rheinische ART
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rheinische ART 04/2022

Archiv 2022

LICHT UND KUNST
Der Transporteur und die Zeit


Der japanische Maler, Fotograf, Videokünstler und Bildhauer Hiroyuki Masuyama spielt seit zwei Jahrzehnten mit Licht, Raum und Zeit. Orte, die als Motive für große Werke der Kunstgeschichte dienten, fotografiert er hundertfach und komponiert sie am Computer mittels digitaler Bearbeitung neu.

 

Begegnung (Ausschnitt) zweier Meister ihres Fachs: links Friedrich August de Leuw, rechts die Neuinterpretation des Sujets des japanischen Künstlers Hirojuki Masuyama. Bildquelle © Kunst Museum Solingen Ausstellungsplakat 2022

 

Aus alt mach neu also? So einfach ist es nicht. Das, was Hiroyuki Masuyama (*1968) nach der digitalen Schleuse präsentiert, ist ebenso verblüffend, bestechend, faszinierend und sinnlich, man kann auch sagen atemberaubend und grandios, und hat ihm internationalen Ruhm eingetragen.

     Es sind vor allem seine neuartigen Kompositionen alter Werke in LED-Leuchtkästen, die in zahlreichen Sammlungen und renommierten Kunsthäusern strahlen. Ähnlich wirkungsvoll ist diese Art der malerischen Fotokunst auch ausgedruckt in Großformaten.

 

Rheingrafenstein (Bildmontage): Die bei Künstlern beliebte, markante Felsformation an der Nahe bei Bad Münster im Gemälde von Friedrich August de Leuw (links) und in der Bearbeitung von Hiroyuki Masuyama (rechts). Bildquelle © Kunst Museum Solingen Ausstellungsplakat 2022

 

Mit seiner Digitaltechnik hat Masuyama altmeisterliche Motive, die ihm als Bildvorlagen dienen, unter anderen von Albrecht Dürer, Giovanni Battista Piranesi, William Turner oder Caspar David Friedrich neu inszeniert.

     Derzeit zeigt eine Ausstellung im Kunst Museum Solingen Werke aus dem 19. Jahrhundert des aus Gräfrath stammenden Romantikers Friedrich August de Leuw (1817–1888) und stellt sie digital bearbeiteten Fotografien des Japaners gegenüber.

     Die Motive und Sichtweisen sind stets dieselben, nur in die Gegenwart verlegt und mit der zeitgenössischen Digital-Technik produziert. Das Resultat: Licht und Leuchtkästen liefern eine neue, spektakuläre Wirkung von Landschaft und Natur und damit eine neue temporale Wirklichkeit. Es ist eine Zeitreise von 200 Jahren, an die auch der Ausstellungstitel „Zeitreise 1817 – 2022“ erinnert.


Warum gerade der eher wenig bekannte Landschafts- und Vedutenmaler Friedrich August de Leuw gewählt wurde? „Sowohl Hiroyuki Masuyama als auch de Leuw haben an der Kunstakademie Düsseldorf studiert. Hiroyuki Masuyama hatte seine erste Ausstellung in Solingen, wo de Leuw gelebt hat“, kommentiert Solingens Museumsdirektorin Gisela Elbracht-Iglhaut die Gemeinsamkeiten der beiden Künstler.

 

Requisite von eigener Hand. Für seine Neuinszenierung der Rheingrafenstein-Fotografien benötigte Masuyama ein historisches Boot. Aus Mangel an einem Original baute er den Nachen selbst. Foto © rheinische ART 2022

 

Friedrich August de Leuw, der zur Düsseldorfer Malerschule gehörte, hatte 1876 das Ölgemälde „Rheingrafenstein mit Mönch und Ministrant“ geschaffen. Das damals – wie auch heute noch – höchst populäre Motiv der Felsenwand an der Nahe mit den christlichen Männern an einem Boot stellte Masuyama für die Fotografie nach. Da allerdings ein Ruderboot nicht im Original zu finden war, baute es der Künstler kurzerhand selbst und versah es mit der Anschrift „Ich komme aus dem Jahr 1876“.

 

Weitere Exponate zeigen beispielsweise Waldstücke, die der Künstler im Laufe eines Jahres täglich per Kamera erfasste und final mittels Fotomontagen als Jahreszeitenverlauf abbildet.

 

Hiroyuki Masuyama Ein Wald im Jahreszeitenverlauf (Ausschnitt). Foto © rheinische ART 2022

 

An einer großen Wand hat Masuyama ferner rund 670 handgemalte Bilder platziert, die in Ausschnitten die Milchstraße und den Sternenhimmel repräsentieren. Hiroyuki Masuyama über sich in einem Interview: „Im Grunde bin ich ein Transporteur, ich greife etwas auf und gebe es weiter in die Zukunft. Das ist mein Beruf, der Beruf des Künstlers“ (mehr).

 

Hiroyuki Masuyama  und sein Sternenkosmos. Blick in die „Weltraumkugel“ aus Kieferholz mit Epoxidharz-Beschichtung und 30.000 Glasfaserstiften als Leuchtpunkte im Inneren. Die Lichteinlässe sind wie die Sterne im Universum angeordnet. Bildquelle © Kunst Museum Solingen; Foto Christian Beier 2022

 

Die aufregendste Skulptur der Ausstellung ist seine begeh- beziehungsweise bekriechbare Drei-Meter-Kugel. Durch eine Luke ist deren Inneres zu erreichen und verschafft ein Aha-Erlebnis. Denn dort eröffnet sich dem Besucher eine 30.000 Leuchtpunkte starke prachtvolle Galaxie, in der Plexiglasstäbe die Sterne symbolisieren und den Betrachter somit direkt ins Weltall versetzen. Ein Genuss, hockend, knieend, sitzend oder liegend!
ruwoi


Die Ausstellung „Zeitreise 1817 – 2022“ wird bis zum 24. April 2022 gezeigt.
Kunst Museum Solingen
Wuppertaler Str. 160
42653 Solingen
Tel 0212 258 140
Öffnungszeiten:
DI – SO 10 – 17 Uhr

 

 

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Der Künstler beim Aufbau der Holzkugel. auf Youtube (hier

 

 

 

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