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rheinische ART 12/2014

Archiv 2014

BLINKY PALERMO
Zwischen Klecks und scharfer Kante

 

Wer einen solchen Namen trug und in den frühen 70er Jahren in Mönchengladbach wohnte, konnte alles Italienische am Arbeitsmarkt sein: Gelati-Verkäufer, Trattoriachef, Pizzabäcker, jedoch nicht Maler und Objektkünstler in einer Ateliergemeinschaft. Blinky Palermo (1943-1977), die schillernde und längst mythisch verklärte Persönlichkeit, war letzteres.

 

 

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Blinky Palermo im Museum Morsbroich, Leverkusen, 1975, Aufbau der Ausstellung Palermo. Druckgrafik 1970–1974 © VG Bild-Kunst, Bonn 2014 Foto: Dietmar Schneider, Köln

 

Jetzt ist seine dynamische, abstrakte Bildsprache wieder im Leverkusener Museum Morsbroich zu sehen. Vor gut 40 Jahren gab es dort die erste Schau seiner grafischen Werke mit dem Titel Palermo. Druckgrafik 1970-1974.

 

Wahlname Palermo Die Hängung besorgte der Mann mit dem Wahlnamen Palermo seinerzeit mit seinem Malerfreund Imi Knoebel (mehr). Die Sache mit dem amtlichen Namen hatte übrigens sein Lehrmeister, Joseph Beuys, schnell als Handicap erkannt. Aus dem Knaben Peter Schwarze, der 1943 in Leipzig auf die Welt kam, wurde per Adoption noch im Geburtsjahr Peter Heisterkamp, später mit Wohnsitz in Münster, und 1962 der Düsseldorfer Kunstakademie-Student, dem Professor Beuys attestierte: „Mit dem Namen Heisterkamp kannste nie was werden als Künstler.“

 

Da war das Pseudonym Blinky Palermo schon besser. Angelehnt an den Namen des halbseidenen US-Mafioso und Boxmanager Frank („Blinky“) Palermo, dessen Sündenregister so ziemlich alles aufwies, was zum Standard des Milieus gerechnet werden konnte. Der Kunststudent Palermo hatte natürlich nichts mit dem Boxer-Boss gemein, er trug lediglich wie sein Namenspate - und das reichte - gerne Sonnenbrille, Lederjacke und Hut; bestes italo-amerikanisches Outfit also.

     Ab 1970 begann der 27-jährige Palermo die für ihn typische wie einfache energische Bildsprache in das „demokratische“ Medium der Druckgrafik zu übertragen. Mit dem Siebdruck überführte er seine prototypischen Farb-Formen in eine andere Materialität.

 

 

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Blinky Palermo Ohne Titel (Blatt 2 der Folge 4 Prototypen),1970, Einfarbiger Siebdruck auf Bristolkarton, 60 x 60 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2014

 

In Grafiken wie dem Blauen Dreieck, so betont das Museum, sei es ihm gelungen, die Farbe aus ihrer materiellen Abhängigkeit zu lösen, sie als eigenständige Kraft einzusetzen und dabei auch spirituelle Komponenten anklingen zu lassen. Als Wandmalerei hatte Palermo 1974 ein blaues Dreieck in Leverkusen angebracht. Übrigens: Überraschend war im Herbst 2010 bei Renovierungen einer Fabrikanlage in Mönchengladbach eine andere Wandmalerei von ihm aufgetaucht (mehr).

     Das Museum Morsbroich knüpft mit seiner jetzigen Präsentation an die erste, vier Jahrzehnte zuvor bespielte Ausstellung an und bringt einen großen Überblick über Palermos Druckgrafik. Das Konvolut wird gespeist aus eigenen Sammlungsbeständen und ergänzt durch Foto- und Filmdokumente sowie einige herausragende Leihgaben.

 

 

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Blinky Palermo Ohne Titel (Blatt 2 der Folge Suite), 1971, Zweifarbiger Siebdruck auf Packpapier, 60 x 60 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2014

 

 

 

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Blinky Palermo Flipper (Teil 2), 1970, Zwei Farbsiebdrucke als Diptychon auf weißem Offsetkarton, je 85,5 x 66 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2014

 

In „Suiten“ variiert Palermo spielerisch sein Vokabular elementarer Formen  und Farbflächen, setzt diese in neue Beziehungen zueinander und zum Bildgrund, wägt Harmonien und Spannungen ab. Gegenüber der formalen Rigidität der Minimal Art vitalisiert Palermo die verwendeten geometrischen Elemente und verleiht ihnen durch bewusste Irritationen eine persönliche Prägung (die entsprechende Anweisung an den Siebdrucker lautete: „Unregelmäßigkeiten lassen“!). Insbesondere die Arbeit in Grafikserien ermöglichte es Palermo, seine Formen offen zu halten und in einem dynamischen Prozess kontinuierlich weiter zu entwickeln. 

 

Palermos intensive Beschäftigung mit der Druckgrafik und sein Faible für dieses Medium gründen in dessen Prozesshaftigkeit und Wandelbarkeit. Zum Beispiel übertrug er mit einem humorvollen Seitenhieb auf die geometrische Dogmatik des De Stijl die Verkleidung eines Spielautomaten in ein Gemälde und nutzte dies als Vorlage für einen Siebdruck (Flipper, 1970). Beim Drucken entschied sich Palermo spontan dafür, die Vorstufe, also den zweifarbigen Zustand, zu integrieren und sie dem dreifarbigen Druck in einem Diptychon gegenüberzustellen. Auf diese Weise gelang es ihm, ein abstraktes Bildpaar mit den Blinklichteffekten einer Spielhölle zu assoziieren.

 

Blinky Palermo bleibt bis heute ein schwer einzuordnender Künstler. Von manchen als Minimalist charakterisiert, aber weder rein abstrakt-konzeptionell noch einfach darstellend arbeitend. In seiner Biografie ist vermerkt, dass er den Konflikt zwischen Klecks und scharfer Kante nie aufzulösen vermochte.

K2M

 

Die Ausstellung "Blinky Palermo. Das grafische Werk" wird bis zum 11. Januar 2015 gezeigt.

Museum Morsbroich
Gustav-Heinemann-Straße 80
51377 Leverkusen
Tel. 0214 / 855560
Öffnungszeiten
DI, MI, FR - SO 11 - 17 Uhr
DO 11 - 21 Uhr (außer feiertags bis 17 Uhr)


 

 

 

 

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