rheinische ART
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rheinische ART 01/2022

Archiv 2022

MUSIKGESCHCHTE
Electro-Dusche

 

Erstmals stellt ein deutsches Museum die über 100-jährige Geschichte der elektronischen Musik und ihre Verbindungen zur Kunst umfangreich dar. Ort des akustischen Shower: der Kunstpalast in Düsseldorf.

 

Über 500 Exponate beleuchten die Ursprünge des Genres. Blick in die Ausstellung Electro. Von Kraftwerk bis Techno. Foto © rART 2021

 

Man könnte sich fragen, was elektronische Musik in einem Museum zu suchen hat. Längst ist aber klar: sie ist die treibende Kraft der Popkultur gewesen und damit auch irgendwie museal.

 

Equipment und Originalhelme der französischen Electro-Formation Daft Punk. Das Duo hat sich Anfang 2021 offiziell aufgelöst. Foto © rART 2021

 

Electro. Von Kraftwerk bis Techno“ heißt die Schau. Sie ist eine jener seltenen Präsentationen, die ohne Strom überhaupt nicht funktionieren würde. Schließlich wird aus / mit Strom die Musik erst gemacht!

     Sie ist auch aus diesem Grunde ein Novum im Kunstpalast und versteht sich nicht als Ausstellung über Musik, auch wenn diese ohne Unterlass wummert.

     Vielmehr gehe es darum, die Verbindungen zwischen elektronischer Musik und künstlerischer Produktion wie zum Beispiel Grafikdesign, digitaler Kunst, Fotografie, Video und Performance zu verdeutlichen, wie es heißt.

     Dennoch dürfte der Museumsleiter Felix Krämer richtig liegen, wenn er die Besucher darauf einstimmt, dies sei vermutlich „eine der lautesten Ausstellungen, die Sie je gesehen haben.“

 

1970 gründeten Ralf Hütter und Florian Schneider ihr Kling-Klang-Studio in Düsseldorf und starteten das Multimedia-Projekt Kraftwerk. Elektromechanische Roboterfigur als Stellvertreter in der Ausstellung. Foto © rART 2021

 

Detroit, die ehemalige Autostadt mit Maschinenseele, gilt als Wiege der Techno-Musik. Der Musikstil entstand dort Ende der 1980er Jahre. Kraftwerk-Auftritt im State Theatre im Juni 1998. Bildexponat in der Ausstellung. Foto © rART 2021

 

Die schon in Paris und London mit nationalen Schwerpunkten gezeigte Schau ist eine Mixtur aus Vitrinen, Instrumenten und seltsamen Geräten, Archivmaterial, Multimedia mit Laser-Technik und Sound-Installationen. Und vor allem ist sie aus gutem Grund auf das Rheinland fokussiert.     

     Denn die legendäre und bis heute weltweit einflussreichste Electro-Formation namens „Kraftwerk“ bildet einen Kern der Präsentation.

     Krämer hob die bedeutende Position der Kraftwerk-Pioniere Ralf Hütter und des verstorbenen Florian Schneider (mehr) mit ihrem ehemaligen Kling-Klang-Studio in Düsseldorf hervor. „Ich freue mich umso mehr, dass wir gemeinsam mit Kraftwerk-Mitgründer Ralf Hütter diese spektakuläre Ausstellung im Kunstpalast realisieren.“


Die Besucher werden mit Fotografien, Plattencovern, historischen Musikinstrumenten, Lichtskulpturen 12345678 sowie den Roboterfiguren der Düsseldorfer Electro-Kultband regelrecht geflutet.

     Und damit tritt unweigerlich ein, was die Kuratoren beabsichtigen: Sie locken das Publikum in einen „kollektiven Erlebnisraum“, in dem eine Hommage an die revolutionären Technologien in der Musik rasend, blitzend, dröhnend, wummernd, verwirrend unablässig abläuft.
     Das Spektrum der Schau reicht von den ersten zukunftsweisenden elektronischen Musikinstrumenten aus dem frühen 20. Jahrhundert bis zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der zeitgenössischen elektronischen Klangproduktion. Strömungen wie Detroit-Techno, Chicago House und Hip-Hop aus den Achtzigern finden ebenso ihren akustischen und fotokünstlerischen Widerhall wie die Rave-Kultur danach.

 

Technische Geräte der Elektro-Avantgarde für verschiedene Wellen und Klangfrequenzen. Das 1951 gegründete Studio für Elektronische Musik war eine der ersten Institutionen, die Musik mit Maschinen erzeugte. Rotationstisch von Karlheinz Stockhausen. Foto © rART 2021

 

Alles in allem ein durchaus spannender und vielverzweigter historischer Rundumschlag. Bemerkenswert, dass die musikalischen Experimente von Karlheinz Stockhausen aus den 1960er Jahren im Kölner Studio für Elektronische Musik endlich einmal einen würdigen Präsentationsrahmen erfahren (mehr).

     Fast vergessen wird nämlich oft die Tatsache, dass die Electro-Musik ihren Ausgang in kleinen Studios in Paris und Köln nahm. Vor allem der Avantgarde-Komponist Stockhausen und seine elektronische „Wunderkammer“ in der Domstadt sind ohne Zweifel eine Urzelle dieses Musik-Genres. Wer seinerzeit hierhin eingeladen wurde, erhielt quasi den elektronischen Ritterschlag. Dabei reichen die deutschen Anfänge gar bis in das Nachkriegsjahr 1951 mit dem damaligen Hamburger Funkhaus NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk, später WDR) zurück.

     70 Jahre ist das her! Heute ist Stockhausens historisches Electro-Rüstzeug leider nur eine heimatlose Tonstudio-Erinnerung in einer Kölner Vorort-Industrieimmobilie.
rART


Für die Entwicklung der elektronischen Musik schufen mehrere Künstler im Rheinland wichtige Grundlagen. Zu ihnen gehörten neben Karlheinz Stockhausen auch die Grande Dame des Fluxus und NRW-Kunstpreisträgerin 2021 Mary Bauermeister (mehr), Nam June Paik (mehr) oder der US-Musiker und bildende Künstler Ben Patterson (mehr).


Kraftwerk in Tokio auf YouTube hier
 

 Kraftwerk in Detroit auf YouTube hier

 

Die Ausstellung Electro. Von Kraftwerk bis Techno wird bis zum 15. Mai 2022 gezeigt.
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr
DO 11 – 21 Uhr

 

► Kuratoren der Ausstellung sind Alain Bieber, Künstlerischer Leiter NRW-Forum / Kunstpalast und Jean-Yves Leloup, Musée de la musique – Philharmonie de Paris.

 

 

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