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rheinische ART 09/2021

Archiv 2021

KOLLWITZ
Familientreffen

 

Urgroßmutter und Urenkel: das Kölner Käthe Kollwitz Museum zeigt verwandtschaftliche Bande mit künstlerischer Klasse.

 

Käthe Kollwitz Zwei Porträtstudien von Iwanow, um 1921/22, Kreide, NT 914 © Käthe Kollwitz Museum Köln

 

In zwei Ausstellungen breitet das Haus ein „generationenübergreifendes“ Familienmeeting mit selten gezeigten Kunstwerken aus.

     Bekannt und im kollektiven Gedächtnis fest verankert sind aus dem umfangreichen Œuvre von Käthe Kollwitz (1867–1945) vor allem ihre Selbstbildnisse, wie das Museum betont. Weit weniger Öffentlichkeit haben die Porträts ihrer Familienmitglieder und deren Umfeld erfahren. 

 

Käthe Kollwitz Porträt von Konrad Hofferichter, 1888–1890, Öl auf Leinwand, auf Pappe aufgezogen, Dauerleihgabe Heimatverein Rheine © Käthe Kollwitz Museum Köln

 

Käthe Kollwitz Porträt von Cläry Bartning, 1941/42, Kreidelithographie, Kn 275 © Käthe Kollwitz Museum Köln

 

Das jüngst als Dauerleihgabe in die Kollwitz Sammlung eingegangene Bildnis von Konrad Hofferichter, dem Neffen der Künstlerin, ist ein herausragendes Beispiel. Das Ölgemälde, noch von der Studentin Kollwitz gefertigt, nahm das Haus zum Anlass, die von ihr stammenden Porträts aus dem Museumsbestand erstmals in den Fokus einer Ausstellung zu rücken. Sie titelt: „Der Ausdruck der Augen vergrübelt und fern“.

     Mit dabei sind Bildnisse von Freunden und Zeitgenossen – darunter namhafte Politiker und Künstler – ebenso wie von unbekannten Frauen und Männern, meist aus der Welt der Arbeiter. Die Gesichter erscheinen ganz unterschiedlich, mal wirken sie impressionistisch auf das Blatt gehaucht oder sind detailliert als Studie ausgearbeitet.
     Zu sehen sind Werke, gezeichnet mit Bleistift, Tusche, Zeichenkohle oder Kreide, radiert, in Holz geschnitten oder vom Stein gedruckt: darunter auch das Porträt von Cläry (Klara) Bartning, Ehefrau des Architekten und Kirchenbauers Otto Bartning – die letzte Lithographie der Künstlerin aus dem Jahr 1942, von der nur vier Exemplare bekannt sind.


Käthe Kollwitz´Kunst wurde schon um die Jahrhundertwende gerühmt. Der Vorwärts, das „Central-Organ der Sozialdemokratie Deutschlands“ kommentierte am 13. Dezember 1903 in seinem „Unterhaltungsteil“ eine Ausstellung in der Berliner Secession und schrieb zu der 36-jährigen Käthe Kollwitz und ihren skizzenhaften, detailgenauen und auf Physiognomie und Körperhaltung konzentrierten Menschenbildern: „In einer ganz einfachen und natürlichen Geste hat sie einen ganzen Charakter gebannt, so unbetont und still, daß man meint, diesen Menschen sofort durch und durch zu sehen. […]“.

 

Jan Kollwitz Setzen des Anagama-Ofens und Brennen der Echizen-Keramik. Foto: Götz Wrage © Jan Kollwitz

 

Jan Kollwitz im Museum Käthe Kollwitz, Köln. Foto © rheinische ART 2021

 

Jan Kollwitz Vase kinuta-hanaire Foto: Götz Wrage © Jan Kollwitz

In der Familientradition liefert ein völlig anderes und gleichsam spannendes Thema die - kürzer terminierte - Schau „Feuer und Erde. Jan Kollwitz – Japanische Keramik“. 

     Seit mehr als drei Jahrzehnten fertigt der Urenkel von Käthe Kollwitz, Jan Kollwitz (*1960), im ostholsteinischen Benediktiner-Klosterdorf Cismar auf traditionell japanische Weise Keramiken – und tut dies abseits aller künstlerischen Moden und Zeitströmungen. Letztmalig war Kollwitz 2018 mit seiner Keramikkunst im Kölner Museum zu sehen. Aktuell stellt der Künstler rund 80 Einzelstücke seiner neuesten Produktion vor.

 

Jan Kollwitz zählt zu den Wenigen in Deutschland, die sich die Kunst des japanischen Holzofen-Brandes angeeignet haben und damit unter anderem besondere Gefäße für die Teezeremonie oder traditionelle Keramikgefäße herstellen.

     Er war zwei Jahre lang in Japan zur Ausbildung und wurde in der jahrhundertealten Brenntechnik der Anagama-Öfen („Tunnelöfen“) geschult. Seit 1988 brennt Kollwitz in Cismar in einem derartigen Einkammer-Ofentyp des berühmten japanischen Ofensetzers Watanabe Tatsuo seine Gefäße.
     

Ein spezifisches Merkmal der Anagama-Keramik ist, dass keine Glasuren aufgetragen werden. Farben und Glanz entstehen während eines vier Tage dauernden Brandes in dem Holzbrennofen. Die Flugasche verschmilzt dabei auf den Gefäßen zu einer natürlichen Glasur. Rauch, Flammen und Glutkohle hinterlassen graue, violette, rote und tiefblaue Färbungen. 

    Kollwitz ist seine Faszination für die Holzbrandkeramiken anzumerken, gilt es doch, komplexe Anforderungen und unberechenbare Variablen zu meistern. Er brennt nach eigenen Aussagen bevorzugt im November seine getöpferten Werke und erzählt, wie groß der Einfluss der verwendeten Holzart auf die Farbgebung ist und wie sehr das Wetter mit mehr oder weniger heftigen Winden die Zustände im Ofen und damit auch die Ergebnisse verändern. Wenn der Ofen brennt begrüßt der Keramiker jeden Sturm, denn der, so berichtet er, bringt faszinierende Farben hervor. 

     Mit dem Namen Kollwitz wurde ihm ein besonderes Erbe mit in die Wiege gelegt. Das macht das eigene Leben mit einer künstlerischen Laufbahn nicht einfacher. Seine Urgroßmutter bewundert er für ihre Hingabe an das, was sie tat, und für ihre Haltung. Verstanden, so wendet er ein, habe er sie eigentlich erst beim Lesen ihrer Tagebücher. Und für sich selbst reklamiert er, durchaus augenzwinkert, dass für ihn vielleicht die Bezeichnung „Bildhauer an der Töpferscheibe" gilt. Angesichts seiner Arbeiten, von zarten Schalen bis hin zu kraftvollen Bodenvasen, ist das durchaus zutreffend.

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Die sogenannte Echizen-Keramik stammt aus der nördlich des Biwa-Sees gelegenen heutigen Präfektur Fukui und wurde seit der Kamakura- und Muromachi-Zeit (ab 1200 bis 1500 ) als unglasierte Keramik-Variante unter extrem hoher Temperatur (1300°C) gebrannt. Der für die Produktion verwendete Ton ist eisenhaltig. Die Oberfläche zeigt oft eine graubraune Glasur.


► Jan Kollwitz ist nach Angaben des Museums während der gesamten Ausstellungsdauer anwesend und gibt interessierten Besuchern im persönlichen Gespräch Einblick in seine Arbeitsweise.


 Die Ausstellung „Der Ausdruck der Augen vergrübelt und fern“,
Käthe Kollwitz – Porträts im Fokus, wird bis zum 26. September 2021 gezeigt.

• Die Werkschau „Feuer und Erde. Jan Kollwitz – Japanische Keramik“ endet am 29. August 2021.

 

Käthe Kollwitz Museum Köln
Neumarkt 18-24
50667 Köln
Tel (0221) 227-2899/-2602
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA, SO 11 – 18 Uhr

 

 

 

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