rheinische ART
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rheinische ART 09/2020

Archiv 2020

SOLIDARNOŚĆ
„Lernt Polnisch“


Dieser politisch gemeinte Aufruf war nur einer von zahlreichen, die Anfang der 80er Jahre in der DDR als Graffiti an Hauswänden, auf Schaufensterscheiben, als Flugblatt oder Plakat auftauchten. Eine Provokation für das SED-Regime.

 

High Noon oder „Zwölf Uhr mittags“. Polnisches Solidarność - Plakat mit Anspielung auf den US-Western von 1952 mit Gary Cooper in der Hauptrolle. Plakat "Solidarności", symbol wyborów z 1989 rokuLukas Plewnia/flickr, Bildquelle © BStU, Polnisches Institut Düsseldorf 2020

 

Eine Ausstellung im Landtag NRW mit dem Titel „Lernt Polnisch. Solidarność, die DDR und die Stasi" erinnert derzeit an diese Vor-Wendezeiten im ehemaligen „deutschen Arbeiter- und Bauernstaat“.
40 Jahre sind die denkwürdigen Vorgänge um die polnische Gewerkschaft Solidarność nunmehr her. Sie sind zum Mythos geworden.

     Nach dem Arbeiterstreik und der Besetzung der Danziger Leninwerft soll der Elektriker und spätere Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa am 14. August 1980 die Werftmauer erklommen haben und zum Streikführer avanciert sein. Aus dem Auguststreik entstand drei Wochen später die Solidarność als unabhängige Bewegung und erste nicht kommunistische Gewerkschaft im damaligen Ostblock.

 

Die Solidarność war weit mehr als eine nationale Gewerkschaft. Sie war eine Bewegung, die ganz Polen erfasste und in der sich das Streben der Menschen nach Demokratie und Freiheit ausdrückte. Bildquelle © Bundesstiftung Aufarbeitung/Harald Schmitt, Bild 3151

 

Die Ereignisse in und um Danzig und Lech Wałęsa wurden nicht nur im Westen aufmerksam verfolgt. Auch die Bürger in den kommunistischen „Bruderstaaten“ blickten gebannt nach Polen, denn die dortige politische Entwicklung beeinflusste die Freiheitswünsche in ihren eigenen Ländern in hohem Maße.

 

Ikonografisches Batiktuch des DDR-Bürgers und Solidarność-Sympathisanten Thomas Kretschmer. Bildquelle © BStU , Polnisches Institut Düsseldorf 2020

 

Der Mut und die Kraft der Solidarność machten auch den Oppositionellen in der „Deutschen Demokratischen Republik“ Hoffnung auf Reformen, auf eine neue politische Ära. Die DDR-Führung hingegen befürchtete vor allem, der freiheitliche Funke könne überspringen. Denn schon längst brodelte es zwischen Rostock und Dresden.

     Wer sich in der DDR aber offen solidarisch zeigte und Sympathie für die polnische Bewegung äußerte, wurde hart bestraft, wie das Beispiel des Erfurter Bausoldaten Thomas Kretschmer zeigt. Für seine auf ein NVA-Tuch gebatikte Parole „1981 Lernt Polnisch“ – Titelgeber der Ausstellung – wurde er zu vier Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt.

 

Die Staatssicherheit (Stasi) erhielt von der SED den Auftrag, die Reaktionen der Menschen in der DDR scharf zu überwachen. Die Wanderausstellung zeigt anhand von Stasi-Unterlagen, wie die Geheimpolizei pro-polnische – also "feindlich-negative" − Haltungen verfolgte und versuchte, Solidarität mit der Bewegung der „Solidarność“ zu unterbinden.

 

Blick nach Ostberlin 1979. Der „Bazillus“ Solidarność war bei den DDR-Machthabern gefürchtet und Solidarität mit Polen strafbar. Politische Parolen wie „Lernt Polnisch“ oder „Polen brennt, Berlin pennt“ - ein abgewandelter Studentenspruch der 68er (mehr) - riefen sofort die Staatssicherheit auf den Plan. Foto © rheinische ART 2020


Die Gründung von Solidarność im September 1980 war, so heißt es in der Ausstellung, ein Resultat der antikommunistischen Bewegung in ganz Polen. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarungen zwischen der oppositionellen gewerkschafts-politischen Bewegung und der kommunistischen Regierung der Volksrepublik Polen entstand die unabhängige, selbstverwaltete Gewerkschaft NSZZ Solidarność, die fast 10 Millionen Mitglieder zählte.

     Nach der Einführung des Kriegsrechts im Dezember 1981 wurde sie allerdings verboten, agierte aber im Untergrund weiter. 1989 wurde Solidarność wieder zugelassen und handelte mit der Regierung am sog. Runden Tisch den Übergang Polens in eine parlamentarische Demokratie aus.

     Dies wurde zum Modell für einen gewaltfreien Machtwechsel, leitete den Niedergang des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa ein und führte schließlich auch zum Fall der Berliner Mauer und zur Wiedervereinigung Deutschlands.
rART/bra


 Die Präsentation ist eine Wanderausstellung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), gegründet 1990, mit Zentralstelle in Berlin.Verkürzend nach den jeweiligen Bundesbeauftragten, derzeit Roland Jahn, wurde sie auch Gauck- oder Birthler-Behörde genannt.


Die Ausstellung „Lernt Polnisch. Solidarność, die DDR und die Stasi" kann im Landtag NRW vom 1. bis 15. September 2020 besucht werden. Anschließend zeigt das Polnische Institut Düsseldorf die Exponate bis zum 30. Oktober 2020.


Landtag NRW
Platz des Landtags 1,
40221 Düsseldorf
Tel. 0211 / 8840
Öffnungszeiten
Auf Anfrage

Instytut Polski / Polnisches Institut

Citadellstraße 7
40213 Düsseldorf
Tel. 0211 / 866960
Öffnungszeiten
MO, DO, FR 11 – 16 Uhr
DI, MI 11 – 19 Uhr

 

 

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