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rheinische ART 05/2020

Archiv 2020

KULTFIGUREN
Das Jahr der rheinischen Bären


So gut wie alle kennen sie, die meisten lieben sie. Das Gemisch aus Gelantine, Zucker und anderen Ingredienzien ist zwar für die Zähne nicht gerade förderlich, offenbar jedoch für die Seele. HARIBOs Gummibärchen sind längst Kult.
 

HARIBO-Werbung der 1930er Jahre; sie ging später um die Welt. Der Zusatz „und Erwachsene ebenso“ kam 30 Jahre später hinzu. Nach Firmenangaben kennen 98 Prozent der Deutschen den Werbeslogan und verbinden ihn mit dem Gummibärchen-Konzern. Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Der weltbekannte Hersteller aus Bonn feiert sein 100jähriges Bestehen.

 

Gründer Hans Riegel (Sen.) in den 1930er Jahren Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Fabrikation in Bonn-Kessenich um 1920. Hans Riegel startete mit bescheidener Aktiva: ein Sack Zucker, ein Hocker, eine Walze, ein Kupferkessel und ein Herd. Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Am 13. Dezember 1920 wurde das Unternehmen in einer Hinterhof-Waschküche in der Bergstraße des Bonner Stadtteils Kessenich gegründet und für das Handelsregister angemeldet.

     Firmenchef des „Start-ups“ war der gelernte Bonbonkocher Johann „Hans“ Riegel. Er gab seiner Gründung den Namen HARIBO, ein Akronym: zusammengesetzt aus den ersten zwei Buchstaben seines Ruf- und Nachnamens und den ersten beiden Buchstaben des Standorts Bonn. Der Name wurde als Marke schnell bekannt.


HARIBO ist seit Jahrzehnten ein eingetragenes Warenzeichen und das Unternehmen selbst weltweiter Marktführer im Fruchtgummi- und Lakritzsegment.

     Bekanntestes Erzeugnis im Naschwerk-Sortiment dürfte das im Jahre 1922 von Riegel erfundene Fruchtgummi-Figürchen „Tanzbär“ sein. Ein eher schlanker Ur-Bär, heute eine Kultfigur und als Goldbär zu Weltruhm gelangt. Allein 160 Millionen Goldbären, so das Unternehmen, werden derzeit pro Tag weltweit hergestellt.

     Schon in den 1930er-Jahren wurde Verkaufsförderung und Reklame für Gummibärchen und Lakritzschnecken groß geschrieben. Aus dieser Zeit stammt der gängige Werbereim „HARIBO macht Kinder froh“.

 

HARIBO Tanzbären von 1922, die Urform der heutigen überaus erfolgreichen Goldbären. Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Den tatsächlich großen Aufschwung erfuhr HARIBO in den Wirtschaftswunderjahren unter den Gebrüdern Hans jr. und Paul Riegel. Der eine Marketingmann, der andere Tüftler und Techniker. Ihr Erfolg basierte vor allem auf einer konsequenten Markenstrategie. Der Slogan „HARIBO macht Kinder froh“ blieb dabei unverändert bestehen und wurde mit der Zeit aufgepeppt durch die fast geniale Anfügung „und Erwachsene ebenso.“

     Daneben gab es in den bundesdeutschen Aufschwungjahren auch Werbung auf Schallplatten, sogenannte Brand-Songs, bei denen bekannte Märchen mit Kinderstimmen zum Markenzeichen wurden und die Reime variierten (siehe unten). Amüsante Kinderstimmen aus Erwachsenenmündern sind neuerdings wieder ein Merkmal der Firmenwerbung.

 

Werbung für Lakritz-Konfekt Mitte der 1950er Jahre Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Verkaufshit Goldbären, 200-g-Beutel, Foto © HARIBO GmbH & Co. KG

 

Der Umsatz des HARIBO-Konzerns, nach wie vor ein reines Familienunternehmen und bei Zahlen traditionell verschwiegen, wird heute von Branchenkennern auf jährlich über 3 Milliarden Euro geschätzt. Auch andere Daten sind beeindruckend. Weltweit werden fast 7000 Mitarbeiter beschäftigt, davon etwa 3000 in Deutschland. Es wird an 16 Standorten produziert und in über 100 Länder verkauft. Großer Popularität erfreuen sich die bunten Bären aus Bonn zum Beispiel in Japan.
     Zwei markante Vorgänge ließen jüngst aufhorchen. Der Süßwaren-Konzern verlagerte aus finanziellen Gründen die Unternehmenszentrale in die nicht weit von Bonn entfernte Gemeinde Grafschaft in Rheinland-Pfalz, produziert jedoch weiterhin auch noch am nordrhein-westfälischen Stammsitz.

     Die Einführung von zuckerreduzierten Bären, Lakritzen und anderem Süßen ging daneben und gleichzeitige Pannen bei Software-Neuerungen führten zu zwei wirtschaftlich schwierigen Jahren mit Umsatzrückgängen und Marktverlusten. Eine Erkenntnis der Manager: Der Konsument hat halt doch lieber den schönen süßen Klassiker.

 

Aporpos Konsument. Es waren die zahlreichen prominenten Naschkatzen, die keinen Hehl daraus machten, dass sie nur schwer den süßen Versuchungen aus Bonn widerstehen konnten.

     Auf Goldbären standen schon vor Jahrzehnten unter anderen Heinz Rühmann, Erich Kästner und Albert Einstein. Ferner auch die Politiker Konrad Adenauer und Hans-Dietrich Genscher.

     Der abgedankte und im niederländischen Exil lebende letzte deutsche Kaiser Wilhelm II soll ebenfalls stets froh gewesen sein, wenn ihm Goldbären-Beutel angeliefert wurden. Dem Ex-Monarchen wird die denkwürdige Aussage zugeschrieben, dass die Gummibärchen aus Bonn das Beste gewesen sei, was die Weimarer Republik hervorgebracht hätte.

 

Eine lange (Werbe-)Liebe verband auch den TV-Showmaster und Moderator Thomas Gottschalk mit den süß-klebrigen Leckereien. Fast 23 Jahre lang war Gottschalk das Werbegesicht für die Produkte Goldbären, Colorado und Lakritz, was zu einem Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde führte.

     Und aktuell? Auf jeden Fall hat das bunte Naschwerk alles was es braucht, um durch die coronabedingte Wirtschaftskrise zu kommen. Denn dieser „Spaß für Jung und Alt“ (Eigenwerbung), dieses „Zuckerprodukt zum Genießen“, wer kann in solchen an Hausarrest reichen Zeiten darauf schon verzichten?
rART/cpw

 

 In den 1960er Jahren bediente sich HARIBO der Werbeschallplatte als Medium. Besungen wurden die Gummibärchen unter Bezug auf bekannte Märchen. Eines auf dem „Brand-Song“ war das von Rotkäppchen. Das Mädchen mit der roten Kappe kommt zum bösen Wolf und überzeugt ihn, dass er lieber HARIBO verspeisen solle als sie. Daraus wurde: „HARIBO macht Kinder froh, und dem Wolf schmeckt´s ebenso.“ Der Werbereim bei Hänsel und Gretel war auch nicht schlecht: er endete „…und die Hexe ebenso“.

 

 

 

 

 

 

 

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