rheinische ART
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rheinische ART 12/2013

ARCHIV 2013

MIT SACHVERSTAND, RESPEKT UND FAIRNESS

Elf Zeichnungen restituiert
 
Die Stadt Köln hat aus dem Museum Ludwig zwei Konvolute von Zeichnungen an die Erben Alfred Flechtheims und Curt Glasers zurückgegeben. Es handelt sich um sechs Zeichnungen von Karl Hofer, Paula Modersohn-Becker, Ernst Barlach, Aristide Maillol und Wilhelm Morgner aus der Sammlung Alfred Flechtheim und fünf Zeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Georges Kars aus der Sammlung Curt Glaser.

 

Ernst BarlachAus einem neuzeitlichen Totentanz,  1916,  Bleistift, Kohle auf Papier, 32,7 x 24,5 cm, Privatsammlung Alfred Flechtheim. 1934 Ankauf Josef Haubrich über Galerie Alex Vömel, Düsseldorf. 1946 Stiftung Haubrich

 

Paula Modersohn-BeckerKinderkopf, um 1905, Kohle auf Büttenpapier, 14 x 14,9 cm, Privatsammlung Alfred Flechtheim. 1934 Ankauf Josef Haubrich über Galerie Alex Vömel, Düsseldorf. 1946 Stiftung Haubrich

 

Erich Heckel, Tanzender Akt, um 1908-10, Kreide auf Papier, 45 x 35 cm, Privatsammlung Curt Glaser, Berlin. 1933 Ankauf Josef Haubrich über Auktionshaus Max Perl, Berlin. 1946 Stiftung Haubrich © Nachlass Erich Heckel

 

Ernst Ludwig KirchnerHirte mit zwei Kälbern, um 1920, Aquarell u. Bleistift auf Karton, 50,2 x 36,5 cm, Privatsammlung Curt Glaser, Berlin. 1933 Ankauf Josef Haubrich über Auktionshaus Max Perl, Berlin. 1946 Stiftung Haubrich

Beide Konvolute verbleiben, so die Stadt Köln in ihrer Mitteilung, nach der Restitution im Museum Ludwig. Die Werke aus der Sammlung Flechtheim werden als Dauerleihgaben im Museum bleiben, die Blätter aus der Glaser-Kollektion wurden zurückerworben. Alle Zeichnungen sind bis Ende April 2014 im Museum Ludwig ausgestellt. Die Stadt Köln ist beiden Erbengemeinschaften dankbar dafür, die Zeichnungen in ihrem ursprünglichen Zusammenhang als Teil der Sammlung Haubrich halten zu können.

     „Die Zeichnungen bleiben Teil der Sammlung Haubrich“, so Philipp Kaiser, Direktor des Museum Ludwig. „Mit der Schenkung seiner Sammlung an die Stadt Köln setzte Josef Haubrich 1946 ein Zeichen: Die von den Nazis diffamierte Kunst wurde öffentlich gezeigt, sie bildete den Kanon. Es freut uns, dass die Erben zweier so bedeutender Kunstsammler und -kenner, die als Juden und Verfechter moderner Kunst vom nationalsozialistischen Deutschland verfolgt wurden, entschieden haben, die Zeichnungen im Kontext der Sammlung Haubrich zu belassen.“
 
Historischer Hintergrund In den Räumen von Flechtheims Düsseldorfer „Galerie Alfred Flechtheim GmbH“ eröffnete Ende März 1933 sein bisheriger Geschäftsführer Alex Vömel eine eigene Galerie. Das NSDAP-Mitglied Vömel übernahm im Zuge dieser „Arisierung“ dabei auch einen Teil der Kunstwerke aus der Privatsammlung Flechtheims (mehr). Dazu gehörten die Zeichnungen, die nun an die Erben restituiert wurden. Der Kölner Rechtsanwalt Josef Haubrich (mehr) erwarb diese 1934 in der Galerie Alex Vömel zu einem angemessenen Preis. 1946 gelangten die Blätter mit der Stiftung Haubrich in das Wallraf-Richartz-Museum und hiernach in das 1976 gegründete Museum Ludwig.

     Die aktuelle Entscheidung zur Restitution folgte unter Berücksichtigung der Empfehlung der Beratenden Kommission unter Vorsitz von Jutta Limbach zum Kokoschka-Gemälde „Bildnis der Tilla Durieux“. Die Stadt restituierte es am 30. April 2013 an die Erben Flechtheims. Laut Kommission, „ist mangels konkreter gegenteiliger Beweise davon auszugehen, dass Alfred Flechtheim aufgrund seiner Verfolgungssituation dazu gezwungen war, das streitbefangene Gemälde aufzugeben“. Die Zeichnungen wurden wie das Durieux-Gemälde 1934 von Vömel gekauft. Die Stadt Köln erkennt, wie sie betont, den verfolgungsbedingten Verlust an und restituiert nun auch die sechs Zeichnungen.

 

Der Kunstexperte und -sammler Prof. Dr. Curt Glaser  Der prominente Kunsthistoriker und -kritiker, Mediziner und bekannte Kunstsammler war seit 1909 in Berliner Museen tätig, bis er 1924 das Amt des Direktors der Staatlichen Kunstbibliothek Berlin übernahm. Zuvor hatte er sich große Verdienste während seiner Tätigkeit im Berliner Kupferstichkabinett erworben. Mit Machtantritt der Nationalsozialisten wurde er aufgrund seiner jüdischen Abstammung zum Verfolgten. Bevor im September 1933 seine Zwangspensionierung erfolgte, war er als unerwünschter Museumsdirektor beurlaubt worden. Curt Glaser emigrierte im Juni 1933 mit seiner zweiten Ehefrau, ebenfalls Jüdin, über Zwischenstationen in die USA, wo er 1943 in Lake Placid, New York, starb.

     Vor der Emigration hatte er in zwei Auktionen große Teile seiner umfassenden Kunst- und Graphiksammlung, seiner Wohnungseinrichtung sowie seiner Kunstbibliothek bei den Auktionshäusern Internationales Kunst- und Auktionshaus GmbH (09.05.1933) und Max Perl (18./19.05.1933) versteigern lassen müssen – auf letzterer Auktion auch die fünf Papierarbeiten von Kirchner, Heckel und Kars, die Josef Haubrich dort erwarb. Mit Haubrichs Stiftung 1946 gelangten die Zeichnungen in die Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums und befinden sich seit 1976 im Museum Ludwig. 
cpw

 

 

© Fotos (4) Rheinisches Bildarchiv, Köln/Sabrina Walz


 

 

 

 

 

 

 

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