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rheinische ART 07/2011

 

Archiv 2011: aus "Namen"

 

Der "Blaue Reiter" und das "Rote Bild mit Pferden"

 

HEINRICH CAMPENDONK

 

 

Heinrich Campendonk, Gelbweiße Kuh vor Häusern,

1914. VG Bild-Kunst, Bonn 2011
 

Runde Geburtstage reizen naturgemäß zu Festivitäten und Rückblicken. Das 100. Gründungsjahr der expressionistischen Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“ ist für mehrere Museen Anlass, die Malergruppe und ihre Vertreter in Ausstellungen zu würdigen. Das Bonner Kunstmuseum zeigt aus eigenen Beständen Werke des rheinischen Expressionisten und Mitglieds der Künstlergruppe Heinrich Campendonk.

 

 

 

WER VOR Jahren nach Heinrich Campendonk (1889-1957) fragte, bekam von Kunstkennern ohne Zweifel stets erschöpfende Antworten. In der breiten Öffentlichkeit hingegen war der Name des gebürtigen Krefelders weniger präsent. Das hat sich ausgerechnet wegen eines Skandals gründlich geändert.

 

Falscher Campendonk

Bunt und falsch. Rotes Bild mit Pferden

 

Denn mit dem ungeheuerlichen sogenannten Kölner Kunstfälscherskandal um die Kollektion Jägers, bei dem verschollen geglaubte Bilder bekannter Expressionisten auf- und renommierte Sachverständige und Galerien abtauchten, gelangte der Maler und Grafiker stark ins Blickfeld der Medien. Schließlich war das als echter Campendonk testierte aber gefälschte Werk „Rotes Bild mit Pferden“ 2006 beim Kölner Auktionshaus Lempertz für 2,4 Mio. Euro versteigert worden – der teuerste Campendonk aller Zeiten, ein Schwindel. Wer war der avantgardistische Mann, der als jüngstes Mitglied der Blaue Reiter-Gruppe galt und von dessen Œuvre man derzeit den Eindruck gewinnen könnte, es stehe vor einer Renaissance?

 

Vom Rheinland nach Bayern

 

Rheinischer Expressionist

Dass Campendonk gleichwohl als rheinischer Expressionist gilt, beruht vor allem auf der Tatsache, dass er engen Kontakt zur rheinischen Avantgarde hielt und 1913 im Rahmen der berühmten, von August Macke initiierten „Ausstellung Rheinischer Expressionisten“ in Bonn mit Werken vertreten war. Neben dem österreichischen Expressionisten Oskar Kokoschka war es vor allem der populäre Malerkreis des Blauen Reiters in Bayern, der Campendonk entscheidend prägte und seinen künstlerischen Durchbruch einleitete.
 

Der junge Campendonk erhielt seine künstlerische Grundausbildung von 1905 bis 1909 bei dem Pionier der abstrakten Glasmalerei Johan Thorn Prikker (mehr) an der Kunstgewerbeschule in Krefeld. Seine frühen Kontakte zu Helmuth und August Macke, Franz Marc, Paul Klee und anderen Künstlern, die 1911 die Gruppe „Der Blaue Reiter“ bildeten, verschafften ihm die Teilnahme an zwei Ausstellungen der Vereinigung. So war Campendonk bereits im Winter 1911 in der Münchener Galerie Tannhauser in der legendären Ausstellung „Der Blaue Reiter“ vertreten. Der 23-Jährige zog in den oberbayerischen Flecken Sindelsdorf, in dem die Gruppenmitglieder Franz Marc und Wassily Kandisky lebten. Mit ihnen setzte er sich künstlerisch auseinander, an ihnen orientierte er sich stilistisch, und im Jahr 1912 wurde er Mitglied in der Malervereinigung.
   Farbintensive Landschaften, bunte Tiere – sie zeigen Einflüsse aus der Bildsprache seiner Künstlerfreunde; später fixieren kubistische Darstellungen und Motive aus dem Bergarbeitermilieu der nahen Stadt Penzberg und dem bäuerlichen Leben seine eigenständige künstlerische Richtung. Die zeitweise kühl wirkende Optik und harte Konturierung weicht später fließenden und ruhigen Bildern.

 

Ächtung und Exil

 

In das Rheinland kehrte Campendonk 1923 zurück. Er nahm einen Lehrauftrag an der Essener Kunstgewerbeschule an, 1926 wurde er Professor für Glas- und Wandmalerei sowie Mosaik an der Düsseldorfer Kunstakademie. Seine Akademie-Berufung verlor er 1933 im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung. Campendonk emigrierte nach Belgien, später in die Niederlande, wo er als Professor an der Rijksakademie van beeldende Kunsten in Amsterdam lehrte. Zahlreiche seiner Arbeiten wurden während der NS-Zeit in Deutschland beschlagnahmt. Sechs Werke wurden 1937 in der Münchener „Ausstellung Entartete Kunst“ gezeigt. Im selben Jahr vertrat Campendonk die Niederlande auf der Pariser Weltausstellung mit der Glasarbeit „Passionsfenster“, das im Pavillon seines Exil-Landes präsentiert wurde; dafür wurde er mit einem Grand Prix geehrt. In den Nachkriegsjahren blieb Campendonk in den Niederlanden, zog sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück und lehnte es ab, seine Werke auszustellen. Testamentarisch verbot er Gedächtnisausstellungen mit seinen Arbeiten. Heinrich Campendonk starb als naturalisierter Niederländer 1957 in Amsterdam.

Klaus M. Martinetz

 

Glasfenster, für die Heinrich Campendonk berühmt ist, existieren im Rheinland in mehreren Kirchen. In der Bonner Münsterkirche findet sich in der Krypta ein Glasfensterzyklus aus dem Jahre 1930. Im Essener Münster gestaltete Campendonk in den Nachkriegsjahren das Michaelsfenster und Fenster in den Emporengeschossen des Westbaues. Weitere Glasarbeiten Campendonks sind u.a. in Köln-Kalk (Jesus-Christus-Kirche), Brühl-Vochem (Pfarrkirche St. Matthäus) und in Düsseldorf (St. Paulus-Kirche) zu sehen.

Ausstellungen (Auswahl):
Stadtmuseum Penzberg: „Licht.Farbe.Einsamkeit.“ Heinrich Campendonk – Ein blaues Leben (bis 23. Oktober 2011).
Schloßstadtmuseum Murnau: Die Maler des „Blauen Reiter“ und der Einfluss des Japanismus“ vom 21. Juli bis 06. November 2011.
Staatliches Museum für Völkerkunde München: „Die exotischen Motive der Künstlergruppe Blauer Reiter“. Juli 2011


In seiner Reihe „Rheinische Expressionisten“ stellt das Kunstmuseum den Künstler Heinrich Campendonk in einer gesonderten Schau bis zum 29.02.2012 vor.

Kunstmuseum Bonn (Museumsmeile)
Friedrich-Ebert-Allee 2
53113 Bonn
Tel. 0228 / 77-6260


Öffnungszeiten:
DI - SO 11.00 – 18.00 Uhr
MI 11.00 – 21.00 Uhr

 


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