rheinische ART
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rheinische ART 03/2013

 

ARCHIV 2013
Hildegard Monssen (Fotografie) und Anja Maria Strauß (naturalArt)

 

Pusteblumen

 

Zum Sehen laden die beiden in Neuss lebenden Künstlerinnen Hildegard Monssen und Anja Maria Strauß mit ihren Werken ein. Bei der Ausstellung „So gesehen“ in der Versandhalle der Stadt Grevenbroich stellen sie zum ersten Mal gemeinsam aus. Für den Betrachter ist es spannend, Gleichklang und Unterschiede in beiden Werken zu entdecken.

 

Anja Maria Strauß, Pusteblumensamen 04, in der Ausstellung So gesehen …

Was sofort auffällt: Beide Künstlerinnen haben sich der Pusteblume gewidmet – auf eine sehr verschiedene Art. Auf der einen Seite plastische Gebilde aus echten Pusteblumen von Anja Maria Strauß und fotografierte von Hildegard Monssen. Beide Künstlerinnen stehen für jede Menge Flower Power. Ihre Arbeiten haben aber nichts mit lieben, unverfänglichen Blumenbildern zu tun. Die Künstlerinnen präsentieren einen “Strauß” aussagestarker wie einzigartiger Exponate, die unser Sehen zu einer neuen Blüte führen können, die unsere Fantasie inspirieren und uns die Natur neu erleben lassen.
    Beide Künstlerinnen interessiert die Struktur der Pusteblume, das filigrane Netz aus weißem Flaum und eigentlicher Samenkapsel. NaturalArt nennt Anja Maria Strauß ihre Kunst. Sie entnimmt der Natur draußen bestimmte Elemente und bringt sie im Atelier in einen neuen, künstlerischen Zusammenhang. Es geht ihr nicht vordergründig um die Darstellung von Natur, sondern um Strukturen, Formen, um Zusammenhänge von Pflanzen. So kombiniert sie die Natur-Elemente, die mitunter sehr klein sein können, mit dünnen Drähten, Maschendraht und Betonplatten. „So gesehen“ ist eine künstlerische Umsetzung des Gesehenen, des Neu-Entdeckens, des Staunens.
    In ihrem Atelier in Düsseldorf kann sie aus einer Vielfalt getrockneter pflanzlicher Materialien auswählen. Dabei geht es ihr nie um die Bedeutung der jeweiligen Pflanze, sondern um die Form, den ästhetischen Reiz dieser kleinen plastischen Gebilde der Natur. Wie etwa die Robinienstachel. Strauß hat sie auf eine Reihe langer Drähte aufgesteckt und an der Wand befestigt. Der Titel „Wasserfall“ ist absolut schlüssig.
    In ihren Werken verlieren die Relikte aus der Natur ihren ursprünglichen Zweck, sie erhalten innerhalb eines neuen Zusammenhangs eine Bedeutung, die sich allein aus der Form erschließt. Doch das sinnliche und ästhetische Erleben ihrer Kunst ergibt sich erst aus dem ungewohnten Verbinden verschiedener Materialien zu einem neuen Ganzen. Die gleiche Radikalität, mit der das alte Material von seinem Ursprung gelöst wird, sorgt dafür, dass ein ganz eigenes Bildempfinden entstehen kann.
 

Hildegard Monssen (Fotografie) Full color works 1 in der Ausstellung So gesehen ...

    Hildegard Monssen benutzt die Fotografie ebenfalls nicht zur Dokumentation von Blättern, Blüten und Schalen, sondern visualisiert ihr eigenes Empfinden. „Ich suche nicht, ich finde“, dieser Picasso-Ausspruch passt zu ihrem Werk. Sie selber sagt: „Ich inszeniere nicht, ich finde.“ Wobei ihr Finden keine reine Angelegenheit des schnellen Moments ist, sondern ein langes Warten bedeuten kann. Etwa bis die Sonne das richtige Licht auf eine Fläche wirft, der Schatten stimmt.
    Die Rostbilder, die die Farbigkeit der Robinienstachel aufnehmen, verweisen darauf, dass Hildegard Monssen nicht nur Pflanzen als Motive wählt. Die gelagerten Rohre sind ganz konkret, die Bilder davon erscheinen vollkommen abstrakt. Schönheit in der Vergänglichkeit ist ein Thema, das in Monssens Fotokunst immer wieder variiert wird. Gertrud Peters von KIT Kunst im Tunnel, Düsseldorf beschreibt Hildegard Monssen als „eine wandernde Sammlerin“. Auf ihren Streifzügen lasse sie sich „sehend ein auf die Dinge, die ihr Interesse wecken.“
    Ihre Bilder, die daraus entstehen, versteht Hildegard Monssen als Sehangebote. Die Verfremdung durch den Ausschnitt oder die Annäherung machen den Blick frei, losgelöst vom eigentlichen Objekt, neue Bildwelten zu entdecken. Der Betrachter soll die Bilder empfinden, nicht rätseln, was es ursprünglich war. Ganz alltägliche Situationen eröffnen plötzliche Aha-Erlebnisse. Die zarte Außenhaut einer Knoblauchknolle wird zum Ballettkostüm, die Schale einer roten Zwiebel zum von Innen leuchtenden Kunstobjekt. Obwohl der Betrachter den Ursprung des Dargestellten in diesen Bildern leicht erkennen kann, folgt er gerne der wunderbaren Verwandlung des Banalen ins ästhetisch Ansprechende. Bei aller Kunstsinnigkeit ihrer Arbeiten arbeitet Monssen nicht im Studio, sondern mit dem vorhandenen Tageslicht.
    Trotz der Verwurzelung der Motive im Alltäglichen gelingen ihr immer wieder neu Ausflüge in eine verführerische, geheimnisvolle Imagination. Das gilt besonders für die neueren Bilder. Die Fotoserie Paysage Floral setzt sorgfältig gezeigte Ausschnitte von Mohnblättern in einen Farbenrausch um - wahre Wüstenlandschaften, Lavaströme oder Farbmassen. Diese Fotografie ist digital und magisch zugleich. In dieser Lichtmalerei ist die Sonne eingefangen.

   Anscheinend haben wir verlernt, noch richtig staunen zu können. Es ist aber nicht bloß die Farbe, die den Betrachter streift und ihn aufweckt. Gerade in den weißen Bildern kommt die magische Transformation des Alltäglichen besonders deutlich zum Tragen. Das weiße Blatt einer Tulpe, eines Alpenveilchens wird zum Seidengewand, in der Doppelbelichtung erkennt der Betrachter ein Brautkleid – und staunt.
Thomas Nebel

 

Die Ausstellung “So gesehen ... " mit Hildegard Monssen und Anja Maria Strauß ist bis zum 24.03.2013 zu sehen.
Versandhalle Grevenbroich
Stadtparkinsel
41515 Grevenbroich
Öffnungszeiten
DO 17 – 20 Uhr
Sa + SO 13 – 16 Uhr

oder nach Vereinbarung

Tel. 0171 / 415 6985 oder 0173 / 73 04 602

 

 

© Foto Anja Maria Strauß (1), Hildegard Monssen (1)

 

 

 

 

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