rheinische ART
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rheinische ART 12/2013

Archiv 2014

FOTOGRAFIE
Ein facettenreiches Œuvre


Die Welt des Erwin Blumenfeld zeigt das Pariser Museum Jeu de Paume. Wo sonst, wenn nicht in der höchst modeaffinen Metropole an der Seine, könnten die glamourösen Modebilder des gebürtigen Berliners für einen Besucherrekord sorgen.

 

Erwin Blumenfeld, Natalia Pasco, New York, 1942. Gelatin silver print. Vintage Print, Collection Henry Blumenfeld © The Estate of Erwin Blumenfeld

 

Erwin Blumenfeld, Kneeling man (with tower), 1920, Indian ink, watercolor, pencil and collage on paper, Collection Henry Blumenfeld © The Estate of Erwin Blumenfeld

 

Erwin Blumenfeld, Variation of the photograph published in Life Magazine and titled “The Picasso Girl” (Model: Lisette), c. 1941–1942, Ink jet printing on Canson baryta paper, Posthumous print (2012), Collection Henry Blumenfeld, © The Estate of Erwin Blumenfeld

 

Erwin Blumenfeld, In hoc signo vinces [In this sign you will conquer], 1967, Gelatin silver print, Vintage print, Switzerland, Private collection, © The Estate of Erwin Blumenfeld

 

Erwin Blumenfeld, Cecil Beaton, photographer, 1946, Partial solarisation, Gelatin silver print, Vintage print, Switzerland, Private collection, © The Estate of Erwin Blumenfeld

 

Rund 43.000 Interessierte kamen in den ersten sechs Wochen in die Fotoschau „Erwin Blumenfeld (1897-1969). Fotografien, Zeichnungen, Fotomontagen“. Damit habe diese zentrale Winter-Ausstellung „alle bisherigen Rekorde“ des Pariser Kunsthauses gebrochen, teilte die Leitung jüngst mit.
     Magnet für den Besucheransturm ist eine Werkschau aller Schaffensphasen des Mode- und Portraitfotografen Erwin Blumenfeld, darunter Erlesenes und Mondänes, aber auch Politisches. Blumenfeld erhob als Auftragsfotograf die Werbefotografie in den künstlerischen Olymp. Bereits im Berlin der Zwanziger Jahre hatte der junge Mann Kontakt zur Kunstszene der Stadt, wie etwa zu Else Lasker-Schüler (mehr) und George Grosz. Noch stieß er mit seinen, dem Dadaismus nahen Zeichnungen und politisch-kritisch motivierten Collagen, nicht auf breite Resonanz. Als er sich allerdings – den politischen Repressalien seiner Heimat entfliehend – 1936 in der Künstlermetropole Paris der experiementellen Fotografie zuwandte, hatte er das Arbeitsgebiet gefunden, auf dem er ein ganz Großer werden sollte. Denn in der französischen Hauptstadt entdeckte er die Fotokunst der Avantgarde-Szene mit Leitfiguren wie Man Ray (mehr), das Licht-Schatten-Spiel, weibliche Körper als Modell und die Akt-Fotografie für sich. Heute wird Blumenfeld zu den wichtigsten Dadaisten und Collagekünstlern seiner Zeit gerechnet.

 

Internierung und Emigration Blumenfelds Foto-Karriere begann 1939 mit einer ersten Reise nach New York. Dort erhielt er Aufträge für Mode- und Werbebilder, publiziert wurden sie von der Modezeitschrift Harper´s Bazaar. Es war der Eintritt in eine Glimmer- und Glitzerwelt, die dem Luxus zusprach und ein ganz eigenes Stilempfinden lebte. Nach Frankreich zurückgekehrt geriet Blumenfeld als „ausländischer Jude“ in das französische Internierungslager Le Vernet in den Pyrenäen, aus dem ihm die Flucht gelang. Er emigrierte 1941 endgültig in die USA. Zwei Jahre später konnte er bereits sein eigenes Atelier, das Blumenfeld Studio, in New York eröffnen. Weitere renommierte Magazine wie Vogue, Look oder Life, beauftragten ihn mit Portraits, Mode- und Lifestyle-Fotos, was seinen Durchbruch als Auftragsfotograf beschleunigte.

 

Eigene Stilsprache Die 1940er und 1950er Jahren markierten den Höhepunkt seiner Arbeit: Blumenfeld galt als einer der weltweit gefragtesten und daneben auch bestbezahlten Porträt- und Modefotografen. Der Maler, Bildhauer und Fotokollege Alexander Libermann (1912-1999), ab 1943 künstlerischer Direktor bei Vogue, bezeichnete den Berliner einmal bewundernd als „den grafischsten aller Fotografen“ und als denjenigen, „der am tiefsten in den Schönen Künsten verwurzelt“ sei. Zu dieser Einschätzung trug offensichtlich bei, dass Blumenfeld als Werbefotograf bei seinen Bildkompositionen Motive aus der Kunstgeschichte und Architektur nutzte, um damit das Kommerzielle und eigentlich Profane der Werbeobjekte elegant zu überdecken.

 

Analoge Experimental-Fotografie Das altehrwürdige Museum Jeu de Paume in Paris zeigt derzeit etwa 300 Werke, die die vielseitigen Facetten des Künstlers deutlich werden lassen. In seiner hochproduktiven Phase schuf Blumenfeld unkonventionelle, enorm phantasie- und ideenreiche Bildkompositionen mit Dekorationen, die seine schwarz-weißen Aufnahmen, später auch Farbbilder, unverwechselbar machten. Sein Fotoatelier Blumenfeld Studio am 222 Central Park South in New York war in jenen Jahren ein experimenteller und avantgardistischer „hotspot“. Die Geschichte dieses Fotoateliers wurde bereits Anfang des Jahres mit einer speziellen Ausstellung im Essener Folkwang Museum aufgegriffen.
Blumenfeld war für seine Exaktheit, präzise Arbeitsweise, sorgfältigen Inszenierungen und höchste Kreativität berühmt. Seine Bildschöpfungen erfüllten die Ansprüche an Neuheit, Ästhetik und Extravaganz in besonderem Maße. Kleider, Kosmetik und modische Accessoires bildeten den Kern, die von ihm zu Arrangements inszeniert den Vorgaben der Art Directoren der Modezeitschriften, der Technik für Lichteffekte, den Make-Ups und Requisiten genügen mussten. Blumenfeld stand für Erfindungsreichtum, arbeitete mit Montagen, Anschnitten, Doppelungen, Solarisation und Mehrfachbelichtungen, Farbfiltern, Folien und dem einfachen, dennoch wirkungsvollen Spiel der Bildebenen.
K2M

 

 Die Galerie nationale du Jeu de Paume im 1. Arrondissement von Paris, kurz Jeu de Paume genannt, ist ein Museum für zeitgenössische Kunst. Es geht zurück auf ein 1861 unter Napoléon III vom Architekten Viraut erbautes Gebäude mit Feldern für das Ballspiel „Jeu de Paume“, eine Art von Tennis. Seit 1909 ist die ehemalige Sporthalle der Kunst gewidmet. Mit dem Louvre und dem vis-à-vis liegenden Musée de l’Orangerie ist es das dritte Museum im Tuileriengarten. Während des Zweiten Weltkriegs diente es den deutschen Besatzern als Umschlagort für Raubkunst (mehr).

 

Die Ausstellung Erwin Blumenfeld (1897-1969) Fotos, Zeichnungen und Fotomontagen kann noch bis zum 26. Januar 2014 besucht werden.

Galerie nationale de Jeu de Paume
1 Place de la Concorde,
F-75008 Paris

Tel. +33 1 47 03 12 50

Öffnungszeiten
DI 11 – 21 Uhr
MI – SO 11 – 19 Uhr

 

 

©Fotos Jeu de Paume

 

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