rheinische ART
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rheinische ART 04/2013

 

ARCHIV 2013

Die Kunst auf der ART COLOGNE. Ein Messerundgang

 

Zurück in die Zukunft

 

Eine Skulptur von Katharina Grosse begrüßt die Besucher bereits vor dem Eingang. Wie zwei Eisschollen schieben sich die mit Acrylfarbe besprühten Styroporkörper übereinander. In den Eingangsbereich unausweichlich platziert hat der Messechef Daniel Hug auch die Sonderschau „Das Museum brennt“ mit Highlights aus der Videokunstsammlung von Julia Stoschek, der engagiertesten Sammlerinnen von neuer Medien- und Videokunst.

 

Die Sammlerin Julia Stoschek präsentert ein Teil ihrer Videosammlung

 

Impression von der ART COLOGNE 2013, Galerie Hans Mayer

 

 

 

DAMIT deutet sich bereits ein Messetrend an: Dieses Jahr werden mehr Videos gezeigt. Insbesondere der Film Say Goodbye To The Story von Christoph Schlingensief am Stand der Galerie Hauser & Wirth (Zürich) sorgt für Aufsehen. Gerne würde er den Bereich der Video- und Filmkunst noch weiter ausbauen, erklärte Hug in einem Interview mit dem WDR. In diesen Kontext fügt sich auch der Gewinner des diesjährigen Audi Art Award for New Positions ein: Es ist der Nachwuchskünstler Zbyněk Baladrán, der für seine Video-Installation Assemblages against Essences ausgezeichnet wurde.

 

Die verlorenen Söhne und Töchter sind wieder da

 

Zwei international bedeutende Galerien sind gleich am Anfang der Messe platziert: David Zwirner aus New York und Thaddaeus Ropac aus Salzburg. Beide sind nach Jahren der Abwesenheit zum zweiten Mal wieder auf der Art Cologne vertreten. Insbesondere die Rückkehr David Zwirners wurde viel beachtet, da es sein Vater Rudolf war, der 1967 den ersten Kölner Kunstmarkt initiierte. Daniel Hug ist es also gelungen, die großen internationalen Galerien zurückzuholen. Die wichtigste Galeristin Spaniens, Helga de Alvear, nimmt erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder an der Messe teil, ebenso die Galerie Krinzinger aus Wien.
   Thaddaeus Ropac hat einen neuen Baselitz mitgebracht mit dem Titel Auch nicht lila. Ein sitzendes älteres Ehepaar ist dargestellt, sie im lila Oberteil. Otto Dix‘ Gemälde Bildnis der Eltern II von 1924 stand offensichtlich Pate, nur hat Baselitz sein Gemälde in bewährter Manier auf den Kopf gedreht.
 

Impression von der ART COLOGNE 2013. Galerie Edith Wahlandt

 

    Einen spannenden Kontrast bilden die rund 15 Fotos von Robert Polidori aus der Versailles-Serie am Stand der Galerie Karsten Greve (Köln) direkt gegenüber. Karsten Greve vertritt mit Josef Albers, Paul Manzoni, Jannis Kounellis und Cy Twombly bedeutende Vertreter der Nachkriegskunst. Gotthard Graubners scheinbar schwarze, mit Synthetikwatte hinterfütterte Leinwand An van Dyck von 2011/12 chargiert in blau und violett, lässt man sich länger auf das Werk ein. Graubners Farbkissen sind mehrfach auf der Messe vertreten, so auch nebenan bei Edith Wahlandt (Stuttgart). Ihren Fokus legt die Galerie allerdings auf Katharina Hinsberg, deren Installation mitten eine modifizierte Version der 2012 im Kunstmuseum Stuttgart gezeigten Raumarbeit ist. Betreten ist erlaubt und das Verändern der dreidimensionalen Raster aus roten Kugeln auch.

 

Solide Schätze: Klassischen Moderne und Nachkriegskunst

 

Impression ART COLOGNE 2013. Galerie Schwarzer

 

Impression ART COLOGNE 2013, Galerie Haas

In Halle 11.2 liegt der Schwerpunkte auf der Klassischen Moderne und der Nachkriegskunst. Das Spitzenwerk aus diesem Segment hat die Schweizer Galerie Henze & Ketterer im Gepäck: Ernst Ludwig Kirchners Straßenbild vor dem Friseurladen für 3,75 Millionen Euro. Die Galerie betreut den Nachlass Kirchners, was die erstaunliche Anzahl seiner Werke an diesem Messestand erklärt. Mit Aquarellen von Lionel Feininger und Gemälden von Otto Dix, Georg Grosz, Emil Nolde, Paul Klee und August Macke sind weitere große Namen des Expressionismus und der klassischen Moderne auf der Art Cologne vertreten. Sehenswert auch einige Einzelpräsentationen: Die Galerie Schwarzer (Düsseldorf) widmet Alexej von Jawlensky eine eigene Sonderschau, während die Galerie Koch (Hannover) dem Zero-Künstler Otto Piene eine bemerkenswerte Einzelausstellung ausrichtet. Auch sein Zero-Kollege Heinz Mack ist auf der Messe zahlreich anzutreffen, unter anderem mit farbenfrohen Arbeiten bei Samuelis Baumgarte (Bielefeld). Die Düsseldorfer Galerie Ludorff zeigt abstrakte Bilder von Gerhard Richter. Werke von Richter sind weiterhin bei Klaus Benden (Köln) zu sehen, der Siebdrucke von Andy Warhol und Gemälde von Tom Wesselmann an seinem Stand präsentiert. Auf Raimund Girke, Tony Cragg oder Imi Knoebel, sogar auf Daniel Buren mit seinen raumgreifenden Installationen, trifft man in mehreren Galerien.

 

Experimentelles in Halle 11.3

 

Impression ART COLOGNE 2013, Galerie Eigen + Art

 

Impression ART COLOGNE 2013, Galerie Konrad Fischer

 

Impression ART COLOGNE 2013, Galerie Christine König

Cooler und experimenteller geht es eine Etage höher zu. Hier findet sich die aktuelle zeitgenössische Kunst, hier zeigen mit den New Positions 22 Nachwuchskünstler in Förderkojen ihre künstlerischen Positionen. Mit den New Contemporaries sind in Halle 11.3 auch Galerien vertreten, die nach 2010 gegründet wurden. Und der US-Galerienverband NADA hat hier seinen Platz gefunden.
   Auffallend sind der hohe Anteil junger Bildhauer und die Verwendung einfacher Materialien oder Fundstücke. Der Berliner Nachwuchskünstler Kai Schiemenz stellt in der Förderkoje von Eigen+Art (Berlin) aus. Seine skulpturalen Konstruktionen hinterfragen die Wechselbeziehung zwischen Mensch, Menschenmassen und Architektur. Die Galerie zeigt weiterhin Papierarbeiten von Neo Rauch und frische Leinwände von David Schnell. Mit kräftigen Farben und verschiedenen Fluchtpunkten definiert er die Landschaftsmalerei neu. Gesellschaftskritisch hingegen geht es zu bei Sprüth Magers (Berlin/London). Rosemarie Trockel protestiert mit ihrem fast 3 x 3 Meter großen Strickbild Square Enemy von 2006 gegen festgeschriebene Sichtweisen und das Geschlechterverhältnis. Sprüth Magers zeigen weiterhin Werke von Fischli / Weiss, Michail Pirgelis, Gary Hume und Thea Djordjadze. Politisch aktuell sind die Gemälde, Videos und Papierarbeiten aus der Occupy-Serie von Erik Schmidt, die sowohl bei bei carlierǀgebaur (Berlin) als auch bei Krinzinger (Wien) zu finden sind. Oder im Leopold-Hoesch-Museum, Düren, das Erik Schmidt gerade eine umfangreiche Einzelausstellung widmet. Zurück zu Krinzinger, der mit einer großformatigen Papierarbeit von Erik van Lieshout sowie neuen Skulpturen von Jonathan Meese aufwartet.
   Last but not least bietet die Art Cologne auch dem Segment der Fotografie eine interessante Plattform. Arbeiten von Bernd und Hilla Becher zeigt die Galerie Konrad Fischer (Düsseldorf), ebenso Werke ihres Schülers Thomas Ruff. Candida Höfer, ebenfalls Becher-Schülerin, ist bei Ben Brown Fine Arts (London) zu finden. Der spanische Konzeptkünster Santiago Sierra ist mit Fotoarbeiten bei Helga de Alvear (Madrid) vertreten, während die Galerie Thomas Zander (Köln) Fotos von Peter Downsbrough zeigt. Die Galerie Gisela Capitain (Köln) hat den Aktfotos von Elfie Semotan eigens eine Koje reserviert.
    Kunst galt schon im 17. Jahrhundert als probates Mittel, den gesellschaftlichen Rang zu manifestieren. Daran hat sich nicht viel geändert. Ein Besuch der Art Cologne lohnt also: Um in gute Kunst in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu investieren, oder um zu flanieren - nicht nur die Besucher sind sehenswert, auch der Kunsthändler, der seinen dezenten Zwirn mit oranger Krawatte, gelben Socken und lila Schuhen aufpeppt.
Marion Lisken-Pruss

 

ART COLOGNE
47. Internationaler Kunstmarkt
19. - 22. April 2013
Messehalle
Eingang Süd

Öffnungszeiten

12 - 20 Uhr

am 22. April bis 18 Uhr

 

© Fotos Köln Messe

 

 

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