rheinische ART
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rheinische ART 04/2011

 

Archiv 2011: aus "Berühmte Namen"

 

Ein Expressionist rheinischer Prägung

 

Josef Urbach 

 

Neusser Rennplatz, 1952
Aquarell und Bleistift auf Papier
Blatt 21 x 14,8 cm
Clemens-Sels-Museum Neuss, Inv.Nr. 1983.177

Die Kulturwochenschrift Hellweg schrieb 1922 über Josef Urbach, er pflege die Landschaftsmalerei in einer „sehr eigenwillig architektonisch beherrschten Form: So die Phantasie Neuß (seine Vaterstadt), zusammengedrängt wie eine Burg, aus dem Horizontalen ins Vertikale verschoben.“ Die Zeitschrift sah bereits jenen Maler, der „nicht nur als vorübergehende Erscheinung“ aufflammen würde. Wie Recht sie damit hatte!

 

JOSEF URBACH wurde am 9. März 1889 in Neuss geboren. Als 16-Jähriger nimmt er ein Studium an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule auf. Seine Lehrer sind namhaft. Es sind der Architekt und Zeichner Professor Peter Behrens (1868-1940), der als früher Vertreter des modernen Industriedesign gilt, der Graphiker und Typograph Professor Fritz H. Ehmcke (1878-1965), dessen Assistent Urbach wird, sowie in späteren Jahren der Kunstprofessor und Architekt Wilhelm H. Kreis.

   Die auf Architektur, Zweckform und Industrie ausgerichtete Denk- und Lehrweise der Kunstgewerbeschule mag den Stil Urbachs bis in die frühen 20er-Jahre stark beeinflusst haben. Hellweg-Autor Paul A. Schettler sieht 1922 aber bereits in der Entwicklung Urbachs erste Abwendungen vom Strukturellen und Architektonischen: Urbach sei zwar ein Darsteller der Industrie gewesen, hätte aber wie viele junge Kollegen mit dem Wandel hin zum „Organismus der Natur“ gerungen und diesen vollzogen.

 

Landschaft mit Bahndamm, 1916
Öl auf Leinwand - Bild 68 x 77 cm
Clemens-Sels-Museum Neuss, Inv.Nr. 1981.108

 

Porträt Karl Gabriel Pfeill (Neuss 1889-1942), 1910/12 - Öl auf Leinwand, Bild 102,5 x 94 cm - Erw. vom Verein der Freunde u. Förderer des CSM Clemens-Sels-Museum Neuss, Inv.Nr. 1982.142

Wanderjahre und Rheinischer Expressionismus

 

Nach fünf Jahren Düsseldorf folgen unruhige Wanderjahre voller künstlerisch und menschlich prägender Erfahrungen. So hält sich Josef Urbach 1910 mit dem niederländischen Glasmaler und Künstler Jan Thorn Prikker (1868-1932) in Paris auf und wird hier Zeitzeuge des Aufschwungs der modernen Malerei. Ab 1911 studiert Urbach an der Karlsruher Kunstakademie bei Prof. Friedrich Fehr (1862-1927) und in Bern bei dem Kunsthistoriker Wilhelm Worringer. 1914 nimmt Urbach, ursprünglich impressionistisch geprägt und zu diesem Zeitpunkt dem Expressionismus rheinischer Prägung verbunden, einen Lehrauftrag an der Kunstgewerbeschule in Essen, der späteren Folkwang-Schule, an. Während des Ersten Weltkriegs wird er als Kriegsmaler an der Flandernfront eingesetzt.

   Die rheinischen Avantgarde-Künstler, die etwa von 1905 bis in die 30er-Jahre expressionistisch malten oder sich dieser Richtung verbunden fühlten, künstlerisch allerdings kein gemeinsames Konzept verfolgten, werden als „Rheinische Expressionisten“ bezeichnet. Protagonist dieses Seitenwegs war August Macke, der auch den Begriff prägte. Die Rheinische Expressionisten stellten 1912 in Köln in der „Sonderbund-Ausstellung“ ihre Werke vor. Die Schau gilt als die erste geschlossene Exposition moderner Kunst in Europa. 1913 folgte die von Macke initiierte „Ausstellung Rheinischer Expressionisten“ in Bonn.

 

Ausstellungen

 

Als expressionistisch-ausgerichteter Maler wie auch als Meister der Holzschnitttechnik kommt Urbach mit vielen Malern der umstrittenen „neuen Richtung“ zusammen. Er wird Mitglied im Künstlerbund „Junges Rheinland“, dem unter anderen auch Campendonk, Ernst, Lehmbruck, A. Macke, Nauen und Ophey angehören. Urbachs Werke werden in u.a. in Düsseldorf, Bonn, Berlin, Essen, Köln, Paris und Florenz mit Kunstprominenz wie Kokoschka, Kirchner, Barlach, Nolde, Pechstein, Liebermann, Rolfs gezeigt. Mit 34 Jahren wird Josef Urbach schließlich 1923 zum Professor an der Folkwang-Schule in Essen berufen. Fast 50 Jahre wird dieser Hort der Kreativität und Kunst seine Wirkungsstätte als Kunstpädagoge bleiben. Urbachs Arbeitsschwerpunkte sind Zeichnen, Akt und Porträt. Hinzu kommen Auftragsarbeiten für Industrie und Wirtschaft, einem Sujet seiner frühen Schaffensperiode, in der er als ausgesprochener Darsteller der Industrie galt.

 

Neusser Pferderennen - Blick auf Quirinusmünster, 1947
Aquarell auf Bütten - Blatt 41 x 28,7 cm
Clemens-Sels-Museum Neuss, Inv.Nr. 1983.174

 

Rennpferde im Galopp

 

Künstlerisch verändert sich Urbach zunehmend, er rückt vom Expressionismus und den architektonischen Bildelementen ab und wendet sich einem dem Realismus nahen Stil zu. Die neue Ausdrucksform zeigt sich in milden, vereinzelt schleierhaften, subtilen und verhaltenen Darstellungen; Einflüsse, die möglicherweise auf seine Aufenthalte in Italien zurück zu führen sind. Wiederkehrende Motive sind Tierdarstellungen, berühmt werden vor allem seine ausdrucksstarken Pferdebilder: Mit schnellen sparsamen Strichen gezeichnete Rennpferde im Galopp auf dem Parcours, aber auch still auf einer Weide äsende Tiere. Verstärkt arbeitet Urbach mit der Aquarelltechnik, die er meisterhaft bei seinen Tier- und Landschaftsbildern anwendet. Seine Motive gewinnt der Rheinländer aus seiner Umgebung, den Fluss- und Auenlandschaften an Rhein und Ruhr, dem urbanen Leben in Essen und Neuss, dem lokalen Brauchtum der Schützenfeste. Unter dem Nationalsozialismus werden in den 30er-Jahren einige seiner Arbeiten als „entartet“ eingestuft und nicht mehr öffentlich gezeigt. Während des Krieges wird nahezu das gesamte künstlerische Lebenswerk Urbachs bei einen Bombenangriff vernichtet. Der Künstler verstarb 1973 in Essen, wo auch eine Straße nach ihm benannt ist.

Claus P. Woitschützke

 

Werke von Urbach wurden bereits früh von prominenten Stellen erworben. 1930 kaufte das Auswärtige Amt in Berlin ein großformatiges Schützenfestbild für die deutsche Botschaft in Washington an. 1936 wurde sein Gemälde „Vor der Tribüne“, ein Motiv aus dem Milieu des Pferderennsports, durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) für die olympische Kunstausstellung in Berlin ausgewählt.

Josef Urbach erhielt zwei interessante Berufungen. 1939 trug ihm die Kunstakademie in Ankara einen Lehrstuhl für Kunst an. Der Wechsel von Essen in die türkische Metropole wurde jedoch durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs verhindert. 1947 wurde ihm eine Lehrtätigkeit in Weimar angeboten, die Urbach jedoch ablehnte.
 Die abgebildeten Werke gehören zum Bestand des Clemens-Sels-Museums in Neuss.


©rheinische-art.de, Fotos Clemens-Sels Museum, Neuss

 

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