rheinische ART
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rheinische ART 12/2011

Archiv 2011: aus "Kunst erleben"

Die geheimen Schätze des Wallraf

 

Johann Heinrich Hintze, Köln, Groß St. Martin im Schnee, um 1832, 45,5 x 31 cm, Öl auf Leinwand

 

Défilé der

verborgenen Reihe

 

Das Wallraf-Richartz in Köln wagt einen tiefen Blick ins eigene Depot und präsentiert Kunstwerke, die für gewöhnlich ein Schattendasein in der eigenen Sammlung pflegen. Gerade die Qualitätsunterschiede im Hinblick auf die in der Dauerausstellung gezeigten Objekte machen die Schau hochspannend.

 

 

Wer würde nicht gerne einmal in die unterirdischen Lagerräume eines namhaften Museums hinabsteigen, in klimatisierte Gänge, in denen Kunstwerke stapelweise verpackt lagern oder an großen Schiebegittern darauf warten, wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu gelangen?

 

Fälschung nach Vincent van Gogh, Ährenfeld mit Kornhocken, 50 x 70 cm, Öl auf Leinwand

 

Auguste Renoir, Landschaftsstudie
13,2 x 15 cm, Öl auf Leinwand

 

Innenansicht Depot im Wallraf

 

Auch das Wallraf-Richartz-Museum in Köln verfügt über so ein Depot, und tatsächlich ist das in der Dauerausstellung Gezeigte lediglich die Spitze des Eisberges. In den Kellerräumen lagern, nach klimatischen Bedingungen sortiert, mehr als 2000 Gemälde sowie Grafiken und rund 100 Skulpturen. Platzmangel in der Galerie ist nur eine Erklärung, warum die Werke als Teil der Sammlung nicht gezeigt werden, denn die weiteren Gründe sind nicht weniger bedeutend: Entweder lagern die Kunstwerke aus konservatorischen Umständen im Depot, entsprechen vielleicht nicht dem derzeitigen Zeitgeschmack, die Zuschreibung ist ungeklärt oder aber die Werke sind einfach nicht von so herausragender Qualität wie die „Highlights“ in den oberen Geschossen.
    Die aktuelle Ausstellung „Panoptikum“ präsentiert nun eine beträchtliche Anzahl dieses verborgenen Bestandes. Im Stil der Petersburger Hängung reihen sich die Gemälde dicht an dicht. Dazu verfolgen die Ausstellungsmacher ein eher ungewöhnliches Konzept. Die Bilder sind nicht beschriftet, sondern nummeriert – interessiert sich der Besucher für ein Werk besonders, so muss er zwecks Kenntnisvertiefung im Ausstellungsheft nachschlagen.

 

Unvoreingenommenes Sehen

 

Dies führt dazu, dass man sich nicht vom Künstlernamen beeindrucken lässt, sondern zunächst nur das Bild vor Augen hat. Dabei macht man so manche Entdeckung, wie etwa die, dass auch eine Größe wie Renoir nicht nur Überzeugendes auf die Leinwand bannte. Oder man zeigt sich spontan begeistert und ist anschließend überrascht, den Namen des Künstlers noch nie gehört zu haben. Das dem Besucher abverlangte unvoreingenommene Sehen fördert somit die Entwicklung eines wirklich persönlichen Kunsturteils.

 

Stillleben mit Prunkgefäßen nach Willem Kalf, nach 1643,
114,5 x 85,5 cm, Öl auf Leinwand

 

Hierzu gesellt sich ein weiterer maßgeblicher Aspekt, nämlich der Vergleich mit den Werken in der Dauerausstellung. Ein gutes Beispiel bieten hierfür die niederländischen Stillleben des 17.Jahrhunderts. Die besonders hohe Qualität der in der Dauerausstellung gezeigten Stillleben von Willem Kalf oder Pieter Claesz ist nicht unbedingt auf Anhieb augenfällig, wenn sich ausschließlich andere Meisterwerke im näheren Umfeld befinden. Ihre Meisterschaft offenbart sich aber unmittelbar, wenn man diesen Stillleben aus dem Panoptikum gegenüberstellt, in denen die Farbe vielleicht weniger Brillanz besitzt oder kompositorische Schwächen deutlicher zu Tage treten. Da diese Vergleichsmöglichkeit im Wallraf-Richartz-Museum gegeben ist, kann das Panoptikum durchaus auch als eine Schule des Blickes bezeichnet werden, die Unterschiede herausarbeitet und den eigenen Sinn für Qualität verfeinert.

Robert Woitschützke

 

Die Ausstellung "Panoptikum. Die geheimen Schätze des Wallraf" ist bis zum 22. Januar 2012 zu sehen.
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten (am Kölner Rathaus)
50667 Köln
Telefon 0221-221/2 11 19

Öffnungszeiten
DI - FR 10-18 Uhr
DO bis 22 Uhr (außer an Feiertagen)
SA und SO 11-18 Uhr

 

©rheinische-art.de
© Fotos Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (4), mdsCreative GmbH/Franz Schwarz (1)

 

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