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rheinische ART 04/2016

Archiv 2011: aus "Kultur-Orte"

Farina gegenüber dem Jülichs-Platz

„ ... dieses wohlriechende Laster“

 

 

Johann Maria Farina (1685 – 1766), als Parfümeur entwickelte er den Duft „Farina gegenüber“, als Geschäftsmann konnte er schon 1742 sagen: „Eau de Cologne ist jetzt in ganz Europa bekannt.“

 

... so urteilte schon Goethe. Und was der große Dichter meinte, ist die älteste Parfüm-Marke der Welt und kommt aus Köln: Eau de Cologne – Wasser von Köln. Unter Kennern gehört es in die Kategorie „Must have“, denn die zitrusfrische Komposition von „Farina gegenüber“ ist unvergleichlich. Seit drei Jahrhunderten wird das wohlriechende Wasser unverändert in der Domstadt hergestellt. Am Stammsitz des Hauses Farina befindet sich das firmeneigene Duftmuseum. Hier wird die Kulturgeschichte des Eau de Cologne, das als Marke untrennbar mit Köln verbunden ist, authentisch erzählt.

 

DIE REZEPTUR des feinen Duftes wird seit jeher wohlweislich geheim gehalten, denn Nachahmer und Plagiate gibt und gab es viele. Bei Farina sammelte man die Plagiate und stellt sie heute im Museum aus. Diese sind so zahlreich, dass sie eine eigene Vitrine füllen. Doch worum bemühen sich die Kopisten, die nie mehr als den Versuch schaffen, das Original zu fälschen? Es geht um Luxus, um das Original Kölnisch Wasser, um die Einmaligkeit. Es geht um ein Duftwasser, das schon global vertrieben wurde, als es das Wort Globalisierung noch gar nicht gab.

 

Mediterrane Wurzeln

 

Die Familie Farina schrieb über Generationen die Geschichte des Duftes, der, so sein Kreateur, der Parfümeur Johann Maria Farina (1685 – 1766) „..mich an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert, an Bergnarzissen, Orangenblüten kurz nach dem Regen. Er erfrischt mich, stärkt meine Sinne und Phantasie.“ Diesen Duft nannte er zu Ehren seiner neuen Heimatstadt Köln Eau de Cologne und schuf damit aus heutiger Sicht eine Duftgattung.

    Die Familie Farina stammte aus Italien und Johann Maria Farina folgte seinem Bruder Johann Baptist 1708 in die Rheinstadt, wo dieser ein Jahr später einen Laden mit „Französisch Kram“ gründete. „Französisch Kram“ meinte nichts anderes als Luxusgüter und umfasste Seiden und Spitzen, Duftwässer und Silber. Kurz darauf trat Johann Maria Farina in das Unternehmen seines Bruders ein und was er mitbrachte, war eine Besonderheit: seine feine Nase. Er besaß die seltene Gabe des absoluten Geruchssinns. Wer alles riecht, dem kann auch schon mal was zum Himmel stinken. Und Köln roch damals gar nicht so gut. Wie es zu der Zeit üblich war, wurden Abfall und auch Nachttöpfe auf der Straße entsorgt. Die Körperpflege sah Waschen nur selten vor, denn es galt als krank machend. Die Erkenntnis, dass abgekochtes Wasser rein ist, war noch nicht gewonnen.

 

Über 125 Jahr war der Flakon grün, danach wurde ein durchsichtiges Glas benutzt. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Flakonformen entwickelt, wobei ein eckiges Modell für die Herrenlinie entstand und ein mehr rundes für die Damen. Der Inhalt war der gleiche. Klassisch die ursprüngliche Rosolie-Form


Die gehobene Gesellschaft gebrauchte zur Überdeckung der eigenen Ausdünstungen schwere, süßlich-schwüle Duftöle wie etwa Moschus. Die Folge war, dass bei vielen Gelegenheiten die Menschen ihre Sinne verloren, denn über den Gesellschaften hing ein fürwahr „betäubendes“ Aroma.

 

Vom Kompositeur zum Hoflieferanten

 

Johann Maria Farinas neue Komposition brauchte nicht lange, um sich größter Beliebtheit zu erfreuen. Vielleicht lag es auch am Stil jener Zeit, in der man die „Natürlichkeit“ entdeckte. Verbürgt ist: Adel und Bürgertum schätzten das Parfum, das mehr war als ein Hauch Mittelmeer und so vieles angenehmer und leichter machte. Die Wässerchen dienten neben der Körperpflege zum Parfümieren von Wäsche, als „Raumspray“ und Badezusatz, und wurden nicht selten auch getrunken.
     Die Neuheit sprach sich schnell herum und in nur wenigen Jahren konnten die Kölner in Europa fast alle Adels- und Königshäuser zu ihren Kunden zählen. Dass beständige Qualität sich durchsetzt ist daran abzulesen, dass manche Familien nachweisbar seit 200 Jahren „Farina gegenüber“ bestellen. Diese lange Dauer legt Zeugnis ab von der Zeitlosigkeit des Duftes und sprengt fürwahr den Begriff Treue.
      Natürlich ranken sich so manche Geschichten um einige der prominenten Käufer: Napoleon Bonaparte zum Beispiel hat seine Stiefel so arbeiten lassen, dass in einem Schaft immer Platz für eine Rosolie, ein schmaler hoher Flakon, mit Eau de Cologne war. Er verbrauchte angeblich einen Flakon täglich. Goethe schätzte den Duft ebenso sehr. Er hatte - zur Stimulanz und Erhöhung der Annehmlichkeit - auf seinem Schreibtisch stets mit Eau de Cologne benetzte Tücher in einer Schale liegen.

 

Die Nähe zur Ausgrabungsstätte Archäologische Zone und die unterirdische Verbundenheit Kölns ließen die Archäologen auch auf erhebliche Mengen sehr alter Farina-Flakons stoßen. Im Bild: Johann Maria Farina, Dr. Sven Schütte, Leiter der Archäologischen Zone, und Tina Farina

 

Die Exklusivität unterstrich das Haus Farina durch das Zeichen einer roten Tulpe, das bis heute für die Originalität des Duftes „Farina gegenüber“ bürgt und auch heute noch als weithin sichtbares Zeichen an der Fassade des Stammhauses prangt. Tulpen waren in der Zeit des Rokoko der Inbegriff puren Luxus – und genau das war das „Kölnische Wasser“.

 

Ein „Schmuck für die Nase“

 

Die Leichtigkeit des Duftes basiert auf Johann Maria Farinas Kenntnissen der Destillation. Er wusste schon damals um das Geheimnis der Herstellung reinsten Alkohol, der frei war von Inhaltsstoffen, die das Geruchserlebnis trüben oder verfälschen konnten. Alkohol ist der Träger seines exquisiten Duftes, wobei eine Eigenschaft des Alkohol hier besonders zum Tragen kommt: er verfliegt und mit diesem gewollten Vorgang umhüllt der Duft seinen Träger wie eine „Schmuckwolke“, wird zum „Schmuck für die Nase“, wie der Parfümeur Johann Maria Farina sagte.
     Die elegante Komposition beinhaltet viele Ingredienzen, u.a. italienische Limette, Bergamotte, Neroli, Petitgrain, Orange, Zitrone, Pampelmuse und Cedrat. Johann Maria Farina ging so weit, die im Süden geernteten Früchte in Köln anliefern zu lassen, da die im Anbauland hergestellten Essenzen daraus nicht seinen Ansprüchen nach gleich bleibender Qualität entsprachen. Der Anblick ganzer Fuhrwerksladungen frischer Südfrüchte war im historischen Köln eine Sensation und so manche Mutter sagte zu ihren Kindern: „Riech mal, das ist gesund.“

 

Die Animation zeigt visionär die zukünftige Umgebung des Farina-Stammsitzes mit dem Duftmuseum


Das Duftmuseum liegt damals wie heute im Zentrum der Domstadt. Gegenüber dem Historischen Rathaus und neben dem Wallraf-Richartz-Museum gelegen ist es an prominentem Platze zu finden. Durch die jüngsten Entscheidungen der Stadt Köln wird auf dem nur wenige Meter entfernten Rathausplatz das neue Museum Archäologische Zone und Jüdisches Museum gebaut. Das provisorische Zelt, das die Grabungsarbeiten beherbergt, wird absehbar der Vergangenheit angehören. Für Tina Farina ein Schritt in eine gute Zukunft des Hauses „Farina gegenüber dem Jülichs-Platz“.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

 

Duftmuseum im Farina-Haus
Obenmarspforten 21
50667 Köln

Tel. 0221 / 399 8994


Öffnungszeiten:
MO – SA 10.00 – 18.00 Uhr
SO 11.00 – 16.00 Uhr
Audio-Führungen mehrsprachig

 

 Die Liste berühmter Kunden ist lang und spricht für sich. Prominente Käufer: 1734 König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, 1736 Kurfürst Clemens August von Köln, 1740 Kaiserin Maria Theresia, 1745 Louis XV, König von Frankreich, 1745 König Friedrich der Große, 1745 Voltaire, 1782 Wolfgang Amadeus Mozart, 1800 König von Schweden, 1804 Napoleon Bonaparte, 1814 Johann Wolfgang von Goethe, 1815 Zar Alexander I., 1824 Heinrich Heine, 1837 Queen Victoria, ... und viele weitere auch aus der jüngeren Zeit, wie u.a. 1910 King Georg V., 1921 Thomas Mann, 1927 Gustav V. König von Schweden, 1928 Konrad Adenauer, 1935 Marlene Dietrich, 1939 Heinz Rühmann, 1951 Kaiserin Soraja von Persien, 1959 Indira Ghandi, 1959 Romy Schneider, 1970 Hildegard Knef, 1987 Princess Diana, 1999 Bill Clinton.

 

 


© Fotos (3) FARINA GEGENÜBER, (1) rArt

 

  

 

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