rheinische ART
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rheinische ART 10/2014

Archiv 2014

SLEVOGT vs. KLEE
Nach Ägypten!

Die Reisen von Max Slevogt und Paul Klee

 

Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist seit ihren Anfängen mit Paul Klee eng verbunden. Der Erwerb von 88 Werken des Malers im Jahr 1960 bildete einst den Grundstock für die ein Jahr später vom Land NRW gegründete "Stiftung Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen". In der nach dem Künstler benannten „Klee-Halle“ im K20 am Grabbeplatz sind derzeit rund 130 Exponate zu sehen, die unter dem Motto „Nach Ägypten!“ Werke Klees mit denen von Max Slevogt kontrastieren.

 

Max Slevogt (1868 – 1932), Drei Sudanesen im Kahn, 1914, Öl auf Leinwand, 55 x 75 cm, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: © Kunstsammlung NRW


Der Titel, das Motto der Ausstellung – Nach Ägypten! – ist gut gewählt, weil er/es etwas Ambivalentes zum Ausdruck bringt. Er/es ist zum einen ein Aufruf zum Aufbruch in ein fernes Land, in ein Land der Sehnsucht; zum andern aber, ganz nüchtern, als Präpositionalphrase betrachtet ist er/es eine zeitliche Bestimmung, eine Aufforderung zur Reflexion, zur Distanz, zur Nachbetrachtung. Beide Aspekte werden in der Ausstellung in unterschiedlichen Spielformen angesprochen. 

     Die tatsächlich vollzogenen Ägyptenreisen der beiden Maler bilden die Klammer, unter der die beiden höchst divergenten Künstler und Kunstauffassungen zu- und gegeneinander gestellt werden. Im sehr instruktiven Begleitheft verdeutlichen – sozusagen zum Einstieg – Slevogts Der Nil bei Assuan (1914) und Klees Vermessene Felder (1929) das Gegensätzliche ihrer Landschaftsauffassung par excellence.

 

Max Slevogt Sandsturm in der Libyschen Wüste, 1914, Öl auf Leinwand, 73,5 x 95,5 cm, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: © Kunstsammlung NRW

 

In der Ausstellung links Slevogts schwungvoll-schneller Pinselstrich, der in impressionistischer Manier, in situ, das unmittelbar Erlebte luftig-leicht auf die Leinwand bannt. Das Gemälde Sandsturm in der Libyschen Wüste (1914) malte Slevogt sogar trotz des aufkommenden Sturms zu Ende. Seine Assistenten mussten hierzu die Leinwand festhalten und sie gegen den Sand, soweit möglich, abschirmen.

 

Paul Klee (1879 – 1940), Abend in Ägypten, 1929,33 (M 3), Aquarell und Bleistift auf Papier auf Karton, 23,7 x 34,5 cm, Privatbesitz, Courtesy Galerie Kornfeld, Bern, Foto: © Kunstsammlung NRW

 

In der Ausstellung rechts Klees aus der Erinnerung an längst vergangene Eindrücke entwickelte, stark geometrische Komposition. Nicht das Ereignis selbst wird, retrospektiv, von Klee nach-empfunden, nacherzählt. Vielmehr dient das Gesehene lediglich als Anlass, einer zugrundeliegenden Idee, einer Gestalt platonisch nachzuspüren. Wesentlich aufgelockerter als die Vermessenen Felder wirkt das Bild Abend in Ägypten (1929). Auch in diesem Werk ist die Fläche in horizontal verlaufende Streifen gegliedert. Doch diese starre Gliederung wird durchbrochen durch asymmetrisch ins Bild gesetzte Formen. Eine Pyramide taucht auf und wirkt wie in die Landschaft projiziert. Über sie, rechts ihrer imaginierten Spitze, ist ein markant giftig roter Punkt, einer Sonne gleich, gesetzt. Zudem ragen von den Bildrändern her in Halbkreisen zulaufende Wolkenbandformationen, die rechte höher als die linke platziert, ins Geschehen. So entsteht Dynamik und Verspieltheit trotz der Künstlichkeit, des geometrischen Grundkonstrukts. – Stimmung ist für Slevogt unmittelbares Empfinden, für Klee jedoch ein distanziert abgeklärt-rationales Kalkül.

 

Paul Klee Kamel (in rhythm. Baumlandschaft), 1920,43, Ölfarbe und Feder auf Kreidegrundierung auf Gaze auf Karton, Rückseitig unvollendete Farbstudie, 48 x 42 cm, Kunstsammlung NRW, Foto: © Kunstsammlung NRW

 

Max Slevogt Palmengarten in Luxor, 1914, Öl auf Leinwand, 56,5 x 38,5 cm, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: © Kunstsammlung NRW

 

Die Reisen Beide Künstler fuhren von Alexandria kommend den Nil stromaufwärts und besuchten die Städte Kairo, Luxor und Assuan. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Die Maler reisten zu unterschiedlichen Zeiten: Slevogt brach im Frühjahr 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, auf. Klee trat seine Reise in der Zwischenkriegszeit, Ende 1928 an. Slevogt hatte drei Begleiter als Hilfswillige; Klee reiste allein. Slevogt wollte die Reise nur zum Malen von fremdartig Anmutendem nutzen; Klee hingegen wollte sich bilden und erkundete die altägyptische Kultur systematisch mit Hilfe seines Baedeker-Reiseführers.


Unmittelbarkeit vs. Retrospektion Während die Ausstellung der Werke Slevogts, die sich vorwiegend auf Leihgaben der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden stützt, sich allein auf diejenigen beschränkt, die unmittelbar während der Reise entstanden – fast alle sind tagesgenau datiert, ist Klees Werk weit umfassender repräsentiert. Gezeigt werden Arbeiten, die sowohl vor als auch nach der Reise entstanden. So wird deutlich, inwiefern sich die Reise im Nachgang, im Atelier, in Kompositionen niederschlägt, die bereits bestehende beziehungsweise schon angedachte oder ausformulierte Kompositionsschemata aufgreifen und fortführen.

 

Paul Klee Schwarzer Fürst, 1927,24 (L 4), Ölfarbe und Tempera auf Ölgrundierung auf Leinwand, 33 x 29 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Foto: © Kunstsammlung NRW

 

Dabei werden nicht nur thematisch neue Komplexe erschlossen. Vielmehr werden für die neuen Inhalte meist auch neue Formen, Formvarianten gesucht und gefunden, die dann im weiteren Fortgang die Gesamtpalette an Gestaltungsmitteln bereichern. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Reduktion des Malerischen auf hieroglyphenartige Formen, zum Beispiel in Die Schlangengöttin und ihr Feind (1940). Doch auch das vor der Reise entstandene Bild Schwarzer Fürst (1927) eröffnet in der Zusammenschau mit andern, vor und nach der Reise entstandenen Gemälden, inwiefern Sehnsucht und Erwartung, die nicht nur Slevogt beflügelten, auch in Klees Werk weiterwirkten.


Schade ist, dass eine Zusammenschau, eine dialektische Auseinandersetzung nicht einmal im Ansatz versucht wird. Beide Künstler werden nur je für sich, getrennt voneinander präsentiert. Auch die beiden Begleitfilme konzentrieren sich auf je einen der beiden. Der Betrachter ist weitgehend allein gelassen, Verbindungen herzustellen. Es scheint, als wolle die Ausstellung Klees Prinzip der Teilung eines Gemäldeganzen in zwei separate Hälften nachvollziehen. Doch immerhin ist der Raum so luftig-herrlich offen angelegt, dass man sich eingeladen, ja aufgefordert fühlt, hin und her, kreuz und quer zu wandern und für sich Neues zu erschließen.
Georg Simet

 

Die Ausstellung „Nach Ägypten! Die Reisen von Max Slevogt und Paul Klee“ ist bis zum 04.01.2015 zu sehen.
K20 Kunstsammlung NRW
Grabbeplatz 5
40213 Düsseldorf
Tel. 0211 / 8381-204
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA, SO, feiertags 11 – 18 Uhr

 

 

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