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rheinische ART 08/2011


 

 Archiv 2011: aus "Kultur + Geschichte"

Ernest Hemingway (1899 - 1961)

 

„Wir sollten täglich mindestens eine Seite Hemingway lesen, schon um das Gespür für Reinheit und Stil nicht verkümmern zu lassen." Matthias Matussek in „Die wahren Sätze“, Der Spiegel 26/2011 

Foto www.rarelibrary.com

 

Historisch-literarische Wanderungen in der Eifel

 

 

Auf Hemingways Spuren

 

 

Die Eifel ist bekanntlich ein schöner Flecken Erde, reich an Kultur und Natur. Teils lieblich-romantisch, auch mal karg und rau, fast immer grün. Dass dieses westliche Randgebiet Deutschlands auch Eingang in die Weltliteratur fand, ist einer eher unrühmliche Epoche deutscher Geschichte zuzuschreiben.

 

ES WAR der amerikanische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway, an dessen Freitod vor 50 Jahren derzeit vielfach erinnert wird, der dieses waldreiche Mittelgebirge mit einem Roman in den literarischen Olymp erhob. Es ist allgemein wenig bekannt, dass sich der Bestsellerautor im Winter 1944/45 monatelang als Kriegskorrespondent in der Nordeifel aufhielt. Er wurde Augenzeuge der Kämpfe im berüchtigten Hürtgenwald und verarbeitete seine traumatischen Erlebnisse in dem autobiografisch gefärbten Kurzroman „Über den Fluss und in die Wälder“ (1950).

 

Hügel vor Hürtgenwald-Grosshau, den Hemingway in seinem Roman „Über den Fluss und in die Wälder“ beschrieb. Foto: Konejung Stiftung Kultur

Erinnerungskultur

 

Ein eher ungewöhnliches Projekt in Form einer Verbindung von (Welt-)Literatur und geschichtlichem Schauplatz haben die Gemeinde Hürtgenwald und die „Konejung Stiftung Kultur“ realisiert. Sie bieten Touristen und Tagesurlaubern, insbesondere historisch Interessierten, sechs sogenannte „historisch-literarische Wanderrouten“ an, die an die Orte des Geschehens der winterlichen Hürtgenwald-Schlacht führen. Der mit 9,5 Kilometern ausgewiesene Hemingway-Trail ist der längste dieser sechs Wanderwege. Eine weitere Route, der Heinrich-Böll-Weg, erstreckt sich über 5,2 Kilometer. Nicht gerade ein klassischer Spaziergang für die Familie am Sonntag, jedoch durchaus informativ und interessant. Denn die Rundgänge können als multimedial gestützte Wanderungen erfolgen, ein Mobiltelefon (Handy) ermöglicht optische und akustische Assistenz und liefert so weiterführende Informationen vor Ort. Die Erklärungen befassen sich mit der Rolle Hemingways als Kriegsberichter und leiten den Wanderer zu den ehemaligen Kriegsschauplätzen, an denen sich der berühmte Romanautor aufgehalten hatte.

 

Ernest Hemingway und Colonel Lanham bei Schweiler, Eifel, September 1944. Foto: J.F.K. Library

Literaten an der Front

 

Die Kämpfe zwischen der US-Army und der Wehrmacht in der Eifel bei Hürtgen gehören zu den schwersten des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden. Hemingway, zu dieser Zeit Mittvierziger, Weltkrieg-I-Veteran, sowohl erfolgreicher Reporter als auch Schriftsteller (u.a. Fiesta 1926, In einem anderen Land 1929), hat allerdings nie eine reine Reportage über diese Kämpfe verfasst. Es wird vielfach kolportiert, dass die grausamen Eindrücke den Macho und Frauenhelden, passionierten Hochseefischer und Großwildjäger in seiner Grundeinstellung zum Krieg, den er bis dato eher als Abenteuer ansah, völlig verändert hätten. Der Bestseller „Über den Fluss und in die Wälder“ spiegelt Hemingways dramatische Erfahrungen in der Nordeifel literarisch wider - in der für ihn typischen, aus der Reporterpraxis übernommenen, stilistisch klaren, brillanten wie schnörkellosen Sprache. So vermerkt er über den Hürtgenwald, dies sei „ … eine Gegend, in der es äußerst schwierig war, am Leben zu bleiben, selbst wenn man nichts weiter tat, als dort zu sein.“

   Wer den Hemingway-Trail erwandert, wird gleichzeitig an den US-Schriftsteller Jerome D. Salinger (1919 – 2010) erinnert, der zur selben Zeit mit Hemingway im Hürtgenwald eingesetzt war und dort erste Teile seines Welterfolges „Der Fänger im Roggen“ verfasste. Der Roman, der einzige übrigens des Autors, erschien 1951 und prägte das Lebensgefühl von Generationen. Eine deutsche Neuübersetzung des Buches besorgte Heinrich Böll. Ernest Hemingway erhielt 1954 den Literaturnobelpreis für sein Weltepos „Der alte Mann und das Meer“. Sieben Jahre später, am 2. Juli 1961, erschoss er sich in seinem Haus in Ketchum/Idaho. J.D. Salinger, der zurückgezogen als Einzelgänger lebte und von dem bekannt war, dass er unter einem Kriegsschock litt, verfasste lediglich noch Kurzgeschichten und Novellen und nach 1965 kein Wort mehr. Er starb am 29. Januar 2010 mit 91 Jahren eines natürlichen Todes, 65 Jahre nach der Schlacht im Hürtgenwald.

 

In „Über den Fluß und in die Wälder“ greift Hemingway die Themen Krieg und Italien, Liebe und Tod auf. Hauptakteur ist ein alternder und todkranker US-Infanterieoberst namens Richard Cantwell. Als Berufssoldat hat er am Ersten und Zweiten Weltkrieg (auch eben im Hürtgenwald) teilgenommen und wurde mehrfach schwer verletzt. Vor der Kulisse des Nachkriegs-Venedig gesteht ihm, der schwer gezeichnet und dem Tode nahe ist, die schöne 19-jährige Venezianerin Contessa Renata ihre Liebe. Der sterbende, kriegsmüde Veteran erzählt ihr rückblickend sein Leben und seine Kriegserfahrung. Nach einer Entenjagd im kalten Winter der Lagunenstadt ereilt den Oberst schließlich unentrinnbar und dramatisch das Ende. Der Originaltitel lautet „Across the River and Into the Trees“ (New York, 1950); einzig autorisierte Übertragung aus dem Amerikanischen von Annemarie Horschitz-Horst im Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg.

 Klaus M. Martinetz

 

Die historisch-literarischen Wanderwege ermöglichen eine „Wander-Zeitreise“ durch die Jahre 1938 bis1947 im Rureifeler Hürtgenwald. Die sechs Themengebiete, auch Themenschleifen genannt, können GPS-geführt erwandert werden, entsprechende Flyer sind in den Tourist-Infos der Region erhältlich.

Informationen zum „Hemingway-Trail“ und anderen Routen des „Historisch-literarischen Wanderweg – Hürtgenwald 1938-1947“ sowie zahlreiche Audio- und Videodokumente zur Vorschau und als Download finden Sie hier:

http://www.mm-historyguide.de/projekte.0.html

 

 

 

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