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rheinische ART 02/2013

 

ARCHIV 2013

Kulturpolitik

 

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Hans-Georg Lohe, Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf

©Foto Wogirz

 

Traditionell wird am Anfang eines jeden Jahres Bilanz über das alte gezogen und Ausblick auf das neue Jahr gegeben. Irmgard Ruhs-Woitschützke sprach für die rheinische ART. mit dem Kulturdezernenten der Stadt Düsseldorf, Hans-Georg Lohe, über die Änderungen und die Aktivitäten in der Landeshauptstadt. Es zeigte sich: wer über 2013 redet, hat 2014 schnell im Blick.

 

rheinische ART.: Die Findungskommission für die Intendanz im Düsseldorfer Schauspielhaus ist eingerichtet, die Oper wird zwecks Optimierung der Nachhaltigkeit finanzieller Aufwendungen geprüft und die städtischen Kultureinrichtungen offerieren ein interessantes Programm. Der Auftakt scheint gelungen. Zudem sind Schließungen oder Kürzungen seitens der Stadt kein Thema. Verglichen mit anderen Kommunen steht die immer noch schuldenfreie Stadt Düsseldorf wunderbar da.

Hans-Georg Lohe: Das kann man in der Tat sagen. Finanziell stehen wir gut da. Wir haben auch für 2013 einen Kulturetat, der sich auf gleicher Höhe bewegt wie 2012. 113 Millionen Euro erhalten in diesem Jahr unsere Kultureinrichtungen. Hinzu kommen noch etwa 20 Millionen Euro, die für die Volkshochschule und die Clara-Schumann-Musikschule zur Verfügung stehen. Diese Mittel sind im Etat des Schuldezernates veranschlagt. Im interkommunalen Vergleich müsste man demnach 133 Millionen Euro für Kulturaufwendungen zugrunde legen.

 

Bei Erfolg ist Kritik nie fern. Es gibt Stimmen die bezweifeln, dass man 2013 das hohe Niveau des Jahres 2012 halten kann.
Wir hatten 2012 dem Museum Kunstpalast einen Sonderzuschuss der Stadt gewährt, um die besonders aufwendige El Greco-Ausstellung finanzieren zu können. Diese Schau, die über mehrere Jahre Vorlauf vom Generaldirektor Beat Wismer geplant wurde, hat gezeigt, wie richtig es ist, Sondermittel zur Verfügung zu stellen, um ein herausragendes Ausstellungsprojekt zu realisieren. „El Greco“ (mehr) hatte etwa 182.000 Besucher und zählt damit zu den bisher erfolgreichsten Ausstellungen im Museum Kunstpalast. Insgesamt hatte das Museum Kunstpalast mit 409.000 Besuchern 2012 sein erfolgreichstes Jahr. Übrigens ist auch die Andreas Gursky-Ausstellung (mehr) mit rund 165.000 Besuchern hervorragend besucht gewesen. Das Haus hat gezeigt, was es alles leisten kann.

 

Und nun, 2013?
Im Sommer werden wir das 100-jährige Jubiläum des Kunstmuseums feiern. Zuvor werden wir eine Ausstellung zu Lambert Krahe (mehr) und Konrad Klapheck (mehr) präsentieren. In den nächsten Tagen beginnt die Grosse Kunstausstellung NRW (mehr). Das Besondere dieser Düsseldorfer Ausstellung ist, dass Künst­lerinnen und Künstler selbst die Auswahl der ausgestellten Werke getroffen haben – abseits von Kunsttrends und kommerziellen Interessen. Zum Herbst wird das Museum Kunstpalast Fotografie ausstellen und Candida Höfer zeigen.

 

Wie wollen Sie den Geburtstag feiern?
Leider haben wir immer noch das Problem, dass die Sammlungsräume wegen der Bauschäden am Dach nicht komplett zur Verfügung stehen. Die oberste Etage im Altbau kann nach wie vor nicht genutzt werden. Derzeit wird ein Gutachten erstellt, das Ursache und Verursacher des Schadens feststellen soll. Der Geburtstag wird auf jeden Fall im Rahmen eines großen Sommerfestes am 6. Juli gefeiert werden. Genaueres wird derzeit festgelegt.

 

Was machen Ihre anderen kleineren Museen, von denen man weniger hört?
Das würde ich so nicht sagen. Ich finde, dass das Hetjens -Museum gerade mit KPM, der Königlichen Porzellan Manufaktur, eine großartige Ausstellung vorbereitet. Das ist eine wichtige Schau für das Museum und es wird spannend werden, davon bin ich überzeugt. Das Stadtmuseum zeigt derzeit eine Ausstellung zum 725. Geburtstag der Stadt Düsseldorf und das Filmmuseum bereitet zum Thema Vampire eine interessante Ausstellung vor. Das Theatermuseum beschäftigt sich in diesem Jahr mit der beachtlichen Theatergeschichte unserer Stadt. - Aber es ist natürlich richtig. 2012 hatten wir ganz große Ausstellungen in Düsseldorf. Diese werden wir in 2013 so nicht haben, wir bereiten uns dafür auf die 3. Quadriennale Düsseldorf in 2014 vor. Das wird wieder ein Highlight werden.

 

Wie laufen denn die Vorbereitungen?
Sehr intensiv. Die Häuser haben ihre Vorschläge zum Thema eingereicht. Wir werden am 4. April 2014 eröffnen, die Quadriennale (mehr) läuft parallel zur ART COLOGNE in Köln und geht bis in den August. Mit der Parallelität zu Beginn wollen wir in Kooperation mit der Stadt Köln, auf der Rheinschiene, die Region attraktiv präsentieren. Anlassbezogen wird in Köln der Verkaufsmarkt und in Düsseldorf mit den Wechselausstellungen der Kunststandort betont. Aber wir wollen auch die kommerziellen Galerien einbeziehen. Mit der Langen Foundation in Neuss werden wir wieder kooperieren, dort wird eine Ausstellung zu ZERO geplant. Das Ausstellungshaus Kai 10 macht mit, das Filmmuseum und die Stiftung IMAI (mehr) werden sich im NRW-Forum präsentieren - da steht im Übrigen auch die neue Konzeption an, die wir zur Zeit erarbeiten - also, es wird eine spannende Quadriennale werden im nächsten Jahr.

 

Sie sprachen das NRW-Forum an. Das wird es Ende 2013 so nicht mehr geben. Gibt es bereits konkrete Pläne?
Es gibt klare Überlegungen, die in den nächsten Wochen weiter vorangetrieben werden müssen.

 

Es ist auf jeden Fall sicher, dass die Stadt involviert sein wird?
Das Gebäude des NRW-Forums steht im Eigentum der Stadt Düsseldorf. Es ist 1926 mit den anderen Gebäuden im Ehrenhof für die Ausstellung Gesolei gebaut worden. Es ist ein Ensemble und wir werden die Räume auch weiterhin kulturell nutzen.

 

Aber es wird doch getragen vom NRW-Wirtschaftsministerium?
Nicht ausschließlich, zu etwa Zweidrittel vom Wirtschaftsministerium und zu einem Drittel von der Stadt. Das Land zahlt ungefähr 760.000 Euro, die Stadt Düsseldorf circa 500.000 Euro im Jahr. Also Zweidrittel und Eindrittel, das ist grob gerechnet die Finanzierung.

 

Und warum zieht sich das Land zurück?
Das müssen Sie das Land fragen. Ich finde, Werner Lippert und Petra Wenzel machen eine hervorragende Arbeit.

 

Die Grundüberlegung, das Forum dem Museum Kunstpalast anzugliedern, ist nach wie vor aktuell?
Ich halte es für eine sinnvolle Sache, dies jetzt zusammenzuführen, schon um Synergieeffekte zwischen diesen beiden Häusern zu erzielen, zum Beispiel in der Verwaltung.

 

Sie sprechen von Verwaltung. Was ist mit dem kreativen Part?
Für den kreativen Part müssen wir meines Erachtens jemanden suchen, der sich ausschließlich auf dieses Haus konzentriert, der aber unter der Leitung des Generaldirektors der Stiftung Museum Kunstpalast arbeitet.

 

Also – NRW-Forum unter ...
Es würde dann nicht mehr NRW-Forum heißen. Wenn die Politik dem denn zustimmt, wäre es ein weiteres Gebäude der Stiftung Museum Kunstpalast. Das wäre eine Option.

 

Wenn man etwas Neues angeht, dann hat man auch die Chance, etwas Neues zu schaffen.
Genau daran arbeiten wir. Die Voraussetzungen sind gut, das Haus ist Ende der 1990er Jahre saniert worden, von daher ist es baulich in gutem Zustand.

 

Die beiden Häuser K20 und K21 mit der Kunstsammlung des Landes Nordrhein-Westfalen sind in Düsseldorf und werden durch das Land verwaltet. Gibt es eigentlich so etwas wie eine programmatische Abstimmung mit der Stadt? Sie sind zwar der Kulturdezernent der Stadt, aber mitprägend für das Bild Düsseldorfs sind die beiden Häuser des Landes NRW sicherlich.
NRW leistet durchaus einen großen kulturellen Beitrag in und für die Stadt Düsseldorf. Es trägt 100 % der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf und ist zu 50 % am Schauspielhaus beteiligt. Zudem gewährt das Land regelmäßig Zuschüsse wie beispielsweise für das Tanzhaus und Projekte des Kulturamtes, auch die Oper und die Düsseldorfer Symphoniker erhalten Landeszuschüsse.

 

Es gibt also einen lebhaften Austausch.
So kann man es sehen. Ich bin auch Mitglied im Kuratorium der Stiftung Kunstsammlung NRW. Konkretes Beispiel des Austausches ist übrigens die Quadriennale Düsseldorf. Seit Sommer 2011 arbeiten wir intensiv an dem Programm, selbstverständlich auch mit den Vertretern der Kunstsammlung NRW. In mehreren Gesprächsrunden haben wir uns ganz dezidiert auf das gemeinsame Projekt verständigt.

 

Was versprechen Sie sich von der Quadriennale?
Unter dem Thema „Über das Morgen hinaus“ (mehr) werden wir Ausstellungen und Begleitprogramme anbieten, die sich mit den Visionen von Zukunft heute und in der Vergangenheit beschäftigen. Mit Wolfgang Ullrich konnten wir jemanden gewinnen, der die einzelnen Ausstellungsprojekte in einen festen Kontext stellt, da es eben nicht nur um eine Aneinanderreihung von Projekten geht.

 

Und wie, glauben Sie, wird Düsseldorf mit der Quadriennale über seine Grenzen hinaus strahlen? Oder – wo sehen Sie Ihre Zielgruppen?
Als Zielgruppe sehen wir sicherlich nicht Besucher aus den Vereinigten Staaten oder China. Aber man erlebt immer wieder Überraschungen. Die Quadriennale 2010 – und damit auch die Stadt Düsseldorf – war in einer koreanischen Kunstzeitung groß vorgestellt worden, zur Auftakt-Pressekonferenz zählten wir über 220 Medienvertreter. Aber natürlich, das meiste Publikum, das wir erreichen werden, ist hier, Rheinland und Umgebung mit den Benelux-Staaten. Darauf wollen wir uns konzentrieren.

 

Dann ist ein Tourismus-Marketing gefragt?
Ja. Insofern arbeiten wir eng mit der DMT, der Düsseldorfer Marketing- und Tourismusgesellschaft, zusammen. Auch hatten wir beispielsweise zu einigen Ausstellungen Fachjournalisten aus dem Ausland eingeladen, die über das kulturelle Angebot in Düsseldorf berichtet haben – in den USA, England, Frankreich ... Ich habe viele Veröffentlichungen zum Beispiel über die Ausstellungen „El Greco“ und auch „Andreas Gursky“ gesehen, auch aus Holland und Belgien.

 

Das muss ja auch weiter tragen als bis Frankfurt. Sehen Sie das Jahr 2013 denn auch wie einmal tief Luft holen für 2014?
Nicht ganz. Ich sehe schon ein attraktives Angebot, auch in unseren kleineren Häusern. Wir freuen uns auch, für Candida Höfer wieder Sponsoren gefunden zu haben. Das ist sehr wichtig.

 

Was Sponsoren betrifft – wie sieht es denn mit Ihren Erfahrungen im Bereich PPP-Projekte aus. Hat sich diese Möglichkeit der Finanzierung als tragfähig heraus gestellt?
Auf jeden Fall. Es gibt eine positive Entwicklung im Museum Kunstpalast – darauf spielen Sie ja an. Wir haben seit 2001, das sind über zehn Jahre, ein sehr gutes Ausstellungsprogramm im Kunstpalast gehabt und das wäre ohne die finanziellen Beiträge seitens E.ON und Metro und anderer gar nicht möglich gewesen.

 

Wenn Sie den Gedanken weiter denken, können Sie sich andere Projekte dieser Art vorstellen?
Ja, wir haben zum Beispiel die Kunsthalle in der Partnerschaft mit der Stadtsparkasse Düsseldorf und mit dem Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Außerdem beabsichtigen wir in Düsseldorf ein neues Balletthaus für das Ballett von Martin Schläpfer zu bauen, möglicherweise im Rahmen einer PPP.

 

Das ist das Projekt, das Sie kurzfristig noch im letzten Jahr und zur Überraschung aller vorgestellt haben. Wie weit ist es denn schon gediehen?
Die Vorbereitungen laufen sehr intensiv. Aufgrund des Volumens muss es international ausgeschrieben werden. Die Gremienentscheidungen und die Ausschreibung werden gerade vorbereitet.

 

Geprüft wird, ob ein Investor das Haus baut und die Stadt es anschließend mietet. Können Sie sich auch vorstellen, dass ein privater Investor den laufenden Betrieb mit finanziert?
Ich sehe kaum, dass ein privater Investor zu den laufenden Betriebskosten eines Ballett-Probezentrums Mittel zuwenden wird. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn wir noch weitere Unternehmen gewinnen könnten, auch mit nachhaltigen Beträgen einzusteigen. Bei der Deutschen Oper am Rhein ist beispielsweise der Freundeskreis neben den Städten Düsseldorf und Duisburg Mitgesellschafter der GmbH. Der Freundeskreis ist sehr engagiert und besorgt viele Mittel für die Oper. Dank der herausragenden Arbeit der Oper hat sich die WGZ Bank entschlossen, ihr Sponsoring zu verdoppeln und auch auf das Ballett auszudehnen.

 

Ist mit dem Entschluss zum Balletthaus nicht auch ein Signal an Duisburg gegangen, auf jeden Fall weiter zu machen? Duisburg will sich im Frühjahr entscheiden, inwieweit es sich bei der gemeinsamen Oper engagiert. Die Zusammenarbeit scheint ja wohl nicht in Frage zu stehen, es geht eher um die finanzielle Beteiligung.
Die Stadt Duisburg hat gesagt, sie kann nur 9,55 Millionen Euro aufbringen, anstatt der 10,5 Millionen Euro. Die Stadt Düsseldorf leistet schon seit vielen Jahren wesentlich mehr, als sie nach dem derzeitigen Verteilungsschlüssel zu leisten verpflichtet wäre. Von daher müssen wir jetzt klären, wie eine zukünftige Zusammenarbeit aussehen kann und in welcher Größenordnung. Deswegen wird die Oper auch gerade von einem Beratungsunternehmen untersucht, das schon viele Theater untersucht hat.

 

Aber die Städtepartnerschaft wird nicht in Frage gestellt?
Wichtig ist, dass wir die Partnerschaft fortsetzen können. Die Deutsche Oper am Rhein ist ein Erfolgsmodell. Seit 56 Jahren haben wir die Opernehe und sie funktioniert wirklich hervorragend. Wie Duisburg sich entscheidet, vermag ich nicht zu sagen. Bedenken Sie: Wir haben das Problem, dass sich die Tarifsteigerungen bei den Personalkosten erheblich auswirken. Gut 83 Prozent der Kosten bei der Oper sind Personalkosten und wenn sie nur ein Prozent Tarifsteigerung realisieren, macht sich das massiv bemerkbar. Das geht irgendwann an die Substanz des Hauses und es kann auf Dauer nicht mehr in der Liga spielen, in der es spielen sollte, wenn die Tarifsteigerungen durch die Gesellschafter nicht wenigstens weitgehend ausgeglichen werden.

 

Ich darf dem Gesagten entnehmen, dass Sie selbst nicht absehen, wie Kooperationen sich in Zukunft gestalten.
Die Entscheidung bezüglich der Oper liegt bei der Stadt Duisburg und wie Düsseldorf darauf reagiert. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir in den nächsten Wochen zu klären haben. Die Oper an sich wird nicht in Frage gestellt. Die wird es auch weiterhin geben. Insgesamt können wir positiv in das Jahr 2013 schauen.

 

Herr Lohe, wenn Sie sich etwas für die Kultur in Düsseldorf wünschen dürften - was wäre das?
Dass wir die Opernehe mit Duisburg erhalten und das Museum Kunstpalast weiter entwickeln können, dass der Vertrag mit E.ON auch über 2014 hinaus fortgesetzt wird und wir das Museum damit langfristig auf eine gute Schiene setzen können.