Künstler waren mangels Gender-Bewusstsein dieser Zeit nicht vorhanden.

     Aus dem deutschsprachigen Raum sind Franz von Lenbach, Friedrich August von Kaulbach und Franz von Stuck vertreten. Weitere Kunst-Produzenten, die sich aufgrund ihrer sensationellen Gemälde vor Aufträgen nicht retten konnten: Frederic Lord Leighton, Hans Makart, Jan Matejko und Mihály von Munkácsy.


Aufgrund ihrer Popularität, so heißt es in Bonn, wurden viele Werke dieser - mit dem griffigen Terminus „Malerfürsten“ titulierten - Künstler bereits während ihrer Entstehung angekündigt und angepriesen.

     Durch Verbindungen zu professionellen Kunsthändlern sicherten sich die strategisch planenden Maler beste Konditionen: finanzielle Absicherung, Einzelausstellungen mit optimaler Beleuchtung, Ausstellungstourneen bis in die USA.

     Die Präsentation ihrer Gemälde auf internationalen Schauen war ein Publikumsmagnet. Und im Endeffekt war alles ein riesiges Geschäft, das den Maler-Millionären sozialen Aufstieg und einen überaus luxuriösen, pompösen und fürstengleichen Lebensstil ermöglichte.

 

Hans Makart Der Frühling 1883/84 Öl auf Leinwand 370 x 630 cm © Salzburg Museum

 

Die Exposition in Bonn macht in ihrer Sektion „Im Palast der Kunst“ deutlich, dass repräsentatives Wohnen und Arbeiten für das Image dieser Spitzenkünstler extrem wichtig war. Um 1875 nahm das Bedürfnis, in Glanz und Pomp zu wohnen, auffällig zu.

 

James Jacques Joseph Tissot Mr. Frederic Leighton Vanity Fair Karikatur, 29. Juni 1872 Chromolithografie 40 x 27,2 cm V&A Theatre and Perfomance, London © Victoria and Albert Museum, London

 

In München bauten namhafte Architekten den örtlichen „Münchner Malerfürsten“ prachtvolle Refugien. Der Ungar Munkácsy zog, finanziell unterstützt von seiner vermögenden Gattin, in ein Stadtpalais, Lord Leighton ließ 1877 in London sein der Münchner Stuck-Villa ähnelndes Leighton House um die prächtige Arab Hall erweitern.

     Ob nun Stadtwohnung, Herrenhaus oder repräsentatives Stadtpalais – stets spielten individuelle Bedingungen, persönlicher Stil und Sammlungsvorlieben beim Design eine wichtige Rolle. 

     Der polnische Historienmaler Jan Matejko ließ Möbel aus Venedig, der kosmopolitische Lord Leighton Fliesen aus dem Nahen Osten kommen, Lenbach und Kaulbach füllten ihre Häuser mit exquisiten Antiquitäten und Gemälden und Stuck entwarf gleich die komplette Inneneinrichtung seiner Villa im Münchner Stadtteil Haidhausen selbst.

 

Jan Matejko Die Jungfrau von Orléans (Ölskizze) 1883 Öl auf Holz 68 x 105 cm Krakau, Muzeum Narodowe w Krakowie © Muzeum Narodowe w Krakowie

 

All das konnte nur funktionieren, weil die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen es zuließen. Daher betont Rein Wolfs, Intendant der Bundeskunsthalle: „Die Figur des Malerfürsten ist nicht ohne Kenntnis der sozialen und politischen Verhältnisse ihrer Zeit zu verstehen.“

     Und die waren bestens, denn es herrschten ökonomische Boomjahre in vielen Teilen Europas. In Wien etwa profitierten Künstler vom Ausbau des einzigartigen Boulevards "Ringstraße" (mehr). Es entstanden überall gewaltige Vermögen und das aufstrebende Bürgertum und die Kaufmannschaft investierten, im Wettlauf mit dem Adel, in Reputation und Glanz. Für Kunst wurde daher viel Geld ausgegeben, vorzugsweise für die attraktive Malerei der Malerfürsten, deren Stil den Zeitgeist bestimmte: für Kaulbach, Lenbach und Stuck aber auch für Makart und Munkácsy.

 

Ausstellungsansicht Foto: Peter-Paul Weiler, 2018 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

 

Um das Bemerkenswerte an dieser sehenswerten Ausstellung auf den Punkt zu bringen: Der besondere Charakter der Präsentation ergibt sich nicht nur aus der Gegenüberstellung der sieben Persönlichkeiten und ihrer Werke, sondern auch durch die Einblicke in ihre Lebenswelten.

     Mit dem Künstlertyp des Malerfürsten – einer bislang, wie die Bonner Kuratoren betonen, „ausgeblendeten Facette der Moderne“ – wird dem Besucher eine neue, spannende Geschichte des 19. Jahrhunderts erzählt, „die von der Kunst ebenso handelt wie von Geld, Macht und Ruhm“.
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Ein amüsantes Beispiel für gesunden Erwerbstrieb bot 1895 Franz von Stuck (1863–1928), damals Professor an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Für den Kölner Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck entwarf er Sammelbilder für dessen Sammelalben, darunter die Serie „Die Musen“ für das Stollwerck-Sammelalbum No. 4 von 1899.


  Der österreichische Malerfürst Hans Makart (1840 –1884) gab einem ganzen Stil seinen Namen. Er galt als zentrale Figur der Ringstraßenepoche und hübschte Wohnungen an dieser "Via Triumphalis" nicht nur mit Gemälden, sondern auch mit viel Pomp, Plüsch, schweren Wandbehängen und wuchtigen Kronleuchtern auf. Der Makartstil war auch in Deutschland viel gefragt.


  Nicht allen Malerfürsten bekam der Ruhm, es mehrten sich kritische Stimmen. Die Kunstauffassung von Franz von Lenbach (1836–1904) wurde in der Spätphase als „Salontirolerei“ bespöttelt. Der Schweizer Maler Karl Stauffer-Bern kritisierte, Lenbach fehle „die Zeit zu ernster Tätigkeit“ seit er es nur noch mit „Kaisern, Königen und Päpsten“ zu tun hätte.


Die Ausstellung Malerfürsten wird bis zum 27. Januar 2019 gezeigt.
Bundeskunsthalle Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171200
Öffnungszeiten
Di - Mi 10 - 21Uhr
Do - So 10 - 19Uhr
Feiertags: 10 - 19Uhr

 

 

 

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