rheinische ART
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rheinische ART 12/2013

Archiv 2013

BERLINER IMPRESSIONISTEN  

„Die ganze Richtung

passt uns nicht“

 

So empörte sich einst der „offizielle“ staatliche Kunstbetrieb des wilhelminischen Kaiserreichs, an seiner Spitze Majestät Kaiser Wilhelm II., angesichts dessen, was da kam.

 

Lesser Ury, Im Café. Frau in Rot (1911), Detail, Öl auf Leinwand, 46 x 57 cm © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

 

Die „ganze Richtung“ - das war die aufkommende moderne Malerei, geschaffen von rebellischen deutschen Malern, die konträr zum herkömmlichen Zeitgeist standen und deren Themenwahl alles andere als staatstragend war. Kurzum: Die Obrigkeit wollte keine neuen Formen und Sehweisen. Schon gar keine, die ihre Inspirationen aus dem französischen Impressionismus gewannen.

 

Emil Orlik, Einfahrt zum Gutshof, 1905,

Öl auf Pappe, 69 x 66,5 cm © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

 

Lovis Corinth, Der Maler Leistikow, 1900,

Öl auf Leinwand, 60 x 49 cm © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

 

     Es war ein nachhaltiger Maler-Protest, der sich in Berlin - aber auch andernorts im Reich - Bahn brach. Eine Auflehnung gegen die reaktionäre staatliche Kunstpolitik, gegen die dominierende historisierende Kunstauffassung und die reine Akademiemalerei. Zahlreiche Künstlergruppen organisierten sich in Deutschland ab 1890 als Gegenbewegung, um der „Moderne“ in eigenen Ausstellungen Raum zu geben. Ihnen war der kaiserlich-staatliche Kunstbetrieb ein Gräuel, die konservativ ausgerichteten Ausstellungen eine Qual.

 

Deutscher Impressionismus Das Kölner Käthe Kollwitz Museum erinnert jetzt mit einer Schau über den Berliner Impressionismus an diese revolutionäre deutsche Kunstepoche, die rund zwanzig Jahre währte. 64 Werke der „Berliner Secession“ aus der Alten Nationalgalerie in Berlin präsentiert das Haus. Darunter befinden sich allein 20 Werke der herausragenden deutschen Impressionisten Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt. 26 weitere Repräsentanten wie etwa Lesser Ury, Walter Leistikow, Emil Orlik, Heinrich Hübner oder Wilhelm Trübner komplettieren das Bild.
      Die Ausstellung verdeutlicht zum einen das breite Spektrum und die große Dynamik künstlerischer Entwicklungen im Berlin der Jahrhundertwende. Zum anderen ruft sie den emanzipatorischen Akt deutscher Maler in Form der „Berliner Secession“ in Erinnerung. Daneben wird auch die deutsche Ausprägung der im Französischen wurzelnden Stilrichtung „Impressionismus“ deutlich, die erst jüngst mit großartigen Präsentationen in der Normandie wieder von sich Reden machte (mehr).
      Denn im Gegensatz zum französischen trat der deutsche Impressionismus weniger radikal in der Farbgebung und Formauflösung auf; nutzte eher dunkele Kompositionen und verhaltene Farbigkeit – zwar leuchtend, aber eben nicht strahlend.
      Thematisch spielt das Alltagsleben der Städter die beherrschende Rolle. Motive des Privaten sind bestimmend: Strandszenen, Bürgerportraits, Biergärten, Parks, Straßenansichten und Trabrennbahnen. Der Impressionismus in Deutschland ist damit wie in Frankreich Ausdruck eines modernen, auch urbanen Lebensgefühls – und damit Weltanschauung, wie die Kuratoren in Köln hervorheben.

 

Berliner Secession Bereits 1892 hatten elf progressive Künstler die „Vereinigung der XI“ in der Hauptstadt gegründet und in kleinen, exklusiven Ausstellungen ihre modernen Arbeiten präsentiert. Impulsgeber der Gruppe waren die Maler Max Liebermann, Franz Skarbina und Walter Leistikow. Sechs Jahre später wurde aus ihr die „Berliner Secession“, die mit 60 Mitgliedern zu den einflussreichen unabhängigen Künstler-Vereinigungen im Kaiserreich zählte. Öffentlichkeitswirksam exponierte die Gruppe ihre neue Kunst und ihr nachhaltiges Wirken setzt sich noch heute in so klangvollen Malernamen wie Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt um.
   Für das Trio kreierte der große Berliner Kunsthändler und Galerist Paul Cassirer den eingängigen Titel „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“. Diese Maler waren zu Beginn der 20. Jahrhunderts die Stars der Berliner Secession und revolutionierten die Kunst mit ihrer traditionellen Akademiemalerei zur Zeit des Kaiserreiches. Zu den „Revoluzern“, den Secessionisten der Reichshauptstadt, gehörten auch Frauen wie Dora Hitz, Sabine Lepsius und Käthe Kollwitz.
   Die erste Schau der Berliner „Abweichler“ wurde am 20. Mai 1899 unter dem Titel „Deutsche Kunstausstellung der Berliner Secession“ eröffnet. Sie bot 338 Skulpturen, Gemälde und Grafiken in lediglich zweireihiger Hängung, ging aber als ein glänzender gesellschaftlicher, künstlerischer und finanzieller Erfolg in die Kunstgeschichte ein.

 

Käthe Kollwitz und die Berliner Secessionisten Die gebürtige Ostpreußin Käthe Kollwitz studierte 1888 in München, als die naturalistische Freilichtmalerei à la „Schule von Barbizon“ und mit ihr der Impressionismus in Deutschland mit den Protagonisten Fritz von Udhe und Max Liebermann zum Durchbruch kam. Liebermann wurde ihr großes Vorbild. Zehn Jahre später hatte die Königsbergerin bereits in Fachkreisen einen Namen und Liebermann und die Berliner Secessionisten wurden auf sie aufmerksam. Es war Liebermann selbst, der an Käthe Kollwitz herantrat und ihr die Teilname an der ersten Secessionsausstellung in Berlin anbot. Die junge Künstlerin erhielt nicht nur die Chance, an der ersten Schau teilzunehmen, sondern auch Mitglied in dem Künstlerbund zu werden. Ein Akt der Anerkennung und keineswegs selbstverständlich. Kollwitz folgte der Aufforderung und wurde 1901 Mitglied.

 

Max Liebermann, Gartenlokal an der Havel, 1916, Öl auf Leinwand, 71,5 x 78,5 cm © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie


Max Liebermann schätzte die Arbeiten von Käthe Kollwitz. In einem Brief betonte er, dass er sich für sie in den ersten Jahren der Berliner Secession „besonders ... ins Zeug“ gelegt habe. Jedes Jahr stellte Kollwitz ihre neuen Arbeiten bei der Secession aus, ab 1901 auch in den neu hinzugekommenen Schwarz-Weiß-Ausstellungen des Vereins, die ausschließlich Grafik enthielten.

Klaus M. Martinetz

 

Die Sonderausstellung "Berliner Impressionismus. Werke der Berliner Secession aus der Nationalgalerie" ist bis zum 26. Januar 2014 zu sehen.

Käthe Kollwitz Museum Köln
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