rheinische ART
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rheinische ART 05/2011

 

Archiv 2011: aus "Kultur-Orte"

Imagination der Zuflucht


Der Ehrenfelder Hochbunker als Kunstraum

 

Die Fluchttür - nüchtern in Szene

gesetzt von Eberhard Weible

1938, in der Reichsprogromnacht, ging die Ehrenfelder Synagoge in Flammen auf. Vier Jahre später errichteten die Kölner auf ihrem Areal einen mehrgeschossigen Hochbunker. Das Gebäude Körnerstraße 101 wirkt heute, mitten im Wohngebiet, wie ein Relikt aus alter Zeit. Monströs und abweisend überragt der Betonklotz die benachbarten Häuserzeilen.

 

1983/84 wurde der Bau wieder instand gesetzt, seit 1995 ist er als Denkmal geschützt. Diente er zunächst noch Feuerwehr und Katastrophenschutz als Lager, so steht er nunmehr nackt und funktionslos da. Nur sporadisch öffneten sich seitdem die beiden schweren ebenerdigen Gittertore. Weggesperrt vor der Öffentlichkeit hütet der Bunker seine Geschichte. Als Museum war er wohl nie im Gespräch, aber immerhin, seit der Jahrtausendwende kommt er zumindest sporadisch nun auch von Innen wieder zu Gesicht: Als Raum für Kunst.

   WAHRNEHMUNG ist die Ausstellung schlicht überschrieben, die in diesen Monaten in ihm zu sehen ist. Drei Düsseldorfer und vier Kölner Künstler stellen auf Einladung des Kunstvereins Lenauforum unter Leitung von Roland Neuburg aus. Das Besondere: Ihre Exponate sind auf den Bunker hin konzipiert. Die Installationen wirken auf den Raum hin und aus ihm heraus. Sie erzählen Geschichten. Die Angst und Hoffnung derer, die in den Mauern ihre Zuflucht suchten, während des Kriegs vor den Bomben, nach dem Ende des Kriegs vor Kälte und Nässe in den Trümmern, die vom Tausendjährigen Reich übrig blieben, schwingen in ihren Arbeiten mit.

 

Scheintürlicht von Eberhard Weible, Installation Bunker - Schutzraum - Licht

 

Doch der Bunker ist mehr als ein Ort der Zuflucht. Er ist ein Symbol ihrer Gefährdung, der Nichtversicherbarkeit gegen die Hauptrisiken unserer Zeit. Fukushima und Tschernobyl, New Orleans und Deepwater Horizon zeigen: Wir Menschen können Städte, ja ganze Regionen unbehausbar machen – und das ganz ohne Krieg. Kein Bunker der Welt garantiert mehr Sicherheit. Wir sind gefährdet, wir gefährden uns, wo immer wir sind. Dies in Wahrnehmung zu übersetzen, leistet die Ausstellung in ihren sechs Sequenzen:

 

Einwegwelt (Esther Kusche und Rainer Kiel): Müll, die Überbleibsel des alltäglichen Vergessens als Rohstoff für recycelte Mobiles. (7. - 22. Mai)

Scheintürlicht (Eberhard Weible): Imaginäre Türen, die sich willkürlich öffnen und schließen. (29. Mai - 12. Juni)
Fairy Tales (Dorothea Bohde): Imaginäre Fenster, die nur im Märchen in die heile Welt entlassen. (29. Mai – 12. Juni)
Haare (Inken Boje): Schnitte, Haircuts, die nicht nur als Entschuldung die Differenz zwischen vorher und nachher, zwischen heute und morgen in der Radikalität des Eingriffs fassbar machen. (19. Juni – 29. Juli)
Transite (Susanne Fasbender): Fragmentierte Sequenzen, die den Aufgriff illegaler Heimatloser zwischen Hoffen und Bangen chargieren. (19. Juni – 29. Juli)
Quengelterror (Anja Wiese): Ärger und Frust des vereinzelten Daseins als Gesäusel, Hintergrundrauschen ohne Bezug auf das Warum, die Kausalität der Beziehungsmuster. (19. - 29. Juli)

 

Einwegwelt, Esther Kusche, Rainer Kiel / Sammelwerk, Installation

 

Der Bunker zieht den „Schleier der Maja“ nicht weg, aber spielt mit unserer Vorstellung, all unseren Einbildungen und Vermeintlichkeiten und macht so unsere Welt als ein Sammelsurium an Vorstellungsentwürfen, letztlich als nichts anderes als imaginäre Zufluchten erfahrbar, wahrnehmbar.
Georg Simet


Ausstellungsdauer gesamt: 7. Mai bis 29. Juni 2011
Hochbunker
Körnerstraße 101
50825 Köln-Ehrenfeld
Tel. 0178 / 4102963
Öffnungszeiten
SA + SO 15 - 19 Uhr

 

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