rheinische ART
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rheinische ART 01/2013

 

ARCHIV 2013

Biologische Konstruktionsprinzipien

 

Organische Architektur

 

Seifenblasen von Frei Otto © IL, Uni Stuttgart

 

 

Wasserwirbel und Seifenblasen, Spinnennester und Knochen: Die Natur zu verstehen und von ihr zu lernen ist ein alter Menschheitstraum. Ein Werkzeug, das helfen kann, natürliche Phänomene mit ihrer funktionalen Gesetzmäßigkeit zu erkennen und zu verstehen, ist die Mathematik. Viele komplexe Erscheinungsformen der Natur lassen sich auf mathematische Regeln zurückführen, denn - erstaunlich genug - basieren scheinbares Chaos und Unregelmäßigkeiten oftmals auf klaren Regeln und Strukturen.

 

KANN MAN nun durch die Anwendung derartiger, aus der Natur hergeleiteter Regeln, den Prozess der Form- und Gestaltfindung steuern? Im aut – architektur und tirol – geht die Ausstellung „Form Follows Nature“ diesem Thema nach. Mit Arbeiten von Frei Otto, Carsten Nicolai und den Finsterwalder Architekten Maria und Rudolf versammelt das Haus der Architektur in Innsbruck Beispiele dafür, wie eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Natur Inspirationsquelle für Formen, Techniken und Strukturen sein kann.

Frei Otto, Olympiastadion München, 1972 © IL, Uni Stuttgart

 

 

Frei Otto, Multihalle, Bundesgartenschau Mannheim, 1975 © Frei Otto

 

    Frei Otto (*1925), bekannt als Ideengeber der auch heute noch ob ihrer filigranen und geschwungenen Optik Aufsehen erregenden Dachkonstruktion im Olympiastadion in München 1972, hat wie kaum ein anderer in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die energetisch und konstruktiv optimierten Formen der Natur erforscht. Als Professor an der TU Stuttgart gründete und leitete er die Sonderforschungsbereiche „Materialforschung und Forschung im konstruktiven Ingenieurbau“ und „Natürliche Konstruktionen. Leichtbau in Architektur und Natur“. Sein interdisziplinärer Ansatz ließ ihn Teams aus Architekten, Ingenieuren, Biologen, Verhaltensforschern, Paläontologen, Morphologen, Physikern, Medizinern, Historikern und Philosophen bilden, die Zellen und Knochen, Stämme und Halme, Spinnennetze und Vogelnester, Wasserwirbel und Seifenblasen untersuchen.
    Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden unter anderem zur Entwicklung von „weitgespannten Flächentragwerken“ wie Seilnetzen und Gitterschalen genutzt, die ähnlich effizient und stabil funktionieren wie die Natur.

 

Die Form wird dabei nicht entworfen, sondern in einem empirischen Prozess experimentell ermittelt.

 

Rudolf Finsterwalder, Dragonfly © Finsterwalder Architekten

 

Carsten Nicolai: In der Serie „Funken“ sind es die unterschiedlichen Bewegungsformen von gezündeten Funken, deren baumartige Strukturen einem mathematischen Muster folgen, das Nicolai als grafische Lichtspur sichtbar macht © VG Bild-Kunst

Neben Frei Ottos Modellen sind Studien von Maria und Rudolf Finsterwalder zu sehen. Ähnlich Otto entwickeln sie Architekturen und Tragwerke in einem experimentellen Prozess und planen ausgehend von der Auseinandersetzung mit Formen und Strukturen der Natur eine organische, ganzheitliche Architektur. Rudolf Finsterwalder hat im Rheinland aktiv den portugiesischen Stararchitekten Álvaro Siza beim Bau des Siza-Pavillons auf der Raketenstation Hombroich (mehr) in Neuss begleitet. Hier sind Wohnen und Leben im Einklang mit und parallel zur Natur erfahrbar. Finsterwalders Visionen sehen eine spezifische Architektur, die sich aus der Funktion, den sozialen und psychologischen Anforderungen genauso entwickelt, wie aus der Konstruktion und dem Material.
    Ergänzt wird die Ausstellung durch Bilder und eine Installation von Carsten Nicolai, einem im Grenzbereich zwischen Kunst und Wissenschaft arbeitenden bildenden Künstler, Komponisten und Musiker, der sich intensiv mit mathematischen, physikalischen und natürlichen Phänomenen auseinandersetzt.
ruwoi

 

 

Die Ausstellung „Form Follows Nature“ ist bis zum 30. März 2013 zu sehen.
aut. architektur und tirol
im Adambräu
Lois Welzenbacher Platz 1
6020 Innsbruck – Österreich
Tel. 0043/512/57 15 67

 

Publikation zur Ausstellung:
Form Follows Nature. Eine Geschichte der Natur als Modell für Formfindung in Ingenieurbau, Architektur und Kunst
Herausgeber: Rudolf Finsterwalder
Beiträge u. a. von Rudolf Finsterwalder, Dieter Dolezel, Werner Nachtigall, Carsten Nicolai, Ian Stewart, Frei Otto, Manfred Speidel, Günther Hartmann, Eda Schaur, Cornelius Thywissen
27 x 20,3 cm, 512 Seiten, 537 Abbildungen, Deutsch/Englisch
erschienen 2011 im Springer-Verlag, Wien
ISBN 978-3-7091-0855-0

 

 

 

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